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G8 oder G9

Eigentlich hatte man gedacht, die Sache sei endlich ausgestanden. Aber über die Länge der gymnasialen Schulzeit in Baden-Württemberg wird weiter gestritten. Die Landesregierung beharrt auf den acht Jahren, andere (Eltern vor allem) wollen zurück zum neunjährigen Bildungsgang, wieder andere – zum Beispiel der Philologenverband – wollen beides. Als Argument bringt er vor: Nur so sei das Niveau des hiesigen Abiturs gewährleistet.

Nun ist das mit dem Abitur so eine Sache. Die Ergebnisse sind in den letzten Jahren unaufhörlich besser geworden. Inzwischen wird ein Landesdurchschnitt von fast 2,3 erzielt. Das bedeutet „gut minus“. Was will man mehr? Diese Zahl ist allerdings an das neunjährige Gymnasium gekoppelt. Erst 2012 bekommen wir solide Vergleichszahlen für das Abitur nach neun und das mit acht Jahren. Werden sie deutlich differieren oder sich – was zu erwarten ist – kaum unterscheiden? Beide Gruppen schreiben 2012 das Abitur unter den gleichen Bedingungen. Wenn sich der Unterschied von einem Jahr merklich auswirken sollte, müsste man in der Tat neu nachdenken, wenn nicht, warum dann zurück zu G9?

Aber es geht meines Erachtens gar nicht um die Niveaufrage. Wer sich gegen G8 ausspricht, verweist auf die große zeitliche Belastung der Kinder und Jugendlichen und auf den Mangel an Zeit für den Sportverein und die Musikschule. Auch das Jobben nebenher sei nicht mehr so einfach klagen Schüler: wegen der vielen Hausaufgaben und dem ständigen Lernen.

Häckerling ist gegen ein Nebeneinander von G8 und G9. Wann soll das entschieden werden? In der 4., 6., 8. oder 10. Klasse? Von wem? Und nach welchen Gesichtspunkten? Wann soll das zusätzliche Jahr stattfinden? In der Unter- oder der Mittelstufe? Innerhalb der gleichen Schule zwei gymnasiale Gänge zu organisieren wäre viel zu aufwändig, die Schule deshalb wechseln zu müssen ein Unding.

Es wäre deshalb wesentlich einfacher, den Schulen beizustehen, bei denen es knirscht. Sie haben sich vermutlich noch nicht gut auf den achtjährigen Gang eingestellt. Auch ließe sich die Zusammenarbeit zwischen Schulen, Vereinen und Musikschulen noch verbessern.

(Blog-Eintrag Nr. 196)

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Schule so oder anders

Auch wenn es angesichts üppiger Übergangszahlen als weltfremd vorkommen mag – die Gymnasien werden bald wieder um Schüler kämpfen müssen. Die Zahl der Kinder geht deutlich zurück und daher werden die aus den 1980er Jahren sattsam bekannten Verteilungskämpfe wieder an Wucht zunehmen. Damals waren Schulschließungen nicht im Blick, man hatte genug Geld, auch geschrumpfte Anstalten durchzufüttern. Das kann in einigen Jahren anders werden, denn an der Armut der Kommunen dürfte sich bis auf Weiteres wenig ändern. Im Augenblick steht die Schließung von Hauptschulen an. Sie wird begründet mit der deutlich sinkenden Zahl der Schüler. Nach den Hauptschulen wird man über die Schließung von Grundschulen nachdenken und dann sind die Gymnasien dran.

Welches der vier Gymnasien in Sindelfingen könnte „auf den Prüfstand“ kommen? Das Gymnasium in den Pfarrwiesen mit der traditionell niedrigsten Schülerzahl? Eher nicht. Denn man wird dem Sindelfinger Norden nach der Realschule Eschenried, die in die Innenstadt verlegt wird, nicht auch noch das Gymnasium wegnehmen können. Also wird der Blick auf das Goldberg-Gymnasium (GGS) fallen, das Böblingen und Sindelfingen gemeinsam betreiben.

