Kategorien
Geschichte Politik

Besonnener Wahlkämpfer

Endlich hat er es geschafft. Scholz, der Chef einer gescheiterten Koalition, ist von seiner Partei erneut zum Kanzler-Kandidaten erkoren worden. Es blieb ihr nichts anderes übrig. Aus dem Munde des oft schweigsamen Politikers hören wir in diesen Tagen oft das Wort „Besonnenheit“. Was er damit sagen will? Vermutlich, dass nur er immer klar im Kopf ist. Die anderen sind in seiner Darstellung eher „unbesonnen“, sprich: leichtsinnig und verantwortungslos. Das Wort bezieht sich bei Scholz auf die militärische Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine. In diesem Punkt war er schon immer besonnen oder – klarer ausgedrückt – zögernd. Eigentlich wollte er gar keine Waffen liefern, aber dann gab er dem Druck nach und stellte mit der Zeit immer schwereres militärisches Gerät zur Verfügung. Sein grüner Koalitionspartner Habeck sagt es so: Die Entscheidungen des Kanzlers kamen immer sehr spät, zu spät. Mit dieser Besonnenheit also will Scholz den Sieg über die Merz-CDU davontragen. Die Taktik ist leider sehr durchschaubar. Die SPD wildert in der Klientel von AfD und BSW. Die wollen mit russlandfreundlichen Parolen Stimmen gewinnen. Das will der besonnene Scholz nun offenbar auch. Vielleicht hat er damit sogar Erfolg. Dass dann die Ukraine auf der Strecke bleiben wird, ist ihm vermutlich vor der Wahl egal. Mir scheint, hier wird mit dem schönen Nomen „Besonnenheit“ eine Politik des Appeasement betrieben. Die ist Ende der 1930er-Jahre schon einmal gescheitert. Aber wer mag sich daran noch erinnern?

Kategorien
Politik

Drei Wahlkämpfende

Das Partizip Präsens mag hier durchgehen, weil das ständige Tun, das es impliziert, bei den drei um die Kanzlerschaft Buhlenden unterstellt werden kann. Sie werden tags und nachts und auch noch in ihren Träumen im Wahlkampfmodus sein. Gestern Abend hatte ein Format Premiere, für das eigens ein neues Wort kreiert wurde: Triell, in Anlehnung an das Duell, von dem die Wörterbücher wissen. Einst bezeichnete es den Kampf um Leben und Tod zwischen zwei (weißen) Männern, die ihre Ehre verteidigten. Im Wahlkampf geht es nicht um die Ehre, sondern um die Zustimmung des Publikums, die sich in Wählerstimmen niederschlägt. Die Trielle sollen suggerieren, dass es am 26. September um die Wahl des Kanzlers oder der Kanzlerin gehe. Das ist nicht ganz zutreffend. Es geht um die Wahl von Parteien, die danach untereinander aushandeln, wer mit wem regieret. Das Regieren ist kein Selbstzweck, sondern dient der Umsetzung politischer Ziele, die dem Wohl des Staates und seiner Bürger dienen. Man sollte also annehmen, dass um besagte Ziele und die Mittel zu ihrer Erreichung gerungen wird. Zum Beispiel um eine gerechte Steuergesetzgebung oder um die Minderung des CO2-Ausstoßes oder um die Beschleunigung der Digitalisierung oder um die Vereinfachung der Verwaltung oder um die Reform des Krankenhauswesens oder um die Rolle der Bundeswehr oder um Europa oder … Laut Grundgesetz bestimmt der Bundeskanzler, er sei weiblich oder männlich oder divers, die Richtlinien der Politik, aber in Wirklichkeit sind es die Parteien und ihre Mandatsträger. Denn sie müssen entscheiden, ob sie dem zustimmen, was ihnen die Regierung vorschlägt. Beim Triell handelt es sich also um eine Fortbildung für potenzielle Abgeordnet*innen, die auf diese Weise erfahren, was ihnen der oder die Richtlinienbestimmer*in zur Verabschiedung vorlegen wird. Der Nutzen für den Wähler oder die Wählerin besteht darin, herauszubringen, wem man/frau die Stimme schenken soll. Vor allem aber dient es der Unterhaltung. Wenn drei sich streiten, freut sich das Wahlvolk.

Kategorien
Politik

Elefantenrunden

Zu den vielen dümmlichen Begriffen unserer Medienwelt gehört der Begriff „Elefantenrunde“. Das soll suggerieren, dass Parteivorsitzende oder Wahlkandidaten große und vor allem dickhäutige Menschen sind. Leider sind sie weder das eine noch das andere, sondern kleinmütig und dünnhäutig – vor allem vor der Wahl. Danach wird die Haut wieder dicker und der Mut wächst wieder. Wenn der Rundfunk (gemeint ist der Südwestrundfunk) eine Wahlkampfsondersendung veranstalten will, ist das seine Entscheidung und eine löbliche dazu. Wen er zu dieser Sendung einlädt, ist ihm überlassen – dachte ich bisher. Aber weit gefehlt: Die Elefanten wollen bestimmen, mit wem sie zusammen auftreten. Die eine will es nur, wenn ein anderer Elefant nicht in der Nähe ist, die andere dagegen fordert genau dies. Leider zeigt sich auch der Rundfunk nicht in Elefantengröße, sondern eher verzagt und ohne dickes Fell. Er versucht sich anzupassen, will den Wünschen der großen – sagen wir es endlich – Parteien (CDU und SPD) entgegenkommen. Haben wir jetzt polnische Zustände? Bestimmen nun auch hier die Parteien, was der Rundfunk zu tun hat? Warum lädt der SWR nicht einfach diejenigen ein, die er einladen will? Warum macht er nicht sein Programm, wie er es für richtig hält? Wenn manche nicht neben Rechtspopulisten sitzen wollen, sollen sie halt wegbleiben. Der Wähler wird sich sein Teil schon denken. Oder hält man es für ausgeschlossen, der AfD in einer solchen Veranstaltung die Stirn zu bieten? Das wäre ein Zeichen großer Schwäche und damit eines Elefanten unwürdig.