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Drei Wahlkämpfende

Das Partizip Präsens mag hier durchgehen, weil das ständige Tun, das es impliziert, bei den drei um die Kanzlerschaft Buhlenden unterstellt werden kann. Sie werden tags und nachts und auch noch in ihren Träumen im Wahlkampfmodus sein. Gestern Abend hatte ein Format Premiere, für das eigens ein neues Wort kreiert wurde: Triell, in Anlehnung an das Duell, von dem die Wörterbücher wissen. Einst bezeichnete es den Kampf um Leben und Tod zwischen zwei (weißen) Männern, die ihre Ehre verteidigten. Im Wahlkampf geht es nicht um die Ehre, sondern um die Zustimmung des Publikums, die sich in Wählerstimmen niederschlägt. Die Trielle sollen suggerieren, dass es am 26. September um die Wahl des Kanzlers oder der Kanzlerin gehe. Das ist nicht ganz zutreffend. Es geht um die Wahl von Parteien, die danach untereinander aushandeln, wer mit wem regieret. Das Regieren ist kein Selbstzweck, sondern dient der Umsetzung politischer Ziele, die dem Wohl des Staates und seiner Bürger dienen. Man sollte also annehmen, dass um besagte Ziele und die Mittel zu ihrer Erreichung gerungen wird. Zum Beispiel um eine gerechte Steuergesetzgebung oder um die Minderung des CO2-Ausstoßes oder um die Beschleunigung der Digitalisierung oder um die Vereinfachung der Verwaltung oder um die Reform des Krankenhauswesens oder um die Rolle der Bundeswehr oder um Europa oder … Laut Grundgesetz bestimmt der Bundeskanzler, er sei weiblich oder männlich oder divers, die Richtlinien der Politik, aber in Wirklichkeit sind es die Parteien und ihre Mandatsträger. Denn sie müssen entscheiden, ob sie dem zustimmen, was ihnen die Regierung vorschlägt. Beim Triell handelt es sich also um eine Fortbildung für potenzielle Abgeordnet*innen, die auf diese Weise erfahren, was ihnen der oder die Richtlinienbestimmer*in zur Verabschiedung vorlegen wird. Der Nutzen für den Wähler oder die Wählerin besteht darin, herauszubringen, wem man/frau die Stimme schenken soll. Vor allem aber dient es der Unterhaltung. Wenn drei sich streiten, freut sich das Wahlvolk.

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Elefantenrunden

Zu den vielen dümmlichen Begriffen unserer Medienwelt gehört der Begriff „Elefantenrunde“. Das soll suggerieren, dass Parteivorsitzende oder Wahlkandidaten große und vor allem dickhäutige Menschen sind. Leider sind sie weder das eine noch das andere, sondern kleinmütig und dünnhäutig – vor allem vor der Wahl. Danach wird die Haut wieder dicker und der Mut wächst wieder. Wenn der Rundfunk (gemeint ist der Südwestrundfunk) eine Wahlkampfsondersendung veranstalten will, ist das seine Entscheidung und eine löbliche dazu. Wen er zu dieser Sendung einlädt, ist ihm überlassen – dachte ich bisher. Aber weit gefehlt: Die Elefanten wollen bestimmen, mit wem sie zusammen auftreten. Die eine will es nur, wenn ein anderer Elefant nicht in der Nähe ist, die andere dagegen fordert genau dies. Leider zeigt sich auch der Rundfunk nicht in Elefantengröße, sondern eher verzagt und ohne dickes Fell. Er versucht sich anzupassen, will den Wünschen der großen – sagen wir es endlich – Parteien (CDU und SPD) entgegenkommen. Haben wir jetzt polnische Zustände? Bestimmen nun auch hier die Parteien, was der Rundfunk zu tun hat? Warum lädt der SWR nicht einfach diejenigen ein, die er einladen will? Warum macht er nicht sein Programm, wie er es für richtig hält? Wenn manche nicht neben Rechtspopulisten sitzen wollen, sollen sie halt wegbleiben. Der Wähler wird sich sein Teil schon denken. Oder hält man es für ausgeschlossen, der AfD in einer solchen Veranstaltung die Stirn zu bieten? Das wäre ein Zeichen großer Schwäche und damit eines Elefanten unwürdig.

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Die Politiker und das Geld

Es geht um 500.000 €, hören wir, und um die Frage, wer sie ihm geliehen hat, dem jetzigen Bundespräsidenten und damaligen Ministerpräsidenten von Niedersachsen. War es der Mann oder die Frau? Wenn er ihm geliehen hat, war es dann eine Bestechung? Wenn sie ihm geliehen hat, war es dann keine? Und was, wenn sie ihm das Geld ihres Gatten als Kredit gab?

Darf ein Politiker in Leitungsfunktion überhaupt einen Privatkredit mit etwas niedrigerem Zinssatz annehmen? Muss er nicht zu einer Bank gehen, wenn er Geld braucht? Zu welcher? Und wenn die Bank ihm auch günstigeren Zins einräumt als anderen, ist das auch ein Bestechungsversuch? Und wann liegt eine Bestechung vor? Wenn jemand aufgrund seines Amtes oder seiner Stellung einen Vorteil hat, also begünstigt wird? Oder erst, wenn er sich im Gegenzug erkenntlich zeigt? Und wie weist man das nach? Genügt die entsprechende Unterstellung?

Es ist ein gutes Zeichen für das Funktionieren der Selbstreinigungskräfte unserer Gesellschaft, dass auch „die Großen“ gelegentlich unter die Lupe genommen werden. Nicht immer also lässt man sie laufen. Aber dennoch beschleicht mich ein ungutes Gefühl bei der Causa Wulff. Warum kommt das alles jetzt auf den Tisch? Was ist daran so bedeutsam, dass es die Medien tagelang aufgeregt traktieren und uns damit von anderen, größeren Problemen ablenken? Da stellt sich eine hin und fordert verklausuliert den Rücktritt des Bundespräsidenten. Sie redet von der Politikverdrossenheit, die er steigere, und verschweigt scheinheilig, dass sie dasselbe Geschäft betreibt.

Darf man an dieser Stelle auch noch ergänzen, dass hier Weichen für die Bundestagswahl 2013 gestellt werden? Der Sturz eines der CDU angehörenden Bundespräsidenten hätte angenehme Folgen für den Wahlkampf der politischen Gegner.