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Die Kompetenzen und die Einheitsschule

Die neuen Bildungspläne werden verbindliche, gemeinsame Bildungsstandards für alle Schularten enthalten. Die Bildungsstandards legen fest, über welche Kompetenzen ein Schüler bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verfügen muss.

Quelle: http://www.kultusportal-bw.de/servlet/PB/menu/1380121/index.html

Nun ist die Katze aus dem Sack. Was viele schon lange ersehnen und andere befürchten, wird nun von der grün-roten Bildungsmaschinerie auf den Weg gebracht. Es soll künftig nur noch einen Einheitsbildungsplan geben. Er legt fest, was „ein Schüler“ (auch Mädchen dürfen sich gemeint fühlen) am Ende einer Klassenstufe an Kompetenzen haben „muss“. Dabei ist es unerheblich, in welche Schule das Kind geht.

Die neuen Pläne werden ab 2013 an allen (!) Gemeinschaftsschulen erprobt, dazu noch an je zwei Schulen der restlichen Schularten. Die Gymnasien werden also ab 2015 nach dem Bildungsplan der Gemeinschaftsschulen unterrichten dürfen.

Ich frage mich, ob dann überhaupt noch verschiedene Schularten nötig sind. Der Hinweis darauf, dass der Bildungsplan verschiedene Niveaustufen ausweisen werde, verfängt nicht. Diese Stufen haben schon beim gymnasialen Bildungsplan 2004 nur ein Schattendasein geführt. Es ist nicht mehr zu leugnen: Der Einheitsbildungsplan öffnet den Weg in Richtung Einheitsschule. Gymnasium, dein Ende naht! Du wirst vielleicht noch so heißen, aber es nicht mehr sein.

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Abzug oder Nachtermin

Die Regeln des baden-württembergischen Abiturs sind streng. Wenn der Verdacht auf vorherige Verbreitung von Aufgaben besteht, werden diese storniert und durch andere, bereits bereitliegende ersetzt. So geschehen in diesem Jahr in den Fächern Geschichte und Gemeinschaftskunde. Heute (am 7.5.10) steht in der Zeitung, dass es in einem privaten Stuttgarter Gymnasium zu einer unerlaubten Unterstützung beim Abitur in Mathematik gekommen sei. Die Schülerinnen haben einen Hinweis bekommen, der als Vorteil gegenüber den übrigen Abiturienten im Land gedeutet werden konnte. Vor die Alternative gestellt: Wollt ihr noch einmal schreiben oder lieber drei Punkte Abzug?, haben sie sich fürs Nachschreiben entschieden. Das ist nachzuvollziehen.

Für die Schule ist die Geschichte peinlich. Sie hätte das anders lösen können. Denn es gibt die Möglichkeit, beim Korrigieren in Rechnung zu stellen, dass (zum Beispiel) ein Aufgabenteil nicht gelöst werden konnte, weil man sich (mit Wissen der Schulleitung) als Fachschaft geeinigt hatte, auf diesen Lehrinhalt zugunsten eines anderen zu verzichten. Dies hätte man den Zweit- und Drittkorrektoren schriftlich mitteilen können und die hätten das wahrscheinlich akzeptiert. Derlei ist in der Vergangenheit immer wieder geschehen.

Das Problem liegt tiefer und berührt die Grundidee des neuen Bildungsplans von 2004. Der verlangt die Vermittlung von Kompetenzen, also von Fertigkeiten, und ordnet die Inhalte dieser Zielsetzung unter. Wenn es das Ziel ist, dass die Schüler durch den Unterricht in die Lage versetzt werden sollen, dieses oder jenes zu können, ist es zweitrangig, an welchem Inhalt sie diese Kompetenz einüben. Aufs Fach Deutsch bezogen hieße das etwa: Die Abiturienten sollen moderne Gedichte interpretieren können. Ob sie das an Eich oder Huchel oder Domin üben, wäre Sache der Lehrer. Oder: Der Unterricht soll die Schüler dazu befähigen, die Grundideen der Aufklärung darzulegen. Das können sie an Kant oder Voltaire, an Lessing oder Wieland einüben. Im Fach Mathematik gibt es sicher ähnliche Beispiele.

Wie man das Zentralabitur vor diesem Hintergrund künftig gestalten muss, bedarf einer gründlichen Diskussion. Die seit Jahrzehnten im Lande so beliebten „Sternchenthemen“ und ihre inhaltlichen Vorgaben sind nicht mehr zeitgemäß.

(Blog-Eintrag Nr. 179)