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Europostmoderne

Ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst des Nationalismus. Es erschreckt die europäisch Gesinnten, es zerstört das in Jahrzehnten gewachsene Europa, es gaukelt etwas Neues vor und verkörpert doch nur jenen alten, engstirnigen Patriotismus, der uns Hass, Abgrenzung, Kriege und wirtschaftlichen Niedergang gebracht hat. Wie ist es dazu gekommen? Vielleicht liegt es ja zum Teil an der Brüsseler Bürokratie, die mit ihrer Regelungswut die Bürger wütend machte. Vielleicht liegt es auch Konstruktionsfehlern der Europäischen Union, dem Fehlen klarer Zuständigkeiten und Entscheidungsmechanismen. Es ist ja schon merkwürdig, dass unser Verfassungsgericht erst den Europäischen Gerichtshof fragen muss, ob die EZB etwas darf oder nicht darf. Vielleicht liegt es an den politisch Verantwortlichen, denen es in guten Zeiten nicht an Pathos gemangelt hat, die aber Probleme nur stockend kommunizieren können. Manche meinen, Europa funktioniere nur bei gutem Wetter. Wenn Stürme aufkommen wie die Bankenkrise von 2008 und die Wirtschaftskrisen in Südeuropa oder Frankreich, wenn die Arbeitslosigkeit vor allem von jungen Leuten nicht ab- und die Migration weiter zunimmt, wenn die Armen arm bleiben und die Reichen immer reicher werden, dann werden viele Menschen kritisch und geben Europa die Schuld. Diesem Europa gebricht es in der Tat an Überzeugungskraft. Es fehlt am Willen, den abendländischen Werten (Christentum, Humanismus) gemäß zu handeln. Es fehlt die Entschlossenheit, strukturelle Probleme zu lösen. Vielleicht müssen noch mehr Exits folgen. Wer von der europäischen Idee nicht überzeugt ist, soll gehen. Nur so lässt sich der Rückfall in die Kleinstaaterei verhindern.