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Schäubles Offer-barung

Vielleicht wollte er ihn ja sowieso loshaben, den „Offer“, wie er ihn öffentlich nannte. Und da schien es ihm eine gute Idee zu sein, seinen Sprecher „vorzuführen“. Wie ein Zirkusbär musste der vor den Journalisten tanzen. Die hatten was zu lachen und der Schäuble auch, der lachte sein bekanntes spitzbübisches Lachen.

Nun hat Offer das Handtuch geworfen. Das war auch höchste Zeit nach dieser Demontage vor den Augen Hunderttausender Internetnutzer. Schäuble hat den Rücktritt angenommen, natürlich, er wollte es ja so. Ziel erreicht. Der Missliebige ist weg.

Darf man das als Minister so machen? Darf man in dieser Gehaltsklasse seinen Scherz mit Untergebenen treiben? Gilt für die politische Oberschicht nicht, was jeder andere Vorgesetzte zu achten hat – die Würde seiner Mitarbeiter?

Wahrscheinlich hatte Herr Offer einen Fehler gemacht. Wenn der Chef wünscht, dass Unterlagen verteilt sein müssen, dann müssen sie verteilt sein. Und wenn man es nicht rechtzeitig schafft, muss man dem Chef sagen, dass dem so ist.

Aber als Vorgesetzter darf man einen Mitarbeiter nicht öffentlich abkanzeln. Das macht man unter vier Augen. Und wenn man den Betreffenden loshaben will, sagt man es ihm auch – vertraulich, aber nicht auf öffentlicher Bühne. Offer hat einen Fehler gemacht. Schäuble einen noch größeren.

(Blog-Eintrag Nr. 227)

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Pflichtbewusst oder pflichtwidrig

Der Verdacht stand im Raum und zuzutrauen wäre es ihnen ja allemal, den Lehrern, dass sie während der Dienstzeit gegen Stuttgart 21 demonstrieren. So hat man allenthalben gedacht, wobei man sich unter „man“ zum Beispiel auch einige Medienmenschen vorzustellen hat. Nicht einmal im Regierungspräsidium Stuttgart war man sich seiner Sache sicher und hat daher „sicherheitshalber“ die Schulleiter gebeten, jene Kollegen zu melden, die sich dienstwidrig verhalten und während der Unterrichtszeit an den Demonstrationen im Stuttgarter Schlossgarten teilgenommen haben.

Gemeldet wurde offenbar niemand. Das lässt sich böswillig deuten, zum Beispiel so: Die Schulleiter haben sich vor ihre pflichtwidrig handelnden Kollegen gestellt und deren Verhalten „gedeckt“, vielleicht weil sie den Ärger scheuten oder um Konflikte im Kollegium zu vermeiden. Diese Deutung ist denkbar und zeugt von einer wenig schmeichelhaften Einschätzung der Schulleitungen. Aber bei dem latenten abgrundtiefen Misstrauen gegenüber den „Paukern“ wabert sie bestimmt in manchen Köpfen.

Häckerling sieht es anders. Wie sollte ein Lehrer so dumm sein und sich dienstwidrig verhalten? Er weiß doch, denn er hat es einst im Vorbereitungsdienst, dem Referendariat, gelernt: Beamte haben im Dienst loyal zu sein. Streiken oder die Teilnahme an Demonstrationen während der Arbeitszeit ist nicht erlaubt. Bei Verstößen droht ein Disziplinarverfahren – mit unkalkulierbaren Folgen. Wer will das schon riskieren? Das ist nicht einmal Stuttgart 21 wert.

Wie gut, dass unsere Lehrer in den staatlichen Seminaren nicht nur lernen, wie man unterrichtet und wie man schwierigen Kindern begegnet, sondern dass sie auch bei der 40-stündigen Ausbildung in Schul- und Beamtenrecht aufpassen.

(Blog-Eintrag Nr. 226)

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Zweihundertfünfundzwanzig

Weil ich es mir zum Brauch erhoben habe, sei es auch beim neunten Mal zelebriert: das Selbstlob dafür, dass wieder 25 Blogeinträge geschrieben und ins Netz gestellt worden sind. Das geschieht an einem Tag, der vermutlich weltgeschichtlich einige Bedeutung haben dürfte. In den USA hat der amtierende Präsident seine Mehrheit verloren, und zwar in einem Ausmaß, wie es schon lange nicht mehr passiert ist. Amerika ist gespalten, hören wir, man verweigert sich der Einsicht in die Probleme, die man seit vielen Jahren hat wachsen lassen. Die Aussichten für das Land sind düster. Wir in Deutschland werden – wie immer – unseren Anteil daran zu tragen haben.

Das alles haben in diesen Stunden schon viele gesagt. Wenn es im Häckerling auch steht, dann nur deshalb, weil es den zweiten Satz im ersten Abschnitt begründen soll und nicht etwa deshalb, weil der Schreiber dieses Blogs ein besonders begnadeter, visionärer politischer Kopf wäre. Im Gegenteil. Bei ihm überwiegt die Skepsis gegenüber Visionen. Die hatte auch Obama, und wo sind sie nun geblieben? Jetzt muss er sehen, wie er noch wenig von seinen „messianischen“ Zielen rettet. Er werde nun, sagt man, kleine Brötchen backen. Vielleicht werden die Brötchen zwar klein, aber besonders wohlschmeckend.

Die Amerikaner haben ihren Präsidenten „abgestraft“, weil er es in zwei Jahren nicht geschafft hat, ihre wirtschaftlichen Probleme zu lösen. Die Deutschen wollen die derzeitige Bundesregierung bei den nächsten Wahlen „abstrafen“, obwohl es kaum noch wirtschaftliche Probleme gibt. Es findet sich offenbar immer irgendein Grund, die Regierenden in den Senkel zu stellen. Klar, sie machen ja auch Fehler.

Der Schreiber des Häckerlings macht auch welche, sogar Schreib- und Zeichensetzungsfehler. Er steht mit seinen Texten jeden Tag zur Abstimmung. Seine Leser sind frei, ihn zu lesen oder durch Nichtbeachtung „abzustrafen“. Dass es einige gibt, die Letzteres nicht tun, freut ihn. Und dass einige sogar immer mal wieder einen Kommentar schreiben, freut ihn ganz besonders.

Die Menschheit braucht diesen Blog nicht. Sie braucht ein gutes politisches Regiment. Und wenn sie mal eines hat, sollte sie sich freuen.

(Blog-Eintrag Nr. 225)