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Weihnachtsglosse

Als Kind lief Heiligabend bei uns immer gleich ab. Das ist der erste Satz eines Artikels auf ZEIT-Online, in dem drei AfD-Wähler – hier handelt es sich um Rebecca aus Neubrandenburg – zu ihrem Glauben gefragt werden. Der Satz ist grammatisch missglückt („Kind“ bezieht sich wegen „als“ auf „Heiligabend“; gemeint ist mit dem Satz: Als ich ein Kind war, lief Heiligabend …), aber korrektes Deutsch kann man, wie ich ständig höre, heutzutage nicht mehr verlangen. Vielleicht ist die „Alternative für Deutschland“ auch auf dem Weg zu einem alternativen Deutsch. Aber es geht in dem Artikel nicht um die Sprache, sondern um den Glauben. Haben die AfD-Wähler einen? Das Fazit: Ja, einen irgendwie gearteten. Von Rebecca wird auch noch dieser Satz zitiert: Weihnachten hat was mit Tradition zu tun und ich befürchte, dass diese zurzeit in Gefahr ist, zu zerbrechen. Ich habe irgendwo bei Facebook gelesen, dass jetzt mehrere Weihnachtsmärkte aufgrund anderer Religionen in Wintermärkte umbenannt werden sollen. Hier greift Rebecca so sehr daneben, dass sich sogar die Redaktion bemüßigt fühlte, die Behauptung zu dementieren. Die Sache mit dem Umtaufen der Weihnachtsmärkte ist ein „alternatives Faktum“, ein erfundenes also. Aber immerhin, die Dame weiß, dass Weihnachten etwas mit Tradition zu tun hat. Und dass diese Tradition zu zerbrechen drohe, und zwar wegen der anderen Religionen. Sie macht sich deswegen Sorgen. Ist ihre Sorge bei ihr in guten Händen? Hat sie überhaupt Recht?

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Weihnachtsfeier

Eine kleine Notiz in der heutigen Zeitung macht nachdenklich. Es wird eine Meldung des evangelischen Pressedienstes zitiert: Am renommierten Gymnasium Johanneum in Lüneburg findet in diesem Jahr die Weihnachtsfeier nicht verpflichtend während der Unterrichtszeit statt, sondern erst am Nachmittag. Die Teilnahme ist freiwillig. Warum? Eine muslimische Schülerin hat sich letztes Jahr beschwert, dass die christlichen Weihnachtslieder nicht mit ihrem Glauben vereinbar seien. Da hat sie natürlich recht; es gibt Unterschiede zwischen Christentum und Islam. Aber muss man daraus die Konsequenz ziehen, die Veranstaltung aus dem normalen Schulalltag herauszuziehen? Ich kenne das niedersächsische Schulgesetz nicht. In Baden-Württemberg schreibt die Landesverfassung den Schulen ins Stammbuch, dass die Schüler „im Geist der christlichen Nächstenliebe“ zu erziehen seien. Daraus kann man ableiten, dass auch in der Unterrichtszeit christliche Texte zu Gehör gebracht oder Weihnachtslieder gesungen werden können – oder sogar sollen. Wem das wegen seines Atheismus oder der Zugehörigkeit zum Islam zuwider ist, sollte während des Gesangs ein wenig darüber nachdenken, was es bedeutet, in einer (noch) vom Christentum geprägten Gesellschaft zu leben. Ist das zu viel verlangt, ist das bereits ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit? Dann stelle man sich einfach vor, man lebe in einem muslimisch geprägten Staat und verlange unter Berufung auf seinen christlichen Glauben den Verzicht auf die dort üblichen Religionsbräuche. Auch wenn es hart klingen mag: Wer keine Toleranz gegenüber dem christlichen Milieu aufbringen kann, wird keine rechte Bereitschaft finden, dass man seiner Religion mit der gebotenen Toleranz begegnet.

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Stuttgart 24

Es ist schon lange her, dass sich Häckerling zum letzten Mal Gedanken über den geplanten neuen Stuttgarter Bahnhof gemacht hat. Der hieß damals noch S 21. Inzwischen hat er den derzeitigen Bahnhof immer mal wieder benutzt. Auf dem langen Weg zu den Bahnsteigen sieht man links und rechts Holzwände, die vor dem Absturz in Gruben bewahren sollen. In den Wänden sind Gucklöcher, die dem eiligen Passanten Blicke in das Baugeschehen ermöglichen könnten. Wer sich traut innezuhalten, erkennt, dass sich auf der Baustelle unten einiges getan hat. Aber leider scheint sich zu wenig zu tun oder das, was sich tut, geschieht zu langsam. Nur so lässt sich erklären, dass die Fertigstellung statt 2021 nun 2024 erwartet wird. Damit tritt ein, was unsereins schon immer ahnte: Wir älteren Menschen werden den neuen Bahnhof nicht mehr erleben. Eigentlich schade, hatte sich doch unsereins vorgestellt, in die Tiefe zu rollen und in einen ICE nach Berlin zu steigen. Manche regen sich nun wieder auf. Andere haben es kommen sehen, auch dass es teurer wird. Das zu prophezeien war keine Kunst. Dauert doch alles, was derzeit gebaut wird, länger und wird teurer. Wer ist daran schuld? Die Politiker, die bekanntlich an allem schuld sind? Die Planer von Großprojekten, weil sie schlecht gearbeitet haben oder uns im Auftrag der Bahn absichtlich täuschen wollten, wie manche zu wissen meinen? Liegt es am viel beklagten unzulänglichen Digitalisierungsgrad der Republik? Oder ist die Natur mit ihrem unberechenbaren Wetter bzw. dem Klimawandel die Ursache aller Unzulänglichkeiten? Vielleicht sogar die Flora wegen der Tiere, die vor Baulärm geschützt werden müssen? Beruhigend ist, dass 2031 kundige Bauhistoriker werden erklären können, wie es zu den Verzögerungen gekommen ist. Leider wird es Häckerling dann nicht mehr vergönnt sein, diese klugen Studien zu lesen.