Kategorien
Politik

Pflichtbewusst oder pflichtwidrig

Der Verdacht stand im Raum und zuzutrauen wäre es ihnen ja allemal, den Lehrern, dass sie während der Dienstzeit gegen Stuttgart 21 demonstrieren. So hat man allenthalben gedacht, wobei man sich unter „man“ zum Beispiel auch einige Medienmenschen vorzustellen hat. Nicht einmal im Regierungspräsidium Stuttgart war man sich seiner Sache sicher und hat daher „sicherheitshalber“ die Schulleiter gebeten, jene Kollegen zu melden, die sich dienstwidrig verhalten und während der Unterrichtszeit an den Demonstrationen im Stuttgarter Schlossgarten teilgenommen haben.

Gemeldet wurde offenbar niemand. Das lässt sich böswillig deuten, zum Beispiel so: Die Schulleiter haben sich vor ihre pflichtwidrig handelnden Kollegen gestellt und deren Verhalten „gedeckt“, vielleicht weil sie den Ärger scheuten oder um Konflikte im Kollegium zu vermeiden. Diese Deutung ist denkbar und zeugt von einer wenig schmeichelhaften Einschätzung der Schulleitungen. Aber bei dem latenten abgrundtiefen Misstrauen gegenüber den „Paukern“ wabert sie bestimmt in manchen Köpfen.

Häckerling sieht es anders. Wie sollte ein Lehrer so dumm sein und sich dienstwidrig verhalten? Er weiß doch, denn er hat es einst im Vorbereitungsdienst, dem Referendariat, gelernt: Beamte haben im Dienst loyal zu sein. Streiken oder die Teilnahme an Demonstrationen während der Arbeitszeit ist nicht erlaubt. Bei Verstößen droht ein Disziplinarverfahren – mit unkalkulierbaren Folgen. Wer will das schon riskieren? Das ist nicht einmal Stuttgart 21 wert.

Wie gut, dass unsere Lehrer in den staatlichen Seminaren nicht nur lernen, wie man unterrichtet und wie man schwierigen Kindern begegnet, sondern dass sie auch bei der 40-stündigen Ausbildung in Schul- und Beamtenrecht aufpassen.

(Blog-Eintrag Nr. 226)

Kategorien
Politik

Wissenschaft oder Didaktik

Die Gegenüberstellung in der Überschrift ist natürlich unsinnig. Wer einen guten Unterricht machen soll, der braucht eine solide fachwissenschaftliche Ausbildung und eine ebenso gründliche fachdidaktische Schulung. Dieser Gedanke ist nicht neu – welcher Gedanke ist das schon? – aber er hat in diesen Tagen neuen Schub bekommen.

Beim (in diesem Blog schon mehrfach kommentierten) Bundesländervergleich hat sich gezeigt, dass die Nicht-Gymnasiasten und die Schüler im Osten der Republik schwächere Leistungen in Englisch zeigen. Das lässt sich damit erklären, dass die Ausbildung der Lehrkräfte zu wünschen übrig lässt. Petra Stanat, die maßgeblich an der Vergleichsstudie beteiligt ist, hat dazu in der ZEIT (24.6.10) Kluges gesagt; es sei hier zitiert: „Ob ein Unterricht gelingt, kommt … sehr stark auf das fachdidaktische Wissen der Lehrkräfte an, und das setzt solides Fachwissen voraus.“ Und dann folgt eine Feststellung, die „ins Stammbuch“ all derer gehört, denen nichts Besseres einfällt, als unaufhörlich an der Qualität der gymnasialen Lehrerausbildung herumzudoktern: „Wer die Inhalte seines Unterrichtsfachs durchdrungen hat, vermittelt diese mit größerer Sicherheit, kann mit Fehlern der Schüler souveräner umgehen und auf vielfältigen Wegen intelligente Lerngelegenheiten schaffen.“

Also: die gründliche wissenschaftliche Ausbildung der Lehrer durch die Hochschulen ist unbedingt beizubehalten, auch wenn sie Zeit und Geld kostet! Zeit und Geld kostet allerdings auch die Einübung guter Fachdidaktik. Wer „intelligente Lerngelegenheiten schaffen“ soll, braucht hoch qualifizierte Fachdidaktiker sowie eine Atmosphäre der Ermutigung – in den Staatlichen Seminaren und in den Ausbildungsschulen! Das ist leider nicht immer der Fall.

(Blog-Eintrag Nr. 194)

Kategorien
Politik

Überarbeitet – Bachelor und Master

Am Anfang stand das Wort Bologna-Prozess eher wie ein drohendes Phantom im Raum. Es sollte sich etwas ändern in der Welt der Universitäten. Alle Studiengänge in Deutschland seien umzustellen. Deutschland müsse sich einer überfälligen Reform unterziehen, schließlich wolle man im internationalen Vergleich mithalten. Und so wurde denn umgebaut, doch nicht überall; manche Studiengänge hielten und halten sich vornehm zurück, bei anderen, zum Beispiel beim Lehrerstudium in Baden-Württemberg, ging man zwei Schritte vorwärts und dann wieder einen zurück.

Blicken wir auf das Jahr 2007. Damals hat das Kultusministerium wegen der anstehenden Umstellung des Lehramtsstudiums gemeinsame Arbeitsgruppen mit Vertretern der Universitäten und der staatlichen Seminare eingerichtet. In monatelanger Arbeit entstanden ordentliche Prüfungspläne mit so manchen neuen Ausbildungselementen. Augenzeugen berichteten, dass zwischen den Universitätsleuten und den von der Kultusverwaltung Entsandten heftig und meist erfolgreich, das heißt mit einem einvernehmlichen Ergebnis, um Prüfungsanforderungen und also um Lehrinhalte gerungen wurde. Worüber aber nicht gestritten wurde: Ob es sinnvoll sei, die Lehrinhalte in kleine bepunktete Elemente aufzuteilen. Ebenfalls durfte nicht darüber gesprochen werden, welche Inhalte sich für den Bachelor und welche für den Master eigneten. Da wollten sich die Ordinarien nicht reinreden lassen. Bald zeichnete sich ab, dass zwischen den Universitäten deutliche Unterschiede bestanden. Ein Wechsel der Hochschule mitten im Studium würde nicht leichter, sondern schwieriger, riskanter werden.

Nun ist der Bologna-Prozess im Bereich der Lehrerbildung in Baden-Württemberg erst gar nicht zum Abschluss gekommen. Man hat den neuen Wein, die Ergebnisse Fächergruppen von 2007, in den alten Schlauch der Ausbildung mit Staatsexamen gegossen. Ob das auf Dauer bekömmlich ist, wird sich zeigen. Jedenfalls war es aus heutiger Sicht weise, denn was man gar nicht erst gemacht hat, muss man jetzt auch nicht reparieren.
(Blog-Eintrag Nr. 121)