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Schwimmverweigerung

Zu den Pflichten, die der Staat dem Einzelnen aufbürden darf, gehört die Schulbesuchspflicht. Sie hat den Sinn, Kindern und Jugendlichen auch gegen den Willen ihrer Eltern und nicht selten auch gegen ihre eigene Neigung eine Ausbildung zuteilwerden zu lassen. Sie sollen Lesen und Schreiben, Rechnen und Denken lernen sowie einen Grundstock an Kenntnissen und Fertigkeiten erwerben. Auch Musik, Kunst und Sport gehören zum Programm des Schulunterrichts. Im Sport werden die körperlichen Kräfte und Möglichkeiten gefördert. Man muss dort springen, hüpfen, laufen, werfen – und schwimmen. Viele muslimische Eltern verbieten ihren Töchtern die Teilnahme am Schwimmunterricht. Sie berufen sich dabei auf religiöse Vorschriften. Dem hat die Schulverwaltung Rechnung getragen. Sie erlaubt das Anlegen eines Ganzkörperbadeanzugs. Anders ausgedrückt: Wer nicht in der üblichen Schwimmkleidung in die Badeanstalt will, soll dies im „Burkini“ tun. Trotzdem verweigern manche Maiden, so war zu lesen, immer noch die Teilnahme am Schwimmunterricht. Sie möchten lieber eine Sechs im Schwimmen. Die bekommen sie auch, und zwar wegen „Leistungsverweigerung“. Aber was bekommen sie für die Nichtteilnahme am Unterricht? Der Schulbesuch kann durch Strafen (§ 90 Schulgesetz) erzwungen werden, notfalls auch durch die Verhängung eines Bußgeldes. Zwang gegen Migrantinnen? Traut man sich das? Ich fürchte nein. Man könnte ja Ärger bekommen. Lieber lässt man sich als Schule, als Staat „vorführen“. Die Auswirkungen dieser Zurückhaltung auf die Nichtmuslime hat man offenbar nicht im Blick. Die könnten es künftig mit der Schulbesuchspflicht auch nicht mehr so ernst nehmen und auf die Toleranz gegenüber Musliminnen verweisen. Ob das dem Schul- und Gesellschaftsfrieden auf Dauer dienlich ist, wage ich zu bezweifeln.

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Schuldzuweiser

Es ist immer gut, wenn man jemanden hat, dem man die Schuld an der eigenen Misere zuschieben kann. Im Kampf um die Deutungshoheit in der griechische Affäre haben sowohl die Hellenen als auch die Philhellenen endlich den gefunden, der sich als Sündenbock eignet. Es ist der Schäuble, den Tsipras gerne „Herr Dr. Schäuble“ nennt. Hierzulande sind es die Linken, die Grünen und die Roten, die in ihm den Missetäter erkannt haben und nun beim Wähler punkten wollen, indem sie auf ihn eindreschen. Die mediterrane Welt und auch die lieben Franzosen tun gerade so, als sei der Grexit nie ein Thema gewesen und es geradezu unanständig, darüber (öffentlich) nachzudenken. Ob Schäubles Plan ein taktischer war oder ob es sich um eine diplomatische Ungeschicklichkeit handelt, er hat es jedenfalls geschafft, dass die Griechenversteher und Deutschlandhasser endlich aus ihrer Ecke kommen. Ein Luxemburger Minister drückt es heute in der Zeitung vornehmer, aber dennoch deutlich aus: Die Deutschen sind doch so furchtbar mächtig, das müssen sie nicht auch noch zeigen. Wieder einmal bestätigt sich das Klischee, dass der wohlhabende Onkel sich als Objekt der Abneigung ganz besonders gut eignet. Und nun, was tun? Sollen wir beleidigt sein? Sollen wir noch großzügiger als Geldgeber agieren? Sollen wir uns darüber aufregen, dass man unsere Waren boykottieren will? Nein. Es genügt, dass wir uns klar machen, wie dünn die Eisschicht ist, auf der wir uns bewegen. Wir werden noch Jahrzehnte damit leben müssen, dass sich die Welt an die nationalsozialistischen Untaten erinnert. Die Rolle als Liebling der Weltgemeinschaft ist Deutschland verwehrt. Aber es gibt Schlimmeres.

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Aufmerksamkeitsdilemma

Es gibt diverse ungute Aspekte des griechischen Schauspiels. Einer ist, dass es die Aufmerksamkeit auf sich zieht und vieles überdeckt, ja zudeckt, was auch wichtig, nein wichtiger ist. TV-Sondersendungen rücken das Griechen-Theater in den Vordergrund und machen damit den Medienkonsumenten so verrückt, dass er den Durchblick vollends verliert und den Blick von dem abzieht, was ihn auch interessieren sollte. International relevant ist der globale Terror mit seinen Folgen für die Bewohner vieler Staaten. Gestern war zu hören, dass ein Zehntel aller Kinder unter Kriegs- und Gewaltbedingungen aufwachsen. Welche Folgen das haben wird, wenn diese Kinder selbst kriegsfähig sind, kann man nur dumpf ahnen. Es gebe derzeit, so heißt es, mehr Flüchtlinge als nach dem Zweiten Weltkrieg. Diese Menschen kommen auch zu uns und sind, wie man sieht, nicht überall willkommen. Die Herausforderungen dieser globalen Katastrophe sind überhaupt noch nicht bewältigt. Und dass der Terror uns immer näher auf die Pelle rückt, das wird uns erst aufregen, wenn er in der Nähe zugeschlagen hat. Vielleicht rückt ja die anstehende Hitzewelle ein anderes zugedecktes Thema wieder in den Blick, den Klimawandel und seine Folgen. Von den weltweit notwendigen Beschlüssen und Maßnahmen, ihn im Zaum zu halten, möchte ich gar nicht erst reden. Die lassen seit Jahrzehnten auf sich warten. Das Thema „Schutz der persönlichen Lebenssphäre vor Ausspähung“ scheint uns hier so gut wie nicht zu interessieren. Wie vieles andere auch nicht. Wir haben ja die Griechen. Die lenken uns von vielem ab.