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KT und Schule

Es ist unsäglich. Gerade erst hat der Baron zu Guttenberg die überfällige Konsequenz gezogen und die wissenschaftliche Aufarbeitung des Scherbenhaufens ist noch nicht abgeschlossen, da reden sie schon wieder von der alsbaldigen Rückkehr des „Überfliegers“. Nein, er soll im Hangar bleiben.

Die Folgen der Untat des CSU-Politikers für die Wissenschaft sind beträchtlich. Das hat die ZEIT in ihrer letzten Nummer („Die Titelverteidiger“) deutlich herausgestellt. Die Folgen für die Schule ist noch nicht prägnant genug zum Ausdruck gekommen. Was wir schon lange vermutet und nun bestätigt bekommen haben, ist die hohe Täuschungsbereitschaft der Schülerinnen und Schüler. Sie laden herunter, was ihnen gefällt, und geben es ungeniert als ihr geistiges Eigentum aus. Sind die Lehrkräfte zu hilflos oder schlicht unfähig, dies zu unterbinden, oder ist es ihnen egal? Hauptsache, die Zöglinge haben etwas zu präsentieren.

Allmählich sollte auch den hartgesottensten „Inhaltsvertretern“ in der Schule klar werden, dass die Inhalte von Referaten oder Präsentationen aus Schülerkopf nicht den Hauch von Eigenständigkeit haben. Ob die Schüler etwas können, zeigt sich an der Form ihrer Arbeit: Wird sie in verständlicher Sprache ansprechend vorgetragen, ist sie klar gegliedert, auf das Niveau des Publikums, die Mitschüler, ausgerichtet und – vor allem – sind die Fundstellen oder Quellen ehrlich und korrekt angegeben? Bei Nachfragen kann sich dann zeigen, ob sie die Inhalte kapiert haben.

Und wie sollen wir, fragen die Lehrer, etwaige Plagiate erkennen? Indem die Schule sich die entsprechende Software – die gibt es – kauft oder least und das Programm die Arbeit prüft. Das heißt allerdings: Alle diese geistigen Produkte müssen digital abgeliefert werden.

5 Antworten auf „KT und Schule“

Weil Lammert und Schavan Guttenbergs Verhalten öffentlich kritisiert haben. werden sie von ihren Unionsgenossen Mayer und Gutting nun als „parteischädigend“ und „unkameradschaftlich“ beschimpft. Nach Kohlbergs Stufen des moralischen Urteils steht die Gruppenmoral („Richtig ist, was meiner Gruppe nutzt“) allerdings auf der dritten von fünf Stufen und damit eine unter(!) der Gesetzesmoral („Jeder muss sich an die Regeln halten“; Stufe 4). Gesellschaftlich muss das offenbar immer wieder durchdiskutiert werden mit je offenem Ergebnis. Hoffentlich schürt sich in Folge nicht der allgemeine Hass auf geistige Elite, Wissenschaft, Bildung und Intellektualität.

Für die Schule halte ich die Auseinandersetzung jedoch für sehr hilfreich, da das Thema „Umgang mit fremdem geistigen Eigentum“ nun neu in die Aufmerksamkeit geraten ist. Wichtig ist, dass Schüler, Studenten, Lehrkräfte und Lehrerausbilder nicht unter dem überzogenen Anspruch stehen, vieles stets aus sich selbst heraus ganz neu erfinden zu müssen. Zwar ist es schön, eigene Ideen zu haben, und niemand sei daran gehindert, sie zu äußern. Genauso anspruchsvoll und noch dazu historisch erhellend ist jedoch, sich die Mühe zu machen, zu einem Thema das Argumentations- und Bezugsnetz der Kommunikationsgemeinschaft aufzuarbeiten.
„Wir sind Zwerge auf den Schultern von Riesen“, zitierte die Plagiatsforscherin Prof.’ Debora Weber-Wulff dieser Tage Bernhard von Chartres (1135), „und man sollte sagen, auf welchen Riesen man steht.“ – Genauer besehen allerdings, stehen auch viele so genannten „Riesen“ auf Türmen von in Vergessenheit geratenen Zwergen. Die bewusste und unbewusste Täuschung über geistige Eigentümer ist nicht neu und durchaus zweiseitig: so gibt es umgekehrt das Phänomen des Schmückens mit vorgetäuschten Quellen, z.B. Macphersons „Ossian“, mit dessen Realität sich Goethes Werther herumschlagen musste. Vielleicht sollte man die Dissertation Guttenbergs einmal daraufhin überprüfen. Wäre doch witzig, falls man auch eine (versehentlich?) vorgetäuschte Quelle finden würde. Dann könnte Guttenberg mit „Ausgleich“ argumentieren.

