Diesmal hat es die Realschulen erwischt. Eine Schule hat – vermutlich macht sie das seit Jahren so – die versiegelten Aufgaben für die Prüfung in Deutsch nach der Abholung beim Regierungspräsidium nicht, wie vorgeschrieben, unverzüglich in den Schultresor gelegt, sondern sie bei einer Lehrkraft oder mehreren Lehrkräften zu Hause deponiert. Diese hat oder sie haben den versiegelten Umschlag geöffnet und sich über die Aufgaben gebeugt. Vielleicht konnte sie oder konnten sie ihren nervös der Prüfung entgegenfiebernden Schülerinnen und Schülern noch einen kleinen Tipp geben. Einer solchen Versuchung kann man/frau als guter Lehrmensch, der sich dem Wohl seiner Zöglinge verpflichtet fühlt, schon mal erliegen. Als (es war vor vielen Jahren) die sog. „Vergleichsarbeiten“ noch mit Note ins Zeugnis eingegangen sind, war dieser Brauch dem Vernehmen nach gang und gäbe. Die Aufgaben sollten zwar geheim bleiben, waren aber leicht zugänglich. Ihre frühzeitige Wahrnehmung konnte den Lehrenden die Chance bieten, die Chancen ihrer Zöglinge zu verbessern. Die Schulaufsicht hat damals nicht eingegriffen. Vermutlich war man ganz froh, wenn die baden-württembergischen Schulkinder gut abgeschnitten haben. Man darf annehmen, dass die Realschule in Urach nicht die einzige Sünderin beim Prüfungsgeschäft ist. Sie hat wohl nur das Pech, entdeckt worden zu sein. Die Schulverwaltung kann nun entweder ein Exempel statuieren – das Beamtenrecht bietet da einige Möglichkeiten – oder sich in liebevoller Nachsicht üben – und damit Nachahmer ermutigen. Ich nenne das Korruption von oben.
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