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Karikaturstreit

Haben die Mächtigen in den muslimisch regierten Staaten ein Problem mit dem Meinungsmedium Karikatur? Es sieht so aus. 2005 in Dänemark publizierte Mohammed-Karikaturen – nicht mit Kritik am Propheten, sondern am real existierenden Islam – führten zu allerlei Auseinandersetzungen. Gewalttätige Demonstrationen und diplomatische Querelen belasteten die internationalen Beziehungen. Man beruft sich auf ein Bilderverbot im Koran und fordert dessen globale Einhaltung. Als ob dieses Buch überall als Gesetzbuch dienen müsse! Ich bezweifle, dass es nur oder überhaupt um Religion geht. Offenbar vertragen sich kritische Meinungsäußerungen nicht mit dem Gesellschaftsverständnis im Machtbereich des Islam.

Der Beleg: Eine Karikatur in einem gymnasialen Gemeinschaftskundebuch hat offizielle Proteste von türkischer Seite ausgelöst. Deren Präsident sieht es offenbar als Majestätsbeleidigung an, wenn er in einem deutschen Schulbuch auf einer Karikatur abgebildet wird. Die Zeichnung zeigt ihn als gefesselten Hund. Das ist natürlich nicht nett. Aber Karikaturen sind für die darauf Abgebildeten selten nett. Sie sollen es auch nicht sein. Sie sollen Probleme zuspitzen, Kritik üben an Missständen. Karikaturen sind eine wichtige Meinungsäußerung. Keine Zeitung von Rang kann auf sie verzichten. Sie gehört zu unserer Demokratie. Sie ist nicht nur zulässig, sondern notwendig, denn die Kritik an den politisch Verantwortlichen und ihren Aktionen gehört zur Hygiene eines freiheitlichen Gemeinwesens.

Der hohe Türke will das nicht hinnehmen. Vielleicht hat er ein anderes oder gar kein Verständnis für demokratische Bräuche. Das könnte uns egal sein, wenn er sich nicht in unser Gemeinwesen einmischte. Er will vorschreiben, was in unserem Unterricht passiert. Er muss noch lernen, dass es zum Wesen des Unterrichts in einem demokratischen Staat gehört, sich kritisch (also das Für und Wider benennend) mit der Politik und den dort Agierenden auseinanderzusetzen.

 

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Der Osten und der Westen

Nun gibt es auch noch ein Ost-West-Gefälle zwischen den Schulen. Sachsen, Thüringen und die anderen „neuen“ Bundesländer stecken die „alten“ sowohl in der Mathematik als auch in den Naturwissenschaften schulisch in die Tasche. Nur Bayern kann einigermaßen mithalten. Als Erklärung dieses vom IQB nachgewiesenen Unterschieds bekommen wir den Hinweis, hier mache sich die hohe Qualität der einstigen DDR-Lehrer bemerkbar. Sie seien offenbar besser ausgebildet worden als unsere „West-Lehrer“. Überhaupt sei der Stellenwert von Mathematik und den Naturwissenschaft zu DDR-Zeiten deutlich höher gewesen als „bei uns“ (denen tief im Westen). Das habe sich nach den Wende zum Glück nicht geändert.

Das bedeutet konkret: Der Anteil der Stunden im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich ist in Sachsen deutlich höher als in den Schulen der westlichen Bundesländer. Dafür liegt er im sprachlichen Bereich niedriger – mit der Folge, dass die Ost-Schüler gegenüber denen im Westen in den sprachlichen Fertigkeiten deutlich abfallen.

Nun darf man Deutsch und Englisch nicht gegen Mathematik und Physik ausspielen. Beides ist wichtig. Aber vielleicht muss man hierzulande mal darüber nachdenken, ob man ohne schwerwiegende Folgen die (armen) Schüler immer mehr von Unterrichtsstunden entlasten kann. Mehr Unterricht schlägt sich offenbar in besseren Ergebnissen nieder.

Was in den Berichten über die IQB-Studie zu kurz kommt: Die Westländer haben eine deutlich höheren Anteil an Migranten als die im Osten. Die aber, die neuen Bürger, „sorgen“ leider dafür, dass die Ergebnisse schwächer sind. Könnte man mal – bei so viel mathematischer Kompetenz der Forscher ist das wohl möglich – die Vergleichszahlen unter der Annahme darstellen, dass alle Länder den gleichen Migranten-Anteil haben?

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Wissen oder können

Der in diesen Tagen bekannt gewordene schulische Bundesländervergleich setzt etwas voraus, was in den hierzulande Schulen erst in Ansätzen angekommen ist: die Orientierung des Unterrichts an vorgegebenen Bildungsstandards und die Vermittlung von Kompetenzen. Das klingt furchtbar, ist es aber gar nicht. Denn schließlich kann sich die Schule nicht mit dem Ziel begnügen, die ihr anvertrauten jungen Menschen bilden oder ausbilden zu wollen, sie muss auch verbindliche Maßstäbe (oder eben Standards) haben, an denen sie messen kann, ob sie ihr Ziel erreicht hat.

Mit den Kompetenzen verhält es sich ähnlich. Viele Lehrer beteuern, sie hätten die vorgeschriebenen „Stoffe“ (Lehrinhalte) „behandelt“, „besprochen“ oder „durchgenommen“. Wenn die Schüler trotzdem nichts wüssten, dann seien sie eben faul gewesen. So rutscht die Verantwortung für den Unterrichtserfolg von den Lehrenden zu den Lernenden. Wenn man aber den Erfolg eines Unterrichts daran misst, ob die Schüler das können, was sie können sollen, wird es mit der Schuldzuweisung für das Misslingen schwieriger. Gewiss, es wird immer Schüler geben, bei denen aller Unterricht vergebliche Liebesmüh’ ist. Aber es tut dem Unterricht gut, wenn den Lehrkräften zurückgespiegelt wird, ob ihre Arbeit erfolgreich war, das heißt: ob sie ihr Ziel erreicht haben und die Schüler tatsächlich „etwas“ können.

Nun sagen manche: Das erfahre ich doch bei den Klassenarbeiten. Wer allerdings weiß, welche „saisonalen“ Bemühungen und kurzfristigen Lernanstrengungen (meist am Vortag) die Klassenarbeitsergebnisse abbilden, wird sich über die Aussagekraft dieser Arbeiten keine Illusionen mehr machen. Eine laufende, zielgenaue Überprüfung der Wirkungen des Unterrichts – und das heißt: feststellen, ob die geforderten Kompetenzen erworben wurden – müsste anders aussehen.

(Blog-Eintrag Nr. 193)