In zwei Bereichen kann man den baden-württembergischen Abiturienten des Jahrgangs 2018 die Reife schon mal zuerkennen: im Jammern und in der Nutzung von Online-Petitionen. Das schriftliche Abitur in Englisch sei zu schwer gewesen. Nicht den üblichen Sachtext habe man ihnen vorgelegt, sondern einen lyrischen. Darauf habe man sich nicht vorbereitet. Da fragt sich Häckerling, ob in der gymnasialen Ausbildung Lyrisches überhaupt nicht vorkommt, nicht im Englischen, nicht im Deutschunterricht, der „Umgang“ damit also tatsächlich eine Zumutung darstellt. Eine im Reifeprozess befindliche Petitionistin beklagt, sie habe so viele „Worte“ nachschlagen müssen. Abgesehen davon, dass es sich wahrscheinlich um Wörter gehandelt hat, frage ich mich, was am Nachschlagen so schlimm ist. Ganz früher musste man Prüfungen ganz ohne die Hilfe von Wörterbüchern absolvieren. Aber in dieser in der Tat grauen Vorzeit hatte das Abitur noch einen hohen Anspruch. Das Ministerium hat die Petition zurückgewiesen. Es verweist darauf, dass in Mecklenburg-Vorpommern der gleiche Text verwendet worden sei, ohne Proteste. Aber die Vorpommern liegen ja auch im Schulranking deutlich (sechs Plätze) vor den Württembergischen. Ein zweiter Hinweis des Ministeriums: der Text sei vom IQB empfohlen worden, also jener Institution, die sich um die Messung der Qualität von Deutschlands Schulen kümmert. Mein Vorschlag: BW sollte aus dieser Qualitätsbeobachtung austreten und seinen eigenen Schulweg gehen. Falls der ins Abseits führt, kann man immer noch überlegen, wie man sich dem Mainstream der Unterrichtsqualität wieder angleicht.
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