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Probleme in der Schultüte

Schule hat begonnen. Das wird die Zahl der S-21-Protestler etwas reduzieren. Die Zeitungen meinen zwar, dieses Thema habe hierzulande die Schulfragen in den Hintergrund gedrängt, aber Verdrängtes drängt sich gerne wieder nach vorne. Es gibt nun mal ein paar drängende Probleme in der Schultüte: die Optimierung des achtjährigen Gymnasiums und das Doppelabitur 2012, die Implantierung der Werkrealschule und die Zukunft der Hauptschule, das „längere gemeinsame Lernen“ und die „Individualisierung des Unterrichts“, die Förderung der Sprachschwachen in der Schule und das Deutschlernen in der Kita. Diese Probleme werden in diesem Blog-Eintrag nicht gelöst, allenfalls genannt und ergänzt um den Hinweis, dass Häckerling darauf schon einige Male eingegangen ist.

Wir hatten in den Sommerferien eine laute Thilo-Sarrazin-Auseinandersetzung und eine leise Kirsten-Heisig-Debatte. Der eine redet vom Ende der deutschen Kultur, die andere schrieb ein Buch über das Ende der Geduld. Beide haben das gleiche Hintergrund-Thema: das Misslingen der Integration. Derzeit hören wir viele zwar-aber-Sätze: Zwar ist noch nicht alles gut in Sachen Integration, aber wir haben schon vieles erreicht. Zwar gibt es einige wenige Integrationsunwillige, aber schon sehr viele Integrierte. Zwar haben Jugendliche mit Migrationshintergrund Schwierigkeiten in der Schule, aber es gibt auch viele Beispiele erfolgreicher Migranten. Zwar haben wir noch einige „Hausaufgaben“ zu machen, aber wir sind „auf einem guten Weg“. Die deutsche Sprache bietet zwar wunderbare Möglichkeiten, mit Problemen fertig zu werden, aber mit der „Aber-Aussage“ können wir das Zwar nicht vergessen machen.

Und was helfen die großen Diskussionen den Lehrern, die sich nun wieder jeden Tag mit „integrationsunwilligen“ Kindern herumschlagen müssen, weil die keine Lust zum Lernen haben? So gut wie nichts. Statt die Lehrenden zu stärken, ihnen ganz konkrete Hilfen zu geben und sie von unsinnigen Aufgaben zu entlasten, lässt man sie mit den Forderungen und Problemen in der Schultüte allein.

(Blog-Eintrag Nr. 211)

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Sarrazzia

Das hat er nun davon, der Herr Sarrazin, dass er so ein Buch geschrieben hat, auf das alle mit dem Finger zeigen. Jetzt soll er sein Amt bei der Bundesbank verlieren und auch die SPD will ihn ausschließen. Das Buch hat den Titel „Deutschland schafft sich ab“, nun wird der Autor selbst abgeschafft. Es raste der deutsche Mediensee und wollte sein Opfer haben. Er hat es bekommen. Und die politische Klasse kann sich nun den im Geifer des Gefechts ausgetretenen Schaum wieder vom Mund wischen.

Ist Häckerling etwa für Sarrazin? Wagt er es, ein positives Wort über ihn zu äußern? Er wagt es, nicht weil er dem Mann in und mit allem Recht geben würde, sondern indem er sich darüber wundert, was Deutschlands öffentliche Meinung nicht aushält: ein paar Provokationen, jenseits der politischen Korrektheit. Sarrazin habe Tabus gebrochen und rote Linien (warum gerade rote?) überschritten, war zu lesen, deshalb sei er „untragbar“ geworden. Das sagen oft gerade jene, die mit ihrer Politik oder Nicht-Politik zu dem beigetragen haben, was Sarrazin Anlass zum Geißeln gegeben hat. Jetzt reden plötzlich alle über die tollen Erfolge der Integration, während man uns noch vor ein paar Wochen das Versagen in der Bildungspolitik um die Ohren gehauen hat. Eine große Zahl junger Menschen „mit Migrationshintergrund“ haben in unserem Schulsystem nicht einmal „das Mindeste“ gelernt, sie seien deshalb die großen Verlierer.

Die Schuld an der Misere wird gerne den Lehrern und den Bildungspolitikern in die Schuhe geschoben. Jetzt sagt einer, dass auch die Eltern dieser Kinder ihren Beitrag dazu leisten müssten, dass aus ihren Kindern „etwas wird“, und vermutet gar, die könnten das nicht, weil ihnen die Voraussetzungen dafür fehlten, und prompt wird ihm das Fell über die Ohren gezogen.

Sarrazin ist geschlachtet, wir können weitermachen wie gewohnt.

(Blog-Eintrag Nr. 209)

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Über Integrationsversuche

Die Integration der „Bürger mit Migrationshintergrund“ muss dringend verbessert werden. Dass sie bei den Bildungsabschlüssen statistisch negativ auffallen, kann man nicht bestreiten. Auch nicht, dass dies ein Problem ist, das die ganze Gesellschaft angeht, weil sie auch als Ganzes zunehmend darunter leidet. Daher sind alle Bemühungen, an diesem Zustand etwas zu ändern, sehr lobenswert.

In Baden-Württemberg ist der Justizminister, Goll FDP, mit dem Amt eines „Integrationsbeauftragten“ betraut. Er tut auch was. Schon am 8. September 2008 hat der Ministerrat seinen „Integrationsplan“ verabschiedet. Der trägt die Überschrift „Integration gemeinsam schaffen“ und hat einen Umfang von 185 Seiten. Im November 2009 wurde eine Konzeption für die Umsetzung des Plans vorgestellt. Die Stuttgarter Zeitung berichtet darüber sieben Wochen später, an Silvester 2009. Arg schlau wird man aus dem Bericht nicht.

Die Mitteilung, dass die Minister Goll und Rau (KM) das Bildungsniveau der Einwandererkinder heben und hierzu bei den Eltern ansetzen wollen, ist nicht überraschend. Die Mütter und vor allem auch die Väter sollen „über Mitwirkungsmöglichkeiten in Schule und Kindertagesstätte informiert“ und „in ihrer Rolle als Erzieher gestärkt werden.“ Das leuchtet ein. Aber wie? Durch „neue Strukturen“ erfahren wir. Es sollen in jedem Regierungsbezirk mehrere Berater „angesiedelt“ werden, die den Kommunen „helfen, die neuen Angebote einzurichten“. Das heißt doch, dass alle Städte und Gemeinden eine (neue?) Stelle für Integrationsangebote einzurichten haben, die dafür sorgt, dass die „neuen Angebote“ dort ankommen, wo sie wirken sollen – an den Schulen und Kindertagesstätten (siehe oben).

Unter den „neuen Angeboten“, für die man die neuen Strukturen braucht, hat man sich zum Beispiel „Bildungslotsen“ vorzustellen, die den Eltern über die „Hemmschwellen“ der genannten Einrichtungen hinweghelfen sollen. Gedacht ist (wieder einmal) an Ehrenamtliche, zum Beispiel an pensionierte Lehrerinnen und Lehrer.

So sehr neu klingt das nicht und auch nicht neuer Strukturen bedürftig. Dieses neue Angebot müsste sich auch mit den schon bestehenden umsetzen lassen.

(Blog-Eintrag Nr. 131)