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Die Kinder und das richtige Schreiben

Man fasst es nicht. Dem SPIEGEL gebührt Dank für die Aufdeckung der neuen „Schlechtschreibung“ (25/2013), für das Zahlenmaterial über den Verfall der Orthografie-Kultur und die Vermittlung der Erkenntnis, dass eine „neue Methode“ der grundschulischen Rechtschreiblehre besonders die schwachen Schüler und die mit LRS benachteiligt. Dank aber auch für den Hinweis, dass alle Schüler im Vergleich zu denen vor 40 Jahren erheblich schlechtere Leistungen beim richtigen Schreiben erbringen.

Die Methode, der wir dies verdanken, beruht auf der falschen Annahme, dass Grundschulkinder mit der Zeit das Regelwerk der deutschen Rechtschreibung selbst erkennen bzw. sich erarbeiten können. Man müsse ihnen nur Zeit lassen, ihre stümperhaften Versuche, Gesprochenes in Schriftform zu bringen, mit viel Lob bedenken, dann werde das Schreiben mit der Zeit „ganz von selbst“ gut. Wird es aber nicht.

Um es auf den Punkt zu bringen: Wie sollen Achtjährige die Geheimnisse eines Regelwerk erkennen, wenn es ihren Lehrern selbst ein Buch mit sieben Siegeln ist.? Wie sollen die Kinder durchschauen, was die Pädagogen der Grundschulen im Studium hätten lernen sollen? Ich behaupte, dass auch so mancher gymnasiale Deutschlehrer in diesem Bereich nur wenig Ahnung hat. Woher soll er sie auch haben? Sein Germanistikstudium sieht dieses Thema nicht vor.

Es wird Zeit, dass die Lehrkräfte die Orthografie kapieren, auf dass sie diesen Bereich der deutschen Schriftkultur angemessen vermitteln können.

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Lesen, Schreiben und Rechnen

Was selbstverständlich sein sollte, wird nun als mutig gepriesen: dass die Kultusminister der Länder eine Untersuchung darüber in Auftrag gegeben haben, wie es um ihre Grundschulen steht, eine Art kleiner PISA-Test also. Das Ergebnis dieses Grundschulvergleichs wird nun mit vereinten Kräften schöngeredet.

Man preist eine Selbstverständlichkeit als Erfolg, dass die meisten Mädchen und Jungen in Deutschland lesen, schreiben und rechnen können. Was hätten sie in der Grundschule denn sonst lernen sollen, wenn nicht diese Grundfertigkeiten? Allerdings verfügt ein gutes Zehntel der Kinder nicht einmal darüber. Sie werden ohne die nötigen Voraussetzungen an die weiterführenden Schulen geschickt. Dort lernen sie kaum noch etwas dazu. Das hat die große PISA-Untersuchung deutlich gemacht.

Statt auf den „Erfolg“ ihrer Studie stolz zu sein, sollten die Kultusminister eine Antwort auf die Frage geben, wie sie mit dem Thema der unzulänglich ausgebildeten Grundschüler künftig umzugehen gedenken.

Ein anderes Problem ist der Unterschied zwischen den Bundesländern. Dass Baden-Württemberg aus der Spitzengruppe verschwinden würde, war zu erwarten, aber dass nun „amtlich“ ist, dass die Besten des einen Landes, sagen wir in Berlin, ein halbes Schuljahr hinter denen eines anderen Landes, sagen wir in Bayern, liegen, gibt sehr zu denken. In „schwachen“ Ländern sind offenbar nicht nur die Schwachen sehr schwach, sondern auch die Starken schwächer als anderswo. Die Kinder individuell zu fördern scheint doch nicht so einfach zu sein.

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Übertroffen – Berliner Bildungsfahrplan

Bayerns Ministerpräsident hat sich jüngst beklagt, dass die Nutznießer des Länderfinanzausgleichs sich Dinge leisten könnten, die den Geberländern im Süden der Republik nicht möglich seien. Dafür hat er heftige Schläge bekommen. Schließlich dürfe jedes Land mit seinem Geld machen, was es wolle, gaben die Empfänger kund. Berlin macht in der Schulpolitik was draus. Es übertrifft auch Baden-Württemberg in dieser Hinsicht um einiges.

Laut einer Mitteilung der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, nachzulesen auf deren Internetseiten, ist in der Hauptstadt schon jetzt das letzte Kita-Jahr kostenlos, ab 2011 werden drei Jahre umsonst sein. Davon können die Eltern im „reichen Süden“ nur träumen. Im vierten Lebensjahr gibt es in Berlin für alle Kinder einen verbindlichen Sprachtest. Wer Defizite zeigt, muss im letzten Kita-Jahr an einer täglichen Sprachförderung teilnehmen – man beachte: „muss“ und „täglich“. Auch davon sind wir in Baden-Württemberg noch weit entfernt.

In Berlin beginnt die Schulpflicht in dem Jahr, in dem ein Kind sechs Jahre alt wird. Es kann also sein, dass es bereits mit fünf eingeschult wird. Das ist früh, aber das soll so sein, damit alle Kinder möglichst früh gefördert werden. Dass dadurch Jahrgangsstufen übergreifende Klassen entstehen, ist ausdrücklich erwünscht. Ältere und Jüngere sollen gemeinsam lernen.

Auch für die Eltern wird etwas getan. Die Grundschulen bieten, heißt es, „verlässliche Betreuung von 6 Uhr bis 18 Uhr an.“ Das ist sehr zu loben. Allerdings dürfte es nicht billig sein. Doch den Berlinern sei es gegönnt; sie tun was für die Kinder mit dem Geld, das aus Baden-Württemberg kommt.
(Blog-Eintrag Nr. 113)