Das GGS versteht sich als erfolgreiche, gute Schule. In den vergangenen Jahren glaubten das auch die Eltern und meldeten ihre Kinder zuhauf an. Das hat sich inzwischen geändert. Die Anmeldungszahlen sind in den letzten beiden Jahren signifikant zurückgegangen, vor allem im Vergleich zum Gymnasium Unterrieden oder dem Stiftsgymnasium. Offenbar ahnen die Eltern in diesem ältesten Gymnasium der Region allerlei Defizite.

Wenn der Goldberg überleben will, muss er sich sehr anstrengen. Man müsste die Schule gründlich unter die Lupe nehmen – zu evaluieren. Herauszufinden wäre, wo die Schwächen liegen. Ist der Unterricht zu frontal und lehrerlastig und zu wenig schülerbezogen, zu wenig differenziert oder nicht genügend effizient? Hat man die schwächeren und die leistungsstarken Schüler zu wenig im Blick? Ist das Angebot (das Profil) von gestern, das Haus marode, die Betreuung der Kinder zu dürftig? Strahlen die Lehrer und die Leitung zu wenig Begeisterung aus? Hat man sich im Jetzt zu sehr eingerichtet und den Blick nicht entschieden genug auf die Zukunft gerichtet?

Warum im Blog Häckerling diese Fragen gestellt werden? Weil dessen Schreiber das Goldberg-Gymnasium 16 Jahre geleitet hat und ihm daher die Zukunft dieser Schule nicht gleichgültig ist.

(Blog-Eintrag Nr. 178)

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Überraschend – Berliner Zugangsbeschränkungen

Eigentlich hätte man gedacht, dass die rot-rote Regierung in Berlin solche kapitalistischen Überbleibsel wie das Gymnasium flugs abschaffen würde. Das haben sie sicher auch vor, aber nicht per ordre de mufti, sondern portionsweise. Und wie macht man das? Man erhöht die Hürden.

Allerdings ist man sich offenbar noch nicht einig, wie die Hürden beschaffen sein sollen. „Zur Debatte stehen neben einer verbindlichen Grundschulempfehlung, ein strenger Numerus Clausus, eine Aufnahmeprüfung am Gymnasium und – als zusätzliche Chance – der Probeunterricht.“ So steht es in einem Bericht von ZEIT-Online. Auch das Losen wird erwogen.

Die verbindliche Grundschulempfehlung, die es zum Beispiel in Baden-Württemberg gibt, attackieren manche in der Hauptstadt mit der Begründung, die Noten der Grundschule seien nicht objektiv. Das haben Noten leider so an sich. Aber man könnte daran arbeiten, ihre Treffsicherheit zu steigern.

Mit einem strengen Numerus Clausus, der zweiten Idee, böte sich den Berlinern die Chance der Steuerung im Sinne des Abbaus. Denn offenbar halten es nicht nur die dortigen Grünen „für vertretbar, wenn aufgrund schärferer Zugangskriterien einige Gymnasien nicht mehr genug Schüler hätten und schließen müssten.“ So würde aus einem NC eine PC, eine Porta Clausa. Türe zu und Schluss mit dem Gymnasium!

Die Aufnahmeprüfung für die weiterführenden Schulen ist als Instrument bekanntlich sehr problematisch, weil sie die Kleinen in eine harte Auslesesituation zwingt, der sie selten gewachsen sind. Das Ergebnis der Prüfung bildet selten die wahre Leistungsfähigkeit ab. Im Übrigen könnten Eltern mit genügend Bargeld ihr Kind durch Profis trimmen lassen. Und das im roten Berlin?

Der Probeunterricht ist eine neue Idee. Es wird mit den Kindern ein paar Tage Gymnasium simuliert. Und dann soll sich zeigen, ob sie für den Weg zum Abitur zeigen. Etwas Unpädagogischeres als dies kann man sich kaum ausdenken. Das wird nur noch von der Idee übertroffen, das Los entscheiden zu lassen, wer an welches Gymnasium kommen soll.
Tröstlich ist der folgende Satz in genanntem Bericht: „Die Linke fürchtet, dass höhere Hürden vorm Gymnasium dem Ziel einer stärkeren sozialen Mischung entgegenstehen.“ Ein Rest von Vernunft scheint sich also doch erhalten zu haben.
(Blog-Eintrag Nr. 108)