Ein Paradox in unserer an Paradoxen wahrlich reichen Zeit ist die Expansion von Weihnachten. Manche Theologen sehen darin sogar einen Siegeszug. Weltweit wird es gefeiert, in christlichen, heidnischen, muslimischen, hinduistischen oder buddhistischen Landstrichen. Es ist ein Fest, an dem man sich beschenkt, die entsprechenden Lieder abspielt und sogar ein Bäumchen mit Kerzen entzündet. Hierzulande dient das Fest vor allem als Beleuchtungsanlass. Die Städte werden heller illuminiert denn je. Die Stadtverwaltungen investieren gerne in Beleuchtungskörper und Stromkosten. Seit Jahren wäre der Einzelhandel ohne das Weihnachtsgeschäft von der Pleite bedroht. So bekommt ein altes Fest, von dessen Sinn die meisten keine Ahnung mehr haben, neuen Glanz. Es rechnet sich. Es schafft einen echten Mehrwert. Natürlich gehen manche an Weihnachten sogar in die Kirche. Dort sehen sie ebenfalls einen beleuchteten Baum, dort dürfen sie sogar bei den Liedern mitsingen. Und man liest ihnen einen Text vor, in dem von einem Ehepaar auf Reisen die Rede ist, von einer schwangeren Mutter, von Problemen, vor der Niederkunft eine Unterkunft zu finden, von der Notlösung Stall und von begeisterten Hirten, die das Neugeborene sehen wollen. Eine Geschichte mitten aus unserem Leben. Schließlich reisen wir auch viel, haben manchmal Ärger mit Hotels und dass sich auf ein Neugeborenes alle in der Gegend stürzen und es süß finden, das kommt uns keineswegs fremd vor. Anderes, merkwürdige Wörter wie „Erlösung“ oder „Heiland“ nimmt man als exotischen Accessoires zur Kenntnis. Hauptsache, man feiert Weihnachten, hat frei, die richtigen Geschenke und ein opulentes Essen. Weihnachten ist ein Fest, dass allen gefällt, weil es niemandem wehtut. Seinem Siegeszug rund um die Welt steht nichts im Wege.
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