Eine Gymnasiastin hat sich auf Twitter beklagt, dass sie zwar Gedichte interpretieren könne – in vier Sprachen sogar (Glückwunsch!) –, aber keine Ahnung von den Finanzen habe, nichts von Steuern wisse und auch sonst im Praktischen ziemlich unbedarft sei. Da regt sich in einem alten Lehrer Mitleid und Ärger. Die Ahnungslosigkeit mancher Schülerinnen und Schüler beim Ausfüllen von Formularen und anderen Alltäglichkeiten hat eine lange Tradition. Sie ist eine Folge der Schonung, die man ihnen von allen Seiten angedeihen lässt, daran, dass Ihnen vieles von dem abgenommen wird, was sie lernen würden, wenn sie es denn tun müssten.
Um es klar auszudrücken: Die Vermittlung alltagspraktischer Fähigkeiten ist, meiner Überzeugung nach, nicht die Aufgabe der Schule. Von Gymnasiasten, die sich selbst beigebracht haben, komplizierte technische Geräte zu bedienen, die modische Sonderangebote wahrzunehmen verstehen, die sich in verschiedenen Sprachen ein alkoholisches Getränk bestellen und sogar ohne fremde Hilfe twittern können, von denen kann, ja muss man verlangen, dass sie sich die im realen Leben benötigten Fertigkeiten selbst aneignen.
Die Aufgabe besteht schlicht darin, diesen oft so begabten jungen Menschen mehr abzuverlangen. Wenn ihnen die Lehrer den Kauf der Lektüre für den Unterricht abnehmen, wenn die Mütter für sie die Schreibwaren besorgen, wenn die Väter ihnen nichts über die Krankenkasse sagen, wenn sie kein Essen vorbereiten, kein Geschirr abspülen, keinen Automaten bedienen, kein Konto führen müssen (usw.), dann darf man sich über ihr praktisches Unvermögen nicht wundern.