Die Welt verändert sich und die Schulen verändern sich mit ihr. In ruhigeren Zeiten nannte man des „Schulentwicklung“. Kollegien setzten sich zusammen und entwarfen Konzepte für eine Weiterentwicklung der Aufgaben und Arbeitsweisen der Schule. Welche neuen Unterrichtskonzepte harren der Umsetzung, welche neuen Inhalte fehlen, welche alten sind überflüssig? Welcher Struktur bedarf es, um mit den Veränderungen der Welt in der Schule Schritt zu halten? Man probierte dieses und jenes aus. Man dachte in Schuljahren. Doch dieses gemächliche Verändern fand durch das Virus ein rasches Ende. Nicht die Änderung der materiellen Welt („Industrie 4.0“) erzwingt eine Anpassung des real existierenden Schulwesens. Nicht die Revolution der Arbeitsumwelt wälzt die Bildungswelt um, es ist ein „natürliches Wesen“, das sich aber nicht so leicht domestizieren lässt wie ein Hund oder eine Kuh. Im Umgang mit diesen Haustieren hat die Menschheit seit vielen Jahrtausenden Erfahrungen gesammelt. Bei Viren, diesen Zwittern mit dem unbändigen Überlebenswillen, versagen diese Erfahrungen. Viren kommen einfach über uns. Sie sind da, auch wenn wir sie leugnen. Sie verändern die Welt; sie verändern die Schule. Plötzlich ist die allgemeine Schulbesuchspflicht außer Kraft gesetzt, eine der größten Errungenschaften der modernen Welt. Auf einmal treffen sich keine Gruppen gleichen Jahrgangs mehr in einem Raum, sondern Einzelkinder sitzen zu Hause an „Endgeräten“. Markieren diese „Endgeräte“ das Ende der klassischen Schule? War die Schulklasse nur eine Episode der Neuzeit? Dummerweise hat uns die Pandemie auf zwei falschen Füßen erwischt. Sie offenbarte ratlosen Pädagogen ihre Defizite im Umgang mit „Fernunterricht“; sie machte sichtbar, was längst bekannt war: Die Schulen sind technisch und mehr noch didaktisch nicht im Digitalen angekommen. Kaum jemand hat geübt, was jetzt gekonnt werden muss. Das gemächliche Weiterentwickeln der Schule offenbart sich als fahrlässiges Verschleppen. Nicht, dass man mich falsch versteht: Kinder brauchen Lehrer und Mitschüler. Ohne sie kann der „Erziehungsauftrag“, von dem im Schulgesetz und in der Verfassung die Rede ist, nicht erfüllt werden. Und der „Bildungsauftrag“ auch nicht oder nur nur unzulänglich. Digitale Unterrichtung, Gruppenarbeit, Lehrervortrag, frontaler und sozial aufgelockerter Unterricht, dies und mehr muss in einem schlüssigen Konzept zusammengebunden werden. Wenn sich künftig Kollegien zusammensetzen, haben sie viel Gesprächsstoff – und wenig Zeit.
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