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Das Kultusministerium und die Grammatik

„Nach dem Wegfall der Verbindlichkeit bei der Grundschulempfehlung bewegt sich die Entwicklung weitgehend im erwarteten Rahmen. Wir werden die Ressourcen entsprechend des Bedarfs einsetzen“, sagte Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer. Eine gute Unterrichtsversorgung werde gewährleistet.

Die Ministerin hat gesprochen oder sie hat ihr Haus sprechen lassen. Den ersten Satz dieser dem Kultusportal zu entnehmenden Verlautbarung darf man als politisch clever bezeichnen: Eine Entwicklung – die Anmeldung für die Klassen 5 der Gymnasien, Realschulen und Werkrealschulen – hat sich weitgehend (aber nicht ganz, darf ich bemerken) „im erwarteten Rahmen“ bewegt. Damit steht das Ministerium als weitblickend da: Wir haben („weitgehend“) vorausgesehen, wie es gekommen ist.

Der dritte Satz hat etwas Juristisches: Mit dem Partizip „gewährleistet wäre ich eher vorsichtig. Wie wäre es mit dem Verb „angestrebt“?

Der zweite Satz handelt nach dem Grundsatz, dass der Genitiv den Dativ erschlägt. Seit wann regiert die Präposition „entsprechend“ den Genitiv? Offenbar darf, wer regiert, auch über die Grammatik bestimmen. Der Verfasser dieser Zeilen empfiehlt dem Ministerium die Anschaffung des neunten Bandes der Duden-Reihe oder eines vergleichbaren Werks. Oder sollte man eher einen zusätzlichen Korrekturleser einstellen?

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Die Gemeinschaftsschule und die Kosten

Manchmal verrät eine Formulierung mehr, als ihre Verfasser mit ihr ausdrücken wollen. Im Entwurf für die Ergänzung des Schulgesetzes Baden-Württemberg steht ein Satz, dessen Auslegung einige Mühe bereitet. Es geht um den zusätzlichen Aufwand für die Gemeinschaftsschule. Ich lese:

Der Ressourcenbedarf wird daher zunächst in einem überschaubaren Rahmen liegen, der jedoch – abhängig von der Anzahl der Gemeinschaftsschulen – in den Folgejahren ansteigen wird. (Quelle: http://www.kultusportal-bw.de/servlet/PB/show/1355564/Anhrungsfassung_Gesetzentwurf%20der%20Landesregierung%20zur%20Gemeinschaftsschule.pdf)

Das Subjekt („Ressourcenbedarf“) ist mit einem futurischen Prädikat gekoppelt („wird liegen“), in das eine adverbiale Bereichsangabe eingebettet ist: „in einem überschaubaren Rahmen.“ Mit „daher“ wird ein kausaler Rückbezug angezeigt, der hier vernachlässigt werden kann. Interessant ist die adverbiale Bestimmung der Zeit im Hauptsatz: „zunächst“. Ihr muss ein „später“ korrespondieren. Das können wir dem Relativsatz entnehmen, der sich als Gegensatz gibt („jedoch“) und sich eindeutig auf den „überschaubaren Rahmen“ bezieht. Der wird (Zukunftsform) „in den Folgejahren“ (Zeitangabe) „ansteigen“. Ein überschaubarer Rahmen, der ansteigt, wird seine Überschaubarkeit verlieren, meine ich. Und was bedeutet das für die Kosten der GMS? Werden sie unüberschaubar?

Nun habe ich allerdings den Verdacht, dass der Relativsatz sich auf „Ressourcenbedarf“ beziehen soll. Aber ist dieser sprachlich-handwerkliche Fehler nicht symptomatisch für das Projekt GMS?

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Das Kultusministerium und seine Probleme

Die beiden großen Zeitungen Stuttgarts haben sich die Chance nicht entgehen lassen, über den Zoff im Hause Warminski-Leithäußer zu schreiben. Anlass ist ein vorweihnachtliches Schreiben des Spitzenbeamten Hahl an seine Mitarbeiter, in dem vom mangelnden Vertrauen der politischen Führung in die Beamten des Hauses die Rede ist. Die werden vermutlich mit der alten Regierung identifiziert. Offenbar meint die SPD-Ministerin, ihnen nicht trauen zu können. Das ist sehr schade, denn es schadet der Schulpolitik.

Der Verfasser dieser Sätze hat das System der Schulverwaltung gründlich kennen gelernt. Er kennt dessen Stärken und Schwächen und weiß, dass die dort Arbeitenden (auch) unter den Kapriolen der (CDU-)Minister gelitten haben. Trotzdem war man loyal und hat nur intern kritisiert – und man hat versucht, aus den Vorgaben „von oben“ das Beste zu machen. Das war zwar nicht immer das Beste, aber das konnte es bei dieser Konstellation auch nicht werden. Die Politik lebt von den eleganten visionären Ankündigungen, der Beamtenapparat muss sich mit den sperrigen konkreten Einzelheiten herumschlagen.

Von außen macht die neue politische Führung des Kultusministeriums auf den Blog-Schreiber einen eher ratlosen Eindruck. Sei es Herr Mentrup bei der Podiumsdiskussion eines Sindelfinger Gymnasiums im letzten Sommer, sei es letzten Herbst die Ministerin Warminski-Leithäußer bei einem Auftritt in einem anderen Gymnasium der Stadt oder sei es Frau Ruep gegen Ende des Jahres 2011 vor Vertretern der Lehrerausbildung – ständig kam der Satz: Wir können noch nichts Genaues sagen, wir sind noch intern am Nachdenken und Diskutieren. Habt Geduld mit uns.

So bleiben fürs Erste nur die großen Ankündigungen: die Gemeinschaftsschule als Hort der individuellen Förderung, die partielle Rückkehr zu G9, die Abschaffung der Grundschulempfehlung, der Versetzungsordnung und der Notenhürden bei der Werkrealschule, der Ausbau des Ethik- und Islamunterrichts …

Und wie soll das alles genau aussehen? Das kriegen wir später. Die Beamten des KM werden die Details hoffentlich bald liefern können.