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Unklare Unkenntnis

Wenn man jemandem helfen will, muss man wissen, was ihm fehlt. Das gilt unstrittig im medizinischen Bereich. Vor der Behandlung kommt die Diagnose. Unser Staat will den Schülerinnen und Schülern mit Defiziten helfen, will ihnen Brücken bauen, über die sie aus ihrer nicht selbst verschuldeten Unwissenheit schreiten können, um wieder Anschluss an die anderen, die Defizitlosen, zu gewinnen. Das Problem ist: Man hat das vorhandene diagnostische Hilfsmittel, Diagnose- bzw. Vergleichsarbeiten, in der Pandemie ersatzlos gestrichen. Nun wäre in den restlichen Wochen bis zu den Sommerferien noch Zeit gewesen, auf geeignete Weise zu erheben, woran es den Zöglingen mangelt. Aber, so die ministerielle Begründung, das habe man den Schulen nicht auch noch zumuten wollen. Schade. Nun kann man nur hoffen, dass die Hoffnung des KM, die Lehrerinnen und Lehrer würden schon wissen, woran es den Kindern und Jugendlichen fehle, nicht trügt. Denn es ist natürlich logisch etwas schwer bekömmlich, zu behaupten, in normalen Zeiten brauche man solche diagnostischen Instrumente sehr wohl, in schlechten Zeiten aber nicht, weil die Lehrenden sowieso am besten wüssten, wo der Schuh drückt. Statt aufwändiger Vergleichsarbeiten, die einen jahrelangen Vorlauf haben, hält Häckerling in dieser Situation einfache „Tests“ für durchaus geeignet, Defizite zu erspüren. Man hätte doch „im Netz“ einige bereitstellen können, wenn man schon, was löblich ist, die leidenden Lehrkräfte entlasten will.

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Zusätzliche Förderung

Unser gemeinsames Ziel ist es, die Schülerinnen und Schüler trotz der bestehenden vielfältigen Herausforderungen weiterhin bestmöglich zu fördern und zu unterstützen, um den Bildungsplan zu erfüllen. … habe ich auf die Bedeutung der Konsolidierungsphase zu Beginn des Schuljahres 2020/2021 hingewiesen und Sie gebeten, die Unterstützung leistungsschwächerer Schülerinnen und Schüler im Präsenzunterricht einzuplanen. lnsbesondere für leistungsschwächere Schülerinnen und Schüler ist eine zusätzliche Förderung auch im neuen Schuljahr ausgesprochen wichtig. Es gilt, entstandene Nachholbedarfe auszugleichen und lnhalte zu vertiefen. Diese Förderung soll im Unterricht gemäß Stundentafel sowie, sofern vorhanden, auch in den im Bildungsauftrag der Schule verankerten zusätzlichen Poolstunden erfolgen.“  So formuliert das baden-württembergische Kultusministerium den Auftrag der Lehrkräfte für die Zeit nach den Ferien. Es wird schwierig werden, ihn zu erfüllen. „Nachholbedarfe” (was für ein Plural) müssen durch geeignete Überprüfungen erst einmal erhoben werden. Stehen sei dann fest, stellt sich die Frage, wie man sie angeht. Und was geschieht mit jenen, die keinen Nachholbedarf haben? Werden sie einstweilen links liegen gelassen oder erfahren sie ebenfalls Förderung? Und wie stellt man sich einen Unterricht vor, der den einen beim Nachholen hilft und den anderen sinnvolle Förderung für ihre Weiterentwicklung gibt? Gefragt ist mehr denn je der Umgang mit Heterogenität. Aber wie soll sie funktionieren, wenn 30 Personen in einer Klasse sitzen? Man kann sie nur schwer in Gruppen aufteilen, weil es an Platz fehlt und weil die Kinder den Raum nicht verlassen dürfen. Verschämt spricht die Ministerin von „Poolstunden“. Sie wären die Lösung. Aber der Einschub „sofern vorhanden“ lässt ahnen, dass es daran mangelt. Sie zu erhöhen wäre der Differenzierung des Präsenzunterrichts sehr dienlich. Auch ließen sich mit ihnen die „Nachholbedarfe“ leichter abbauen.