Hallo Phönix, Bruder Häckerling und sein Querschläger (ich zitiere: zweiter Absatz, dritte Zeile, viertes Wort) sind wieder da. Mittlerem ein weiter so – mit oder ohne KT.

Erst mal ein “Herzlich Wilkommen zurück”, obwohl ja eigentlich eher wir zurück im Blog sind. Hat sich doch gelohnt, die Hoffnung nicht aufzugeben und alle paar Tage nachzusehen, ob nicht ein Wunder geschieht.
Was Guttenberg angeht, ich mag den Mann, aber zugegeben, für einen Verteidigungsminister hat er sich strategisch unklug und strategisch unfähig gezeigt (auf lange Sicht hätte man besser verstecken können, auf kurze Sicht hätte man sich selbst suspendieren sollen). Was die Schulen angeht, so hinken sie hier einfach der technischen Entwicklung hinterher und da sollte man gegensteuern.

Also ich finde ja nicht, dass die Schulen so wahnsinnig hinterherhinken. Ab Klasse 5 wird darauf geachtet, dass Quellen anzugeben sind. Ich habe es auch schon erlebt, dass man Projekttage ohne Internet auf Bücherbasis veranstaltete, um ein Thema zu erarbeiten. Und bei mündlichen Referaten reicht oft eine einfache Nachfrage, um herauszufinden, wie sehr der Präsentierende sein Thema durchdrungen hat. Schwierig ist nur, wenn man in der Schule vermitteln möchte, wie wichtig es ist, die Quellen anzugeben, und ein Minister tut es nicht. Durch den Rücktritt ist auch den jüngeren Schülerinnen und SChülern klar geworden, dass Plagiat schwer wiegt.

Dass Guttenberg in seiner Dissertation nicht nur fremde Gedanken, sondern desgleichen fremde Zitatangaben als eigne ausgab – mit einem Schreibfehler in einem Namen, was einer Variante der “falschen Quellen” in meinem Beitrag vom 4.3. entspricht – und was es mit der so genannten “Zitteritis” auf sich hat: nämlich die Kaschierung von Einfallslosigkeit und Ängstlichkeit durch “demonstrative Selbstdarstellung eines persönlichen Überblicks wie vom ‘Olympian viewpoint'”, dies zeigt facettenreich der Artikel “Guttenbergs Doktorarbeit – Aufgeplustert bis in die Fußnoten” von Hermann Horstkotte in der heutigen Zeit-online.
Darin auch die interessante Überlegung von Volker Rieble, dass man die von Guttenbergs unzitiert übernommenen Literaturangaben seines Doktorvaters Häberle genau genommen gar nicht als weiteres Plagiat ansehen könne, “‘soweit nicht einmal ein Gedanke entlehnt wird’, sondern eben nur eine Ansammlung verstaubter Titel”.

Siehe den Originalartikel, in dem auch Petrarca sehr schön aus seiner Schrift “Über seine und vieler anderer Unwissenheit” zitiert wird, unter:

http://www.zeit.de/studium/hochschule/2011-03/guttenberg-fussnoten

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