An Klagen und Warnungen der Betroffenen fehlt es nicht. Der kulturelle Kahlschlag trifft jene besonders hart, die spielen, singen, tanzen, schreiben oder vorlesen. Sie haben ein Berufsverbot, dürfen nicht auftreten, können nicht zeigen, was sie können. Es heißt zwar, es gehe nur um den November, aber wer glaubt schon, dass wir im Dezember zu den harmlosen sommerlichen Infektionszahlen zurückgekehrt sein werden? Also gebe ich den Lauterbach: Auch im letzten Monat des Jahres 2020 droht die Aushebelung aller Kulturveranstaltungen. Wie immer, wenn die Politik etwas beschließt, ist es „alternativlos“ und „verhältnismäßig“. Wie soll man sonst, sagen die Verantwortlichen, die Ansteckungen in den Griff bekommen? Aber die Prioritäten sind nur teilweise nachvollziehbar: Schulen und Kitas bleiben in Betrieb (einverstanden), Handwerk und Industrie arbeiten (wohl oder übel, wer soll sonst das viele Geld schöpfen, das der Saat so großzügig verteilt?), den Einzelhandel wollen wir alle nicht missen (wir brauchen Spaghetti und Pizzen, Mehl und Hefe, Gurken und Salami). Geschlossen wurden die Gaststätten – warum eigentlich? Nun speisen die Menschen, einschließlich ihrer Gäste, eben zu Hause, und zwar ohne Abstand. Die Hotels haben zu – Reisen schafft Kontakte, gewiss, aber Menschen, die nicht reisen, sondern zu Hause aufeinander hocken, haben auch Kontakte. Auf die Kultur, so meinen die Entscheider, kann man am ehesten verzichten. Kino? Wir haben doch das Fernsehen. Oper, Theater, Konzerte? Ist sowieso nur für Privilegierte. Lesekreise? Jeder kann doch zu Hause alleine lesen. Zirkus? Dort leiden die Tiere, also verzichtbar. Häckerling findet, dass eine Gesellschaft, die ihre Kultur so behandelt, ihre Existenzberechtigung aufs Spiel setzt. Nicht einmal in den KZ wurde die Kultur ganz gestrichen. Also keine Kontaktbeschränkungen? Doch, aber zielgenauere, die dort ansetzen, wo die Hotspots keimen.
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