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Geliebte Brückentage

Das Wort „Brückentag“ hat das Zeug zum Wort des Jahres. Nicht mehr die Feiertage selbst (1. Mai, Himmelfahrt) sind wichtig, sondern der freie Arbeitstag zwischen Sonnabend, Sonntag und Feiertag. Wichtig an ihm ist, dass er eine kleine, aber feine Urlaubszeit ermöglicht. Mit einem Tag aus dem Kontingent der rechtlich zustehenden arbeitsfreien Tage kann man locker einen Vier-Tage-Urlaub zaubern. Wenn das nicht effizient ist. Daher gibt es eine wachsende Gruppe von berufstätigen Menschen, die einen weiteren brückentagförderlichen Feiertag fordern, den 31. Oktober, manchen bekannt als Reformationstag. Zusammen mit Allerheiligen ist er geeignet, einen weiteren Kurzurlaub zu generieren. Nun kommt es dem arbeitslosen Verfasser des Häckerling nicht zu, sich über den Drang zur Freizeitoptimierung der Werktätigen lustig zu machen, trotzdem nimmt er sich das Recht heraus, ein wenig darüber zu sinnieren. Vielleicht ist (einerseits) der Trend zu weniger Arbeitstagen schon ein Vorgriff auf jene Zeit, in der ein großer Teil der Arbeit von Robotern übernommen sein wird, in der man die geschrumpfte verbleibende Arbeitsmenge auf immer mehr Berufstätige verteilen muss, zum Beispiel durch die Einführung der 25-Stunden-Woche. Doch möglicherweise (also andererseits) ist der Wunsch nach Freizeit auch ein Zeichen von Dekadenz. Deutschland ist derzeit noch wirtschaftlich Spitze, aber die Zeichen mehren sich, dass dies bald ein Ende hat. Wir verschlafen die Digitalisierung und machen uns mit einer wuchernden Bürokratie das ökonomische Leben schwer, wir müssten uns auf zwar ungünstigere, aber global gerechtere Handelsbedingungen einstellen, wir spüren einen wachsenden Arbeitskräftemangel, kriegen aber kein Einwanderungsgesetz hin. Ein Geschäft macht man bekanntlich in guten Zeiten kaputt. Das „Geschäft Deutschland“ ist ein Auslaufmodell. Wie gut, dass wir uns an den Brückentagen darüber Gedanken machen können.

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