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Die Deutschen und das Säbelrasseln

Es heißt, Deutschland ducke sich weg, wenn es darum gehe, außenpolitische Verantwortung zu übernehmen. Noch schlimmer: Wir würden gar nicht erst gefragt, wenn es um einen „Militärschlag“ gehe. Manche Kommentatoren deuten das als ein Zeichen der Schwäche. Stark ist also nur, wer mit dem Säbel rasselt, wer seine Militärmaschinerie einsetzt, wer am Weltfrieden herumzündelt.

Keine Frage: Der syrische Bürgerkrieg ist furchtbar. Aber es ist ein Bürgerkrieg. Ein sadistisches Regime unterdrückt seine Bevölkerung und überzieht das eigene Land mit grauenhafter Zerstörung. Vielleicht setzt es auch Giftgas ein. Auch die Aufständischen, die Gegner des Regimes, schlagen um sich, töten und zerstören. Was Assad will ist klar: an der Macht bleiben. Was seine Gegner wollen: selber die Macht erringen. So war das schon immer bei Bürgerkriegen. Die Bilder des Elends zu sehen verstört uns andere. Aber ist es richtig, sich einzumischen?

Es gibt aktuelle Beispiele, die ein Nein nahelegen: Afghanistan, Irak. Auch Libyen ist beim besten Willen keine Erfolgsgeschichte. Jugoslawien? Der Balkan ist immer noch kein Hort des Friedens.

Wenn sich Obama selbst unter Zugzwang gesetzt hat, ist das sein Problem. Wenn die Syrien umgebenden Staaten (und sogar die Einwohner von Hellersdorf) unter den Flüchtlingen leiden, muss man ihnen helfen. Wenn die Russen Assad mit Waffen unterstützen, mag man meinetwegen auch der syrischen Opposition welche geben. Wenn bei denen Freiwillige aus alle Welt (wir einst in Griechenland und im letzten Jahrhundert in Spanien) mitkämpfen wollen, mögen sie es tun. Aber Assad für etwas nicht eindeutig Bewiesenes „bestrafen“ und in Wirklichkeit weitere, auch unschuldige Menschen dabei töten? Da ist das Wegducken eigentlich besser.

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Die Presse und der Wahlboykott

Offenbar fällt ihnen nichts Besseres mehr ein: Unsere Journalistenzunft spielt mit dem Thema „Wahlboykott“. Das wäre doch mal was Neues, so der Tenor in den Gazetten, in der ZEIT und heute (am 13.8. – ausgerechnet am Tag des Mauerbaus) auch in der Stuttgarter Zeitung. Man hält das wohl für ein Zeichen der ganz besonderen Art, wenn man einfach nicht zur Wahl geht. Das ist es aber nicht; diese Idee hatten bei den letzten Wahlen schon mehr als genug. Die Beteiligung daran lag zum Teil unter 50%. Nichtwählende Journalisten fänden sich also in guter (oder besser: schlechter) Gesellschaft.

Mir bereitet dieses Gerede vom Nichtwählen heftiges Bauchgrimmen. Als einer, der keine einzige Wahl im letzten halben Jahrhundert versäumt hat, erlaube ich mir zu sagen, dass ich dieses Geschreibsel vom Boykottieren der Wahl für verantwortungslos halte. Und es ist zynisch, wenn gerade jene, die täglich ihren Beitrag dazu leisten, das politische Geschäft abscheulich zu finden, die jede Woche ein anderes Skandalthema auspressen, die sich alle Tage vom hohen Ross herab als die Besseren, Klügeren, Wichtigeren gerieren, wenn ausgerechnet diese Gruppe der sich unantastbar Fühlenden vom Wahlboykott faselt.

Nicht nur, dass sie dadurch die extremen Parteien stärken, nicht nur, dass sie die Tendenz befeuern, dass die Politiker in ihrer Angst vor dem Wähler diesem noch mehr nach dem Munde reden, sie graben sich auch selbst das Wasser ab, weil sie mit dieser Haltung ihr eigenes informatorisches Versagen zugeben.

Man begründet den Wahlboykott gern damit, dass die Politik die großen Themen verdränge und sich um unbequeme Antworten drücke. Wenn das so ist, dann insistiert doch auf euren Fragen! Und wenn ihr mal eine Antwort bekommt, die in euren klugen Augen nicht zureicht, dann bohrt halt nach! Zeitungen, die mir raten, nicht zu wählen, wähle ich ab.

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Der Online-Journalismus und seine Kommentatoren

Den online berichtenden Zeitungen gehört die Zukunft. So sagt man. Wahrscheinlich ist das eine Prognose, deren Richtigkeit sich bald erweisen wird. Ich habe auch nichts dagegen. Wie sollte ich? Schreibe ich doch selber Texte, die sich übers Netz verbreiten sollen.

Nun soll es Menschen geben, die solche Texte sogar lesen, nicht nur die bei NSA und dergleichen. Was diesen oder dieses Blog hier angeht, so kann man die Zahl der nichtgeheimdienstlich organisierten Leserinnen und Leser mit den Fingern einer Hand zählen. Aber die Texte, die unter den großen Namen – oder sagt man hier „labels“? – laufen (wie SPIEGEL, ZEIT, FAZ), haben Unmengen von Lesern. Das sieht man unter den betreffenden Artikeln. Da stehen jede Menge Kommentare. Sie kommen offenbar im Minutentakt bei den Redaktionen an und werden „zeitnah“ (ich erlaube mir dieses Adverbial auch einmal) publiziert. Meistens sind sie trotz der journalistischen Vorsichtung gespickt mit allerlei Fehlern. Geschenkt. Zur redaktionellen „Kontrolle“ gehört offenbar nur der Blick auf die politische Korrektheit, nicht die orthografische.

Mein Problem: Woher nehmen diese vielen kommentierenden Menschen die Zeit, ständig im Internet zu schreiben? Sind das alles Rentner oder Arbeitslose? Da müssen doch auch ein paar in der Berufswelt Aktive darunter sein. Tippen die so ganz nebenbei ihre Kommentare, während sie mit einem halben Ohr den Rednern ihres Meetings lauschen?

Daraus ergibt sich die Frage: Gibt es schon Studien über den volkswirtschaftlichen Schaden dieses Online-Kommentierverhaltens? Was sagen die Rechnungshöfe dazu oder die Kontroller?