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Durchschnittliche Schulergebnisse

Wieder einmal durften wir eine Art Ranking der Schüler- und Schülerinnenleistungen lesen und wieder heißt die Botschaft: nur Durchschnitt. Der propagierte Aufschwung des Schulsystems lässt auf sich warten, wir verharren weiter im Mittelmaß, nicht zuletzt in Baden-Württemberg. Es wiederholen sich die sattsam bekannten Prozentsätze bei den Neuntklässlern. In der Mathematik geht es nicht voran. Im Fach Deutsch erst recht nicht. Die Schuldigen sind ausgemacht: die Flüchtlinge und Migranten, die mit prekärer Lebenssituation, die Verwöhnten. Sie werden und werden nicht besser. Und wie steht es mit denen, die vor den Klassen stehen, den Lehrerinnen und Lehrern? Haben Sie in den letzten Jahren Fortschritte gemacht? Haben Sie endlich gelernt, wie man mit unterschiedlichen Lernern umgeht? Hat sich etwas an den Grundschulempfehlungen getan? Vielleicht geschieht ja alles Gute im Verborgenen. Dumm nur, dass in der Öffentlichkeit ein irgendwie gearteter Fortschritt nicht zu erkennen ist. Zum Glück sagt niemand mehr den Satz, die Bildung sei unsere einzige Ressource. Wenn dem so wäre, gute Nacht, Deutschland. An aktuellen Bildern fehlt es ja nicht. Eine bleierne Müdigkeit liege auf dem Land. Der Herbstnebel mache die Regierenden lustlos. Entscheidungen würden „auf Eis“ gelegt. Auch Häckerling konstatiert: Wir leben in einer Ankündigungsgesellschaft, in der es schier ewig dauert, bis aus der Verkündigung einer guten Absicht handgreifliche Realität wird. Das gilt nicht nur für Flughäfen und Bahnhöfe, für Eisenbahnen und Straßenbahnen, für Klimarettungen und Digitalpakte, für die soziale Gerechtigkeit und die Bewahrung der Gesellschaft vor ungesunder Ernährung, es gilt auch für die Schulen.

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Thüringer Bratwurst

Was die Thüringer an Sonntag für eine Wurst erzeugt haben, ist mittlerweile bekannt. Sogar, was drin ist: viel Dunkelrot, viel Braun (das lieber blau sein will), auch ordentlich Schwarz, eine Rest Traditionsrot, wenig Grün und noch weniger Geld. Das ergibt ein farbenfrohes Bild und animiert zu allerlei Konstellationen, für die noch Namen gesucht werden. Ein neuer ist R2G, für die doppelrote-grün-gelbe Koalition. Aber ganz besonderen Zuspruch findet eine Art Ost-Großkoalition: die Linke mit der CDU. Apart. Dabei ist die Lösung einfach: Der jetzige Ministerpräsident wird einfach weiterregieren, toleriert und gelegentlich unterstützt von wechselnden Mehrheiten. Das hatten wir noch nicht, das wäre doch den Versuch wert. Warum die Deutschnationalen unter ihrem ausgewiesen faschistisch angehauchten Führer H. auch in Thüringen so viele Stimmen bekommen haben? Darüber darf weiter sinniert werden. Angeblich wegen der Überfremdung, aber im Osten müssen sie laut Statistik Migranten mit der Lupe suchen. Oder ist es DDR-Nostalgie, weil früher einfach alles besser war? Oder Protest, aber wogegen? Gegen den „Ausverkauf“ des ländlichen Raums, die angeblich so niedrigen Renten (wobei die realen Renten höher als im Westen sind), die Löhne, die tatsächlich Westniveau noch nicht erreicht haben (auch die Lebenshaltungskosten haben es allerdings auch noch nicht in westdeutsche Höhen geschafft), die Missachtung ihrer Lebensleistung? Der rätselhafte ostdeutsche Mensch wird uns noch lange beschäftigen. Und seine Bratwurst auch.

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Amerikanische Missbrauchsgeschichte

Misshandlung Schutzbefohlener, dieses Thema treibt unsere Gesellschaft seit Jahren um. Auch in den USA gibt es das, verstärkt durch Rassismus. Das zeigt ein neuer Roman des amerikanischen Erfolgsautors Golson Whitehead (Die Nickel Boys, Verlag Hanser). Er hat das Erziehungsinstitut Nickel zwar erfunden, es aber nach einer tatsächlichen Einrichtung gestaltet. Die Story: Der junge, mittellose Elwood ist per Anhalter unterwegs zu seiner Highschool. Unterwegs nimmt die Polizei den Fahrer fest und auch den jungen Mann, der einfach nur mitfährt. Das Auto war gestohlen. Elwood wird wie ein Mittäter behandelt. Das Gericht weist ihn ins Nickel ein; dort soll er zu einem guten Staatsbürger erzogen werden. Das Nickel ist ein staatliches Heim, in dem Hunderte weißer und vor allem schwarzer Kinder und Jugendlicher unter kläglichen, ja brutalen Bedingungen untergebracht sind. Wer nicht spurt, wird eingesperrt, geschlagen, gefoltert, manchmal auch getötet. Es gibt einen eigenen Friedhof für die toten Boys des Nickel. Die Heimleitung und das Personal sind korrupt, man spart an allem, auch bei der Ernährung. Lebensmittel werden verkauft. Der Erlös wandert in die Hände der Heimaufsicht. Die „Erzieher“ sind Sadisten ohne jedes Mitgefühl. Die Zustände in diesen Heimen wurden bekannt, als vor ein paar Jahren Archäologiestudenten die Leichen gefolterter Insassen ausgruben. Erst dann hat man sich die Heime genauer angesehen. Viel zu spät, um den für ihr ganzes Leben traumatisierten und deformierten Heimbewohnern noch Genugtuung zu verschaffen. Heime wie das Nickel sind ein weiteres dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte.