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Lustiges Weihnachtsprogramm

Der SWR, der Fernsehsender im Südwesten (Slogan; „Am besten Südwesten“), hat sich im Vorfeld der Weihnachtstage sicher viele Gedanken über das passende Programm für den Heiligen Abend gemacht. Die Überlegung war vermutlich: die Leute sind von Kirchgang, Bescherung und Essen so erschöpft, dass sie etwas zur Aufheiterung brauchen. Dazu haben die Südwestrundfunkmacher einiges in ihren Schubladen. Man begann daher den Abend des 24. mit einer Konserve aus dem Jahr 2012: “Wenn ich könnt, wie ich wöllt”, einer “Sketch-Show”, was immer dies auch bedeuten mag. Der Vorteil der Sendung: Sie ließ sich am folgenden Abend wiederholen bzw. fortsetzen. Dann folgte an Heiligabend die „lustige“ Rateschau „Sag die Wahrheit“, deren Trailer nach dem Regionalwetter jedes Mal schon so nervt, dass man die Augen zuhalten muss. Dann spielte man Loriots sattsam bekannte Hoppenstedt-Geschichte (zum wer weiß wievielten Mal) ab. Die Höhepunkte vor Mitternacht bildeten schließlich Familie Heinz Becker (wohlweislich ohne Jahresangabe) und „Rudis Tagesshow“ aus dem Jahr 2012. Nach Mitternacht durfte Heinz Rühmann in einem fast 60 Jahre alten Film, einer „Krimikomödie“, auftreten. Das Evangelium nach SWR, 2018.

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Exzessive Weihnachtlichkeit

Ein Paradox in unserer an Paradoxen wahrlich reichen Zeit ist die Expansion von Weihnachten. Manche Theologen sehen darin sogar einen Siegeszug. Weltweit wird es gefeiert, in christlichen, heidnischen, muslimischen, hinduistischen oder buddhistischen Landstrichen. Es ist ein Fest, an dem man sich beschenkt, die entsprechenden Lieder abspielt und sogar ein Bäumchen mit Kerzen entzündet. Hierzulande dient das Fest vor allem als Beleuchtungsanlass. Die Städte werden heller illuminiert denn je. Die Stadtverwaltungen investieren gerne in Beleuchtungskörper und Stromkosten. Seit Jahren wäre der Einzelhandel ohne das Weihnachtsgeschäft von der Pleite bedroht. So bekommt ein altes Fest, von dessen Sinn die meisten keine Ahnung mehr haben, neuen Glanz. Es rechnet sich. Es schafft einen echten Mehrwert. Natürlich gehen manche an Weihnachten sogar in die Kirche. Dort sehen sie ebenfalls einen beleuchteten Baum, dort dürfen sie sogar bei den Liedern mitsingen. Und man liest ihnen einen Text vor, in dem von einem Ehepaar auf Reisen die Rede ist, von einer schwangeren Mutter, von Problemen, vor der Niederkunft eine Unterkunft zu finden, von der Notlösung Stall und von begeisterten Hirten, die das Neugeborene sehen wollen. Eine Geschichte mitten aus unserem Leben. Schließlich reisen wir auch viel, haben manchmal Ärger mit Hotels und dass sich auf ein Neugeborenes alle in der Gegend stürzen und es süß finden, das kommt uns keineswegs fremd vor. Anderes, merkwürdige Wörter wie „Erlösung“ oder „Heiland“ nimmt man als exotischen Accessoires zur Kenntnis. Hauptsache, man feiert Weihnachten, hat frei, die richtigen Geschenke und ein opulentes Essen. Weihnachten ist ein Fest, dass allen gefällt, weil es niemandem wehtut. Seinem Siegeszug rund um die Welt steht nichts im Wege.

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Erinnerter Weltkrieg

Das Jahr 2018 hat uns an zwei Kriege erinnert, den 30-jährigen, der 1618 begann, und den Ersten Weltkrieg, der vor 100 Jahren zu Ende ging. Beide hat Herfried Münkler beschrieben. Zwar haben die Berufshistoriker an seiner Darstellung des „großen Krieges“, wie die Franzosen den von 1914-18 nennen, einiges auszusetzen, aber für den Laien ist das Buch eine große Hilfe, die damaligen Ereignisse nachzuvollziehen und zu verstehen. Ausführlich und anschaulich schildert Münkler die politischen und militärischen Ereignisse samt ihrer Hintergründe. Er zeigt, wie einfach es ist, einen Krieg zu beginnen, und wie schwer, ihn zu beenden. Er stellt die Verantwortlichen vor, zeigt ihre Blindheit und Verantwortungslosigkeit sowie den Mangel an Weitsicht. An vielen Beispielen lässt sich erkennen, wie sehr denen, die wussten, wie aussichtslos Deutschlands Lage war, der Mut fehlte, dem Kaiser, den Politikern und dem viel zu lange kriegsbegeisterten Volk die Wahrheit zu sagen. Welche Vermessenheit, zu glauben, man könne Großbritannien, Frankreich, Russland und die USA militärisch besiegen. Dazu fehlten sowohl die technischen als auch die strategischen Voraussetzungen. Heldentum reichte nicht. Am Ende des Krieges waren Millionen Menschen tot oder verstümmelt, die Vermögen des Mittelstands vernichtet und ganz Europa hungerte. Großreiche waren verschwunden, das osmanische, zaristische, habsburgische und das der Hohenzollern. Mit den Friedensregelungen von Versailles legte man den Grundstein für die nächsten Konflikte. Dieser aus nichtigem Anlass angezettelte „große Krieg“ hatte furchtbare Folgen. Beim Blick auf die Gegenwart ist es geboten, sich das 100 Jahre danach erneut klarzumachen. (Herfried Münkler: Der große Krieg. Die Welt von 1914 bis 1918. Rowohlt-Verlag, 2013)