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Evaluationsmanko

Ob sie die richtigen Antworten findet, die neue Kultusministerin von BW, ist noch offen, aber die richtigen Fragen scheint sie mit Blick auf die neueste Qualitätsstudie zu stellen. Wie kann es sein, fragt sie, dass wir seit vielen Jahren die Schulen evaluieren und dennoch keinen Hinweis auf Defizite ihres Unterrichts erhalten haben? Meine spontane Antwort: Es liegt an der Art und Weise, wie evaluiert wird. Da führt man viele Gespräche mit den verschiedenen Gruppen in der Schule – was nicht falsch ist – aber die Eindrücke, die in diesen zwei oder drei Tagen vom Unterricht gewonnen werden, sind eher mager. Sie lassen jedenfalls kaum Rückschlüsse auf die Qualität des Unterrichts einer Schule zu. In der Regel lässt sich leicht ausrechnen, wer wann besucht wird. Daher macht es den Lehrkräften keine Mühe, sich gut zu präsentieren und etwaige Defizite zu verbergen. Das ist menschlich verständlich – wer will schon ein schlechtes Bild bieten? – aber es hilft weder der einzelnen Schule noch dem Schulsystem im Ganzen auf dem Weg zu höherer Qualität. Einmal mehr rächt sich, dass man (schon zu CDU-Zeiten) den Einsatz der Fachberater beschnitten hat. Sie durften früher den Unterricht besuchen. Manchmal ist ihnen dabei etwas aufgefallen. Die Einzigen, die nun den Lehrkräften im Unterricht zuschauen, sind der Schuleiter oder die Schulleiterin. Man verrät kein Geheimnis, wenn man mitteilt, dass diese Personen nicht in allen Fächern und nicht einmal in der Fachdidaktik ihrer Fächer auf dem neuesten Stand sind. Gewiss, auch sie machen relevante Beobachtungen: zum Tafelanschrieb, zum Umgang mit störenden Schülern, zur Ästhetik der eingesetzten Arbeitsblätter, zum Auftreten der Lehrkraft vor der Klasse, aber das trifft nicht die Kernprobleme des Unterrichts: Wird Wesentliches vermittelt? Werden die Lerninhalte so vermittelt, dass die Kinder sie verstehen? Wird laufend erhoben, wer was nicht kapiert hat? Werden Defizite einzelner Kinder erkannt und gezielt behoben? Es gibt viel zu tun, Frau Eisenmann. Packen Sie’s an!

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Über den Landeselternbeirat 2

Der Rücktritt der Damen Staab und Wiegert, ihres Zeichens Vorsitzende des Landeselternbeirats von Baden-Württemberg, könnte dazu beitragen, einige überfällige schulpolitische Entwicklungen voranzubringen. Häckerling diskutiert gerne mit und verweist auf den Blog-Eintrag 139 zur problematischen Grundschulempfehlung. Heute soll es um die Evaluation gehen. Dazu finden sich im „Kündigungsschreiben“ der genannten Elternvertreterinnen zwei Aussagen. Die erste lautet:

(1) „Der politische Wille, endlich systematisch den Bildungsbereich zu evaluieren, alle Maßnahmen der vergangenen Jahre auf den Prüfstand zu stellen(,) und zwar nicht nur durch Lehrer, sondern besonders durch externe Fachleute(,) und die dringend notwendigen Verbesserungsmaßnahmen durchzuführen, ist nicht vorhanden.“

Staab und Wiegert werfen dem Kultusministerium also vor, es weigere sich, die Qualität der derzeitigen Bildungspolitik wissenschaftlich erforschen zu lassen und aus den (von ihnen unterstellten) Fehlern zu lernen. Aber geschieht das nicht bereits? Leistet nicht die PISA-Studie genau das? PISA liefert dem Land reichlich Daten über den kurz- und langfristigen Erfolg seiner Maßnahmen und obendrein noch einen Vergleich mit den anderen Bundesländern und zahlreichen Industriestaaten. Was aber möglich wäre: im Rahmen von PISA noch detaillierter Aspekte des baden-württembergischen Bildungskonzepts untersuchen zu lassen.

Die zweite Aussage:

(2) „Evaluation an Schulen ist wie in allen Lebensbereichen elementar für die Sicherstellung der Qualität und deren Weiterentwicklung. Das beste und einfachste Mittel zur Erhebung, Prüfung und Verbesserung sämtlicher schulischer Angelegenheiten sind schulinterne Schüler- Eltern- und Lehrerfragebögen.“

Mit dem ersten Satz kann man einig sein. Was den Einsatz von Fragebogen angeht, so herrscht daran kein Mangel, vor allem bei den schulinternen Evaluationen. Wie man allerdings einen guten Fragebogen erstellt, wie man ihn auswertet und wie man mit den Ergebnissen sinnvoll umgeht, das ist nicht allen Schulen bekannt. Daher sollten auch die schulinternen Evaluationen von außen, also zum Beispiel von den Mitarbeitern des Landesinstituts für Schulentwicklung, begleitet werden. Die seit Jahren kultivierte Unterscheidung von „Selbstevaluation“ und „Fremdevaluation“ bringt wenig.

(Blog-Eintrag Nr. 140)