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Koalitionssprache 2

Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Arbeitslosigkeit, Staatsverschuldung, demografischer Wandel und der Veränderungsdruck der Globalisierung verlangen große politische Anstrengungen, um heutigen und künftigen Generationen ein Leben in Wohlstand zu sichern. CDU, CSU und SPD stellen sich diesen Aufgaben. In gemeinsamer Verantwortung wollen wir das Land voranbringen. Wir werden unsere parlamentarische Mehrheit für strukturelle Reformen in Deutschland nutzen, Mut machen zur Anstrengung und das Vertrauen der Menschen in die Zukunftsfähigkeit des Landes stärken.

Auf den syntaktischen Unfall des ersten Satz folgt die politische Willenserklärung der drei Regierungsparteien. Sie stellen sich „diesen Aufgaben“. Gemeint sind die großen politischen „Anstrengungen“ des Satzes davor. Die drei möchten das Land „voranbringen“, und zwar „in gemeinsamer Verantwortung“. Das klingt so, als ob man künftigen Streitigkeiten schon mal vorbeugen wollte. Klar ist der nächste Satz: Nicht bloß Reformen sind angesagt, sondern „strukturelle“, also solche, die das System verändern. Hier spürt man den angekündigten „Politikwechsel“ der Sozialdemokraten.

Die beiden letzten Aussagen wirken dann wie angeklebt: „Mut machen zur Anstrengung“, hier jetzt wohl die der Bürger, nicht wie oben die der Regierung. Zwei Mal das gleiche Wort in einem Absatz, das bedeutet wohl: Die nächsten vier Jahre werden anstrengend. Wieso man dazu „Mut“ braucht, verstehe ich nicht. Bisher dachte ich, zur Anstrengung gehöre die nur die Bereitschaft.

Am Schluss wird gefaselt. Man will „das Vertrauen der Menschen in die Zukunftsfähigkeit des Landes stärken.“ Bisher dachte ich, dass die Zukunft sowieso kommt und es dazu keiner Fähigkeit bedarf. Eigentlich hätte es genügt zu sagen, man wolle das Vertrauen in die Zukunft stärken. Aber an der „vertrauensvollen Bereitschaft zu zukunftsorientiertem Wortgeklingel“ (klingt gut – oder?) fehlt es diesen Koalitionären offenbar nicht.

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Koalitionssprache 1

Deutschland steht vor großen Herausforderungen: Arbeitslosigkeit, Staatsverschuldung, demografischer Wandel und der Veränderungsdruck der Globalisierung verlangen große politische Anstrengungen, um heutigen und künftigen Generationen ein Leben in Wohlstand zu sichern. CDU, CSU und SPD stellen sich diesen Aufgaben. In gemeinsamer Verantwortung wollen wir das Land voranbringen. Wir werden unsere parlamentarische Mehrheit für strukturelle Reformen in Deutschland nutzen, Mut machen zur Anstrengung und das Vertrauen der Menschen in die Zukunftsfähigkeit des Landes stärken.

So beginnt die mir vorliegende Fassung des schwarz-roten Koalitionsvertrags – es gibt deren offenbar mehrere. Dieser erste Satz stellt mich grammatisch vor große Herausforderungen. Das Subjekt vor dem Doppelpunkt ist „Deutschland“, das des Satzes hinter dem Doppelpunkt ist eine Reihung (Arbeitslosigkeit, Staatsverschuldung usw.). Diese Aufzählung soll das Wort „Herausforderungen“ vor dem Doppelpunkt beschreiben. Klar, dass den „großen Herausforderungen“ vor dem Doppelpunkt auch „große Anstrengungen“ dahinter entsprechen müssen. Und warum diese Angestrengtheit? Um den Wohlstand zu sichern. Wer sichert den Wohlstand? Offenbar sollen es die „Anstrengungen“ sein, die aber sind hier das Akkusativ-Objekt. Nun ist aber nach gängiger grammatischer Lehre der Träger der Handlung eines um-zu-Gefüges das Subjekt des Hauptsatzes. Das wären hier „Arbeitslosigkeit, Staatverschuldung“ usw. Die aber sichern den Wohlstand nicht. Wie kann man einen Text so verquer beginnen?

Als Deutschlehrer müsste ich den ersten Satz anstreichen und mit einem Gr versehen, als Staatsbürger sehe ich in ihm ein schlechtes Omen für die große Koalition.

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Kulturbildung

Kulturelle Bildung erschließt neue Welten und trägt maßgeblich zur Persönlichkeitsbildung bei. Alle Kinder und Jugendlichen müssen deshalb Zugang zu kultureller Bildung haben. Mit dem Programm ‚Kultur macht stark‘ leisten wir einen Beitrag dazu, dass kulturelle Bildung in der Breite ankommt.

Diese Sätze stehen im schwarz-roten Koalitionsvertrag am Beginn des Abschnitts „Allgemeine Bildung“. Anschließend ist von der politischen, der MINT-Bildung und der digitalen Bildung die Rede. Was ist mit der „kulturellen Bildung“ gemeint? Wohl nicht nur Lesen und Schreiben, sondern vielleicht die Künste, also Theater, Film, Malerei, Musik und dergleichen.

Das in diesem Sinne Kulturelle fördere, so die Meinung der Großkoalitionäre, die Persönlichkeit und erweitere den Horizont. Vor allem mache das Kulturelle „stark“, wobei nicht klar wird, welche Art von Stärke gemeint ist – Körperkraft, Seelenstärke oder Charakterstärke? Mit einem „Programm“ soll das Kulturelle „in der Breite“ ankommen. Das tut es offenbar derzeit nicht.

Das politische Ziel: Alle Kinder sollen “kulturell” gebildet werden. Wer sorgt dafür? Eine neue Behörde in Berlin? Die Vereine? Eine Stiftung? Die Volkshochschule? Mein Vorschlag: den Auftrag bei der Institution belassen, die schon immer fürs kulturelle Fördern der Kinder und Jugendlichen zuständig war, der Schule. Dort sollte man wieder gründlich Lesen und Schreiben lernen. Diese „Kulturtechniken“ sind die wichtigsten Zugangsinstrumente zur (nicht nur) kulturellen Bildung. Dort, in der Schule, sollten wieder Musik und Kunst eine bedeutendere Rolle spielen dürfen. Dort sollte man mehr Geld haben, um mit den Kindern ins Theater, Museum oder den Konzertsaal zu gehen. Dann würden sich wieder mehr Kindern „neue Welten“ erschließen. Auch ihre Persönlichkeit könnte sich bilden. Und vielleicht würden sie sogar stärker.