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Tramp

Manchmal ist es gut, zum Beispiel an Tagen wie dem 20. Januar 2017, sich an die Lektüre der Kindheit zu erinnern. Aus Karl Mays „Schatz im Silbersee“ weiß ich, was Tramps sind: Umherziehende mit bösen Absichten und niedrigen Beweggründen. Man konnte ihnen nicht über den Weg trauen, ging es ihnen doch vor allem um persönliche Bereicherung. Vor schlimmen Taten scheuten sie nicht zurück. Beruhigend für den jugendlichen Leser: Sie nahmen ein schlimmes Ende. Heute und hierzulande denken wir differenzierter über unstete Landfahrer. Wir respektieren ihren Lebensstil, bedauern ihre Verfolgung in früheren Zeiten, wissen, dass man nicht von Einzelnen auf alle schließen darf und akzeptieren, dass sie wenig Ambitionen haben, sich in unser Gemeinwesen einzubringen. Die amerikanischen Tramps sind offenbar anders gestrickt als die hiesigen. Sie tarnen sich als Wohlhabende, streben öffentliche Ämter an, sogar höchste. Und sie erreichen sie sogar. Einer von ihnen ist dieser Tage sogar Präsident geworden. In seiner Rede zur Inauguration hat er die Maske des Biedermanns fallen lassen. Er droht, dass nun seinesgleichen das Volk repräsentieren würden, dass künftig seine Interessen und die seiner Freunde im Vordergrund stünden und dass die Bedürfnisse der anderen zurückzustehen hätten. Zuerst kämen er und seine Klientel, womit er wohl seine Wähler meint. Bei Karl May werden die Tramps besiegt. Heute bleibt nur die Hoffnung, dass sie ihren Wohnsitz häufig wechseln, also nach einiger Zeit in der Versenkung verschwinden.

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Tramp

Bei Karl May gelten die Tramps als fiese Unterschichtige, gegen die einer wie Old Shatterhand mit allen Mitteln erfolgreich zu Felde zieht. Nun haben sie in Amerika einen Tramp an die Spitze ihres Staates gewählt. Gegen ihn wird kein Karl-May-Held ankommen. Warum die Amerikaner so gewählt haben, darüber rätseln die hiesigen Kommentatoren (eigentlich die Toren in diesem Fall) und die Wissenschaftler (eigentlich die Unwissenden). Was uns zu diesem Ereignis erzählt wird, klingt alles andere als überzeugend. Der Gewählte sei gegen das Establishment zu Felde gezogen – seit wann ist ein Milliardär nicht aus diesen etablierten Kreisen? Er habe den Ton getroffen und den Globalisierungsverlierern eine Stimme gegeben – ein Immobilienverkäufer hat doch sein Geld gerade damit verdient, dass in den USA die Subprime-Kredite erfunden wurden, die man auch hierzulande gehandelt hat. Er sei so erfrischend, heißt es, in dem, was er sagt und wie er es sagt: unverblümt, unverschämt, ungezogen – das also soll der neue Typ von politischen Führern sein? Der Tramp habe keine Ahnung vom politischen Betrieb, heißt es – unsere Zukunft liegt also in den Händen von Ahnungslosen und ungebildeten Geschäftemachern. Ein aufbauender Gedanke! In Europa triumphiere die politische Rechte, wird berichtet. Was für ein Szenario! Welche neue Welt werden diese Mauerbauer und Deutschland-Rufer, diese Abgrenzer und Ausweiser, diese Parolengläubige und Hassprediger uns schaffen?