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Zugehörigkeit

Nun, nach Wulff und der Kanzlerin, sagt es auch Kretschmann, dass der Islam zu Deutschland gehöre. Was wollen sie damit ausdrücken? Auf den ersten Blick etwas völlig Banales. Zu Deutschland gehören Rhein und Elbe, der Schwarzwald und der Bodensee, Bayern München und Werder Bremen, CDU und SPD, Christen, Juden und Muslime. „Gehören zu“ bedeutet „Teil sein von etwas“. Zu einer normalen Wohnung gehört ein Bad, zu einem Auto eine funktionierende Bremse, zu einem Fest ein gutes Essen.

Warum also die Aufregung über den Islam-Satz? Offenbar sieht man in ihm mehr, als er zum Ausdruck bringt. Er impliziert für manche die Aussage, dass der Islam ein Teil der deutschen Identität sei, dass er zu unserer religiösen und politischen Grundausstattung gehöre wie das Christentum, die Demokratie und die im Grundgesetz verankerten Menschenrechte. Damit aber hakt es. In der Verfassung des Landes Baden-Württemberg wird zwar das Christentum genannt, aber nicht der Islam, nicht das Judentum und auch nicht der Atheismus. Aber es gibt diese Religionen bei uns. Sie genießen den besonderen Schutz der Verfassung, sie sind zu tolerieren, zu achten, zu schützen. Sollen sie auch in die Verfassung aufgenommen werden? Es sieht so aus, als näherten wir uns einer großen Koalition für die Erweiterung und Umformulierung des Grundgesetzes und der Länderverfassungen. Das Vorgeplänkel dazu findet bereits statt.

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Alltagskompetenz

Eine Gymnasiastin hat sich auf Twitter beklagt, dass sie zwar Gedichte interpretieren könne – in vier Sprachen sogar (Glückwunsch!) –, aber keine Ahnung von den Finanzen habe, nichts von Steuern wisse und auch sonst im Praktischen ziemlich unbedarft sei. Da regt sich in einem alten Lehrer Mitleid und Ärger. Die Ahnungslosigkeit mancher Schülerinnen und Schüler beim Ausfüllen von Formularen und anderen Alltäglichkeiten hat eine lange Tradition. Sie ist eine Folge der Schonung, die man ihnen von allen Seiten angedeihen lässt, daran, dass Ihnen vieles von dem abgenommen wird, was sie lernen würden, wenn sie es denn tun müssten.

Um es klar auszudrücken: Die Vermittlung alltagspraktischer Fähigkeiten ist, meiner Überzeugung nach, nicht die Aufgabe der Schule. Von Gymnasiasten, die sich selbst beigebracht haben, komplizierte technische Geräte zu bedienen, die modische Sonderangebote wahrzunehmen verstehen, die sich in verschiedenen Sprachen ein alkoholisches Getränk bestellen und sogar ohne fremde Hilfe twittern können, von denen kann, ja muss man verlangen, dass sie sich die im realen Leben benötigten Fertigkeiten selbst aneignen.

Die Aufgabe besteht schlicht darin, diesen oft so begabten jungen Menschen mehr abzuverlangen. Wenn ihnen die Lehrer den Kauf der Lektüre für den Unterricht abnehmen, wenn die Mütter für sie die Schreibwaren besorgen, wenn die Väter ihnen nichts über die Krankenkasse sagen, wenn sie kein Essen vorbereiten, kein Geschirr abspülen, keinen Automaten bedienen, kein Konto führen müssen (usw.), dann darf man sich über ihr praktisches Unvermögen nicht wundern.

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Islamisches

Das neue Jahr beginnt wie das alte, mit der Mahnung, den guten und den bösen Islam auseinander zu halten. Keine Frage, die meisten Muslime sind liebe, normale Menschen, fromme oder auch weniger fromme, die niemandem etwas antun wollen. Wir kennen einige, reden also nicht wie die in Dresden von einem Konstrukt, sondern von realen Menschen muslimischer Religionszugehörigkeit. Solche gibt es in unserer Stadt reichlich.

Nun ist es aber leider so, dass es einen Terrorismus gibt, der sich auf seinen muslimischen Glauben beruft, auf den Koran, den Propheten oder seine Nachfolger, und in diesem Geiste jene tötet, die nicht ins Schema passen, in Afrika, Asien, im Nahen Osten und jüngst in Frankreich. Sprachlich behelfen wir uns bei der Einordnung dieses Phänomens, dass wir es nicht Islam, sondern Islamismus nennen. Wörter mit dem Baustein „-ismus“ haben oft einen negativen Beigeschmack: Feudalismus, Egoismus, Fanatismus … So haben wir das Negative, das Übertriebene, vom normalen Maß Abweichende schon im Wort enthalten. Islam ist gut, Islamismus ist schlecht. Das Dumme ist nur, das erste Wort ist im zweiten enthalten. Es gibt also doch einen Zusammenhang. Aber welchen?

Darüber sollten wir mal offen diskutieren und uns nicht mit der bloßen Zweiteilung begnügen. Wie kann aus einer Religion, die durchaus Wertvolles in sich birgt, eine Gewaltideologie werden? Vielleicht wäre es gut, sich an die Prozesse zu erinnern, die einst aus Christen brutale Schlächter werden ließen. Welche Faktoren waren da mächtig? Der Erste Weltkrieg bietet dazu Anschauungsmaterial, aber auch der Dreißigjährige Krieg oder die Kreuzzüge könnten die Mechanismen zeigen.