Gewiss hat es einen derart warmen Spätoktober auch früher schon gegeben. Die Wetterleute werden ihn in ihren Statistiken ausmachen können. Aber vor dem Hintergrund des Klimawandels mutet eine solche Abweichung nach oben bedrohlich vor. Natürlich hat die Wärme auch ihre Vorteile. Wir verbrauchen weniger Gas und die Speicher können weiter gefüllt werden. Das nährt die Hoffnung, dass wir den Winter einigermaßen überstehen. Aber was handeln wir uns damit ein? Dieser Tage verstörte die Meldung, dass es nicht mehr möglich sein werde, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. 2,5 Grad Erwärmung seien wahrscheinlich. Was das bedeutet, wissen wir längst, wahrhaben wollen wir es allerdings nicht. Befragungen der Bevölkerung haben ergeben, dass inzwischen die Angst vor den Folgen der Inflation, überhaupt die Existenzängste, die Klimasorgen verdrängt haben. Will sagen, aktuelle Notlagen verdrängen die eine große Notlage, die unser Leben auf dem Planeten betrifft. Das macht es der Politik leichter, mit CO2-Vermeidungsbeschlüssen kürzer zu treten. Ein großer Teil der Wählerschar wird es ihnen danken. Aber ist es den Menschen zu verdenken, dass ihre Sorgenkapazität begrenzt ist? Wer besorgt ist, in dessen Kopf hat nicht viel anderes Platz. Wenn die Rente knapp ist, spielen ferne Kriege keine große Rolle. Wenn der Bau des geplanten Eigenheims zu teuer wird, wird das Klima zur Nebensache. Man mag diese menschliche Schwäche beklagen, ändern lässt sie sich kaum.
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