Kategorien
Gesellschaft Klima Politik

Wohlhabender Klimaretter

Ganz anders als in den einschlägigen Social-Media-Kreisen dargestellt, präsentiert sich der Microsoft-Gründer in diesem Sachbuch: einerseits besorgt angesichts der drohenden Gefahren, andererseits hoffnungsvoll aufgrund des technologischen Erfindungsgeistes der Menschheit. Die Botschaft diese sorgfältig recherchierten, klar gegliederten und gut lesbaren Buches lautet: Wir werden die Reduzierung des Treibgasausstoßes von derzeit 51 Milliarden Tonnen pro Jahr auf null schaffen. Gates beschreibt wichtige Bereiche, die einen großen Anteil an den Emissionen haben: Industrieproduktion (31 %), Landwirtschaft (19 %), Transport und Verkehr (16 %), Kühlen und Heizen (7 %). Wenn man deren CO2-Ausstoß senken will, muss jeder Einzelne umdenken und sein Verhalten ändern. Von der Politik erwartet Gates, dass sie schleunigst bürokratische Hemmnisse abbaut. Sie muss Innovationen finanziell fördern, auch wenn sie risikoreich sein mögen. Klimafreundliche Produkte sollen durch staatliche Käufe gefördert werden. Dabei denkt u. a. an E-Busse, emissionsarme Treibstoffe oder Baustoffe, die ohne CO2-Ausstoß auskommen. Durch eine Änderung der Vorschriften für staatliche Beschaffungen könnten z. B. alternative Heizungen und Kühlanlagen, die keine schädlichen Gase ausstoßen, eine Chance auf dem Markt bekommen. Gates ist sich im Klaren, dass beträchtliche Investitionen in technische Neuerungen nötig sind, wenn man das Ziel der Null-Emission bis 2050 erreichen will. Aber wenn wir dieses Ziel verfehlen, habe das schlimme Folgen für alle, insbesondere für die Armen dieser Welt, lautet sein Credo. Und was tut der reiche Gates selbst? Er investiert in Start-Ups mit neuen, interessanten Ideen. Manchmal werde nichts daraus und das Geld sei verloren, aber manchmal entstehe ein Produkt, das helfe, die Klimakatastrophe zu verhindern. Sein Optimismus in Ehren, aber wird er so die Welt retten können?

Kategorien
Gesellschaft Klima Politik

Pandemische Klimasorgen

Der neue Klimaminister muss es zerknirscht offenbaren: Deutschland wird weder in diesem noch im folgenden Jahr seine Klimaziele erreichen. Das ist rechtlich bedenklich, erwartet doch das Bundesverfassungsgericht eine gleichmäßige Belastung der derzeitigen und der kommenden Generationen. Nun könnte man ja argumentieren, dass die Nichterreichung von Klimazielen ein globales Problem ist. Deutschlands Sünden fielen dabei kaum ins Gewicht. Aber wenn ich die Wahlkampfreden von 2021 richtig verstanden habe, will unser Staat sich nicht in die Reihe der weltweiten Sünderschar einreihen, sondern vorangehen und den anderen ein Beispiel geben – und nebenbei auch noch mit klimafreundlicher Technologie Geld verdienen. Da wird es nun Zeit, aktiv zu werden. Minister H. hat das auch vor. Er wird das Tempo anziehen. Es werden Windräder schneller genehmigt und Solardächer bei Neubauten verpflichtend. Aber ob das reicht? Die CO2-Belastungen kommen aus dem Essen, dem Wohnen und der Mobilität. Der Umbau der Landwirtschaft (in ganz Europa) ist überfällig. Die EU macht sich auch auf den Weg, aber ganz langsam, und sie schaut immer wieder nach hinten, dass auch ja keiner unserer landwirtschaftlichen „Musterstaaten“ abgehängt wird. Die Langsamsten bestimmen das Tempo. Können wir unsere Essgewohnheiten ändern? Nicht durch Verbote, denn Verbote mögen wir nicht. Auch nicht durch Appelle, denn Appelle beachten wir nicht. Was bleibt dann außer der Verteuerung der klimaschädlichen Lebensmittel? Beim Wohnen könnte man Anreize setzen. Aber selbst dann, wenn wir alle es wollten, dass unsere Häuser besser isoliert sind, wer macht es? Es fehlen schon jetzt jede Menge Handwerker. Und die Mobilität? Kleinere Autos wären möglich, aber wer will die schon kaufen? Alle lieben den SUV. Andere Treibstoffe gibt es, aber sie sind zu teuer in der Produktion. Und nur noch E-Autos? Da fehlt es uns an regenerativer Energie. Bleibt nur der ÖPNV, aber die Vorbereitung neuer Fahrpläne mit besseren Taktzeiten dauert bei uns Jahre. Und wer hat schon Lust, im Bus oder in der S-Bahn zu fahren, während das Virus noch unterwegs ist? Wer hat die frohe Botschaft, die uns alle optimistischer stimmt?

Kategorien
Gesellschaft Klima Politik

Ratlose Wählerschar

Es wird Zeit, dass der Wahlsonntag kommt. Es wird höchste Zeit, dass es ein Ende hat mit den Wahlsendungen. Es sind genug Sprechblasen aufgestiegen, genug Versprechungen gemacht worden, mehr als genug. Dabei haben sich die Wahlkämpfenden bei den anstehenden Problemen sehr zurückgehalten. Was erwartet uns konkret bei der überfälligen Klimafrage? Welche Kosten kommen konkret auf uns zu? Was wird aus Europa und seinen Werten? Dürfen Polen und Ungarn weiter ins Undemokratische abdriften und trotzdem kassieren? Wie soll der Umbau der Landwirtschaft in Richtung Emissionsminderung geschehen? Wie will man die Altersvorsorge sichern, wen die Renten steigen, aber die Zahl der Einzahler stagniert? Werden die Steuern erhöht oder gesenkt oder einfach so beibehalten? Wie will man den ÖPNV stärken und das Autofahren eindämmen? Wird die Bundeswehr auf- oder abgebaut oder weiter „bedingt abwehrbereit“ bleiben? Kommt eine Zivilpflicht? Werden wir Russland und China weiter in Ruhe ihre Geschäfte mit uns machen lassen? Wann wird endlich das Ende der Corona-Zeit verkündet? Natürlich ist es ungünstig, Genaues zu sagen, denn man könnte ja darauf festgelegt werden. Insofern geht die Politik weiter ihre gewohnten Pfade. Man wird reagieren, wenn es nicht mehr aufzuschieben ist. Man wird der Bürgerschaft zumuten, was unumgänglich ist. Wahrscheinlich wird, was zu tun ist, dann tatsächlich „alternativlos“ sein, weil man lange genug gewartet hat. Sei’s drum. Wenn die irgendwann gebildete Koalition tut, was nötig ist, dann sei den Parteien verziehen, dass sie im Wahlkampf nur phrasenhaft agiert und uns damit freundlicherweise nicht in Unruhe versetzt haben.