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Alternativlose

Es gibt neben den S-21-Demos noch eine andere Gruppe von Dauerdemonstranten, die Protestierer gegen die sexuelle Vielfalt, genauer: gegen die schulische Thematisierung dieser Vielfalt. Dafür, für die Vielfalt, wählen sie gerne das Bild vom Regenbogen, ausgerechnet jenes Symbol, das am Ende der Sintflutgeschichte des alttestamentlichen Gottes Abkehr von der Vernichtung sexuell Andersartiger (von denen es in Sodom einige gegeben haben soll) markiert.

Man muss sich unter diesen Protestmenschen durchaus ehrbare Christen vorstellen, die aus der Tatsache, dass im Alten Testament Sachen wie Homosexualität und Onanie mit Abscheu dargestellt werden, den Schluss ziehen, sie müssten auch dagegen zu Felde ziehen. Diese ehrbaren Leute sind sicher heute sehr zufrieden, dass der neue Papst bei seinem Versuch der Lockerung der katholischen Sexualmoral gescheitert ist. So ergibt sich eine Heilige Ökumenische Allianz, der auch Putins Russland und weite Teile des Islam beitreten könnten.

Auf deutscher Seite haben die Ehrbaren sogar eine politische Partei gefunden, die sich diese frommen Ziele aufs Panier geschrieben hat. Nein, es ist nicht die CDU, die biedert sich den ehrbar Konservativen nur an, es ist die Alternative für Deutschland, die sich das Familienbild dieser christlichen Gruppierung dem Vernehmen nach ganz zu Eigen gemacht hat. Kein Wunder, dass die AFD solchen Zulauf hat. Die wöchentlichen Stuttgarter Demos sind auch welche für sie.

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Sexualerregungen

Während man sich über die Unterdrückungsmechanismen im Russland Putins aufregt und des Ex-Stuttgarters Hitzelsberger Selbstoffenbarung mit Lob bedenkt, leisten wir uns hier einen merkwürdigen Streit. Eine Petition gegen Vorgaben für die Entwicklung des neuen Bildungsplans findet offenbar großen Zuspruch. Dazu zunächst ein Blick in die Quelle:

Die Kinder und Jugendlichen müssen in der Lage sein, ihre eigenen Wertvorstellungen und Haltungen zu reflektieren und weiter zu entwickeln (sic!), Probleme und Konflikte friedlich zu lösen bzw. auszuhalten, aber auch Empathie für andere entwickeln zu können und sich selbst bezüglich des eigenen Denkens und Fühlens zu artikulieren und – wenn nötig – auch zu relativieren. Das macht es auch erforderlich, die Perspektiven anderer Personen und Kulturen übernehmen zu können, Differenzen zwischen Geschlechtern, sexuellen Identitäten und sexuellen Orientierungen wahrzunehmen und sich für Gleichheit und Gerechtigkeit einsetzen zu können.

Was ist an diesen Zielsetzungen so schlimm? Das Reflektieren der eigenen Wertvorstellungen, der Erwerb von friedlichen Strategien zur Konfliktlösung, die Entwicklung von Empathie, die Fähigkeit, sein eigenes Empfinden zu relativieren und die eigene Sicht nicht absolut zu setzen oder der Einsatz für Gerechtigkeit? Nein, es geht den konservativen Petitionisten um die Zielsetzung, sich mit anderen sexuellen „Orientierungen“ auseinanderzusetzen. Offenbar ist es nicht nur schlimm, dass es sie gibt, sondern dass junge Menschen sie auch noch „wahrnehmen“ sollen.

Etwas kurios mutet ein Lernziel an, das sich für das Kultusministerium daraus ergibt:

Schülerinnen und Schüler setzen sich mit der eigenen geschlechtlichen Identität und Orientierung auseinander mit dem Ziel sich selbstbestimmt und reflektiert für ein ihrer Persönlichkeit und Lebensführung entsprechendes Berufsfeld zu entscheiden.

Die Selbstverständlichkeit, sich seiner eigenen geschlechtlichen Identität bewusst zu werden, wird mit der Berufswahl gekoppelt. Als ob nur im Berufsleben und nicht auch in der Freizeit – vgl. die schöne Welt des Fußballs – die Probleme aufträten. Und noch ein Lernziel:

Schülerinnen und Schüler haben einen vorurteilsfreien Umgang mit der eigenen und anderen sexuellen Identitäten

Ein wichtiges Ziel, finde ich: der pädagogische Kampf gegen Vorurteile, Stereotypen, Fehleinschätzungen. Was will man dagegen einwenden?