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Schmuddelkinder

Einst sang Franz Josef Degenhardt das Lied von den Schmuddelkindern. Man solle nicht mit ihnen spielen und nicht ihre Lieder singen. Das war natürlich ironisch gemeint. Und wie sollen wir es heute halten? Nachdem die Rechtsalternativen nun im Kleinstaat Mecklenburg-Vorpommern auf den zweiten Platz gekommen sind, stellt sich den politischen Parteien die Frage noch intensiver. Soll man diese Schmuddelkindpartei rechts liegen lassen oder sie ernst nehmen? Soll man ihren Fremdenhass und ihre Islamophobie geißeln oder beides ins eigene Programm übernehmen? Soll man über ihre „alternative“ Deutschtümelei lachen oder sich als die „wahren Deutschen“ präsentieren? Die Afdler seien die Partei der Zukurzgekommenen, heißt es, sie seien die Anti-Merkel-Partei, sie würden die Sorgen der Menschen zur Sprache bringen. Ist der Soli, mit dem man die Länder im Osten seit Jahrzehnten schmiert, wirklich zu dürftig? Wie viel Geld brauchen sie dort eigentlich noch, um endlich ihre Wirtschaft in Gang zu bringen? Wenn wollen sie statt Merkel – das Quartett Gauland-Gauweiler-Petry-Meuthen? Soll man ihnen eine neue, eine bessere („alternative“) Welt ohne Probleme malen, damit sie an ihren (zugegeben schönen) Seen ungestört baden können? Ach ja, man soll dort Urlaub machen. Was für eine grausliche Vorstellung. In einem Stätelein mit 25 % Rechtsgerichteten würde mir der Appetit schon beim Frühstück vergehen. Auch Touristen sind bekanntlich Fremde. Wie unlogisch, wenn sie die haben wollen.

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Gauweilerei

Ein Name, der zu altväterlichem Gebaren verpflichtet, Gauweiler (1), derzeit eine der wichtigen Führergestalten bei der Aefde. „Weiler“, so nennen wir kleine, ländliche Wohnstätten. Das Wort „Gau“ hatte einst, im so genannten „Dritten Reich“, Konjunktur. Stämme und Volksgruppen repräsentierten Gaue als völkisch einheitliche Bereiche. Dem heutigen Gauweiler geht es um eben dies, um das Wohnen in einer von deutschen Einheitsmenschen bevölkerten Region. Dort ist alles überschaubar. Dort leben Leute, die einigermaßen gleich aussehen. Gut wären blondes Haar, weiße Haut, eine üblich geformte Nase, züchtige Kleidung. Gut wäre auch ein heimeliger Dialekt. In diesen Gauweilern werden sexuelle Abweichungen nicht geduldet, nur das Normale ist zulässig. Auch die Familien haben normal zu sein. Die Gedanken sind dort zwar frei, aber es wäre gut, wenn sie schlicht wären, denn alles Komplizierte verwirrt nur. Alles Weltläufige führt die Menschen bekanntlich in die Irre. Die Schwarzen, Roten und Gelben, die Juden und Muslime dürfen gerne so sein, wie sie sind, aber nicht bei uns. Sie gehören dahin, wo der Pfeffer wächst, wo sie (einst) hergekommen sind, nach Afrika, Vorder- oder Hinterasien, in die amerikanischen Reservate oder an den Nordpol. Solche sollen nicht in unserer Nachbarschaft wohnen. Wo kämen wir hin? Das deutsche Wesen könnte dadurch Schaden nehmen. Wir wollen endlich wieder unter uns sein. Nur dann können wir unsere geliebte Engstirnigkeit weiter pflegen, bei Volksfesten, bei Volksmusik- und Trachtenabenden, beim Hocken in Wirtschaften oder unter der Dorflinde.

(1) Er heißt ein wenig anders, ich weiß, aber um der Pointe willen sei er hier so benannt.

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Alternaive

Ein Gespenst geht um in Deutschland, eine Partei, die von sich behauptet, sie sei eine Alternative für Deutschland. Und es gibt offenbar genug Naive, die sie ohne Bedenken wählen. Zugegeben: manche dieser Rechