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Kirchenlichter

Die evangelische württembergische Landeskirche will ihr Licht nicht auf den Scheffel stellen, obwohl sie das mit biblischem Segen tun könnte. Die rote Laterne ist ihr offenbar lieber. Die teilt sie sich mit Sachsen in der Frage des Umgangs mit gleichgeschlechtlichen Paaren. Mit denen will sie nämlich keinen Umgang pflegen. Deren Ansinnen, Pfarrer möchten doch ihren Bund segnen, löst bei der Kirchenleitung heftigen Abscheu aus. Als der Böblinger Dekan einem solchen Wunsch entsprach und ein Paar segnete, muss das den Kirchenoberen zu Ohren gekommen sein. Menschen, die ihnen solche Nachrichten zukommen lassen, gibt es offenbar zu Hauf. Die Folge: Der Dekan wird nach Stuttgart zum Oberkirchenrat zitiert, muss seine Schuld bekennen, Abbitte tun und geloben, derlei Sünden hinfort nicht mehr zu begehen. Eine Meisterleistung der Kirchenleitung. Sie hat sich mutig gegen das ganze Homo-Unwesen gewandt und die reine Lehre beschützt. Die nimmt sie aus der Heiligen Schrift. Dort, Gott sei’ geklagt, wird tatsächlich alles Homosexuelle heftig gegeißelt. Die Männer von Sodom könnten ein Lied davon singen, wenn sie noch unter den Lebenden wären. Auch Onan wird bekanntlich für seine böse Tat mit dem Tode bestraft. Auf die Idee, die Zeitbedingtheit dieses lieblosen Umgangs mit „anderen“ Menschen anzuerkennen, ist man in dieser Landeskirche noch nicht gekommen. Es wird Zeit, dass sie das christliche Mittelalter hinter sich lässt.

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Rotlicht

Wer erkältet ist, sich also nicht recht wohl fühlt, wer keine Luft mehr bekommt, weil die Atemwege verstopft sind, sollte sich vor das Rotlicht setzen. Vielleicht geht es ihm dann bald besser. Das rote Licht kann Wunder wirken. Ob es das in Berlin auch tut? Ob eine rot-rot-grüne Koalition der Stadt hilft, mit jenen Problemen fertig zu werden, die sie schon immer hat, das weiß keiner. Denn es könnte auch sein, dass diese Art von Rotlichtmilieu den Berliner Sumpf verbreitert oder gar vertieft. Interessant ist für den Betrachter aus der Ferne, wie ein politisches Paradoxon Gestalt annimmt. Jene, die den Rechtsalternativen ihre Stimme geben, erreichen just das Gegenteil von dem, was sie wollen: es soll ein Ende mit dem „Zustrom“ von Fremden haben, es soll eine neue deutsche Zeit anfangen. Man soll endlich wieder heimatlich tümeln dürfen, die Messdiener sollen keine doppelte Staatsangehörigkeit haben, die Rechtschreibung wieder in den Stand von 1906 gesetzt werden, Dativ und Genitiv endlich wieder aufleben, die kanakische Sprache verschwinden. Kurzum: Eine bessere, weil am Früheren sich orientierende Zeit soll kommen. Aber was kommt stattdessen? Was erreichen die Aefde-Wähler: rot-rot-grün, also eine Koalition mit einer Politik, die dem rechtskonservativen Lager so was von gegen den Strich geht. Ja, die Politik hat schon ihren eigenen satirischen Reiz.

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Schmuddelkinder

Einst sang Franz Josef Degenhardt das Lied von den Schmuddelkindern. Man solle nicht mit ihnen spielen und nicht ihre Lieder singen. Das war natürlich ironisch gemeint. Und wie sollen wir es heute halten? Nachdem die Rechtsalternativen nun im Kleinstaat Mecklenburg-Vorpommern auf den zweiten Platz gekommen sind, stellt sich den politischen Parteien die Frage noch intensiver. Soll man diese Schmuddelkindpartei rechts liegen lassen oder sie ernst nehmen? Soll man ihren Fremdenhass und ihre Islamophobie geißeln oder beides ins eigene Programm übernehmen? Soll man über ihre „alternative“ Deutschtümelei lachen oder sich als die „wahren Deutschen“ präsentieren? Die Afdler seien die Partei der Zukurzgekommenen, heißt es, sie seien die Anti-Merkel-Partei, sie würden die Sorgen der Menschen zur Sprache bringen. Ist der Soli, mit dem man die Länder im Osten seit Jahrzehnten schmiert, wirklich zu dürftig? Wie viel Geld brauchen sie dort eigentlich noch, um endlich ihre Wirtschaft in Gang zu bringen? Wenn wollen sie statt Merkel – das Quartett Gauland-Gauweiler-Petry-Meuthen? Soll man ihnen eine neue, eine bessere („alternative“) Welt ohne Probleme malen, damit sie an ihren (zugegeben schönen) Seen ungestört baden können? Ach ja, man soll dort Urlaub machen. Was für eine grausliche Vorstellung. In einem Stätelein mit 25 % Rechtsgerichteten würde mir der Appetit schon beim Frühstück vergehen. Auch Touristen sind bekanntlich Fremde. Wie unlogisch, wenn sie die haben wollen.