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Schuldzuweiser

Es ist immer gut, wenn man jemanden hat, dem man die Schuld an der eigenen Misere zuschieben kann. Im Kampf um die Deutungshoheit in der griechische Affäre haben sowohl die Hellenen als auch die Philhellenen endlich den gefunden, der sich als Sündenbock eignet. Es ist der Schäuble, den Tsipras gerne „Herr Dr. Schäuble“ nennt. Hierzulande sind es die Linken, die Grünen und die Roten, die in ihm den Missetäter erkannt haben und nun beim Wähler punkten wollen, indem sie auf ihn eindreschen. Die mediterrane Welt und auch die lieben Franzosen tun gerade so, als sei der Grexit nie ein Thema gewesen und es geradezu unanständig, darüber (öffentlich) nachzudenken. Ob Schäubles Plan ein taktischer war oder ob es sich um eine diplomatische Ungeschicklichkeit handelt, er hat es jedenfalls geschafft, dass die Griechenversteher und Deutschlandhasser endlich aus ihrer Ecke kommen. Ein Luxemburger Minister drückt es heute in der Zeitung vornehmer, aber dennoch deutlich aus: Die Deutschen sind doch so furchtbar mächtig, das müssen sie nicht auch noch zeigen. Wieder einmal bestätigt sich das Klischee, dass der wohlhabende Onkel sich als Objekt der Abneigung ganz besonders gut eignet. Und nun, was tun? Sollen wir beleidigt sein? Sollen wir noch großzügiger als Geldgeber agieren? Sollen wir uns darüber aufregen, dass man unsere Waren boykottieren will? Nein. Es genügt, dass wir uns klar machen, wie dünn die Eisschicht ist, auf der wir uns bewegen. Wir werden noch Jahrzehnte damit leben müssen, dass sich die Welt an die nationalsozialistischen Untaten erinnert. Die Rolle als Liebling der Weltgemeinschaft ist Deutschland verwehrt. Aber es gibt Schlimmeres.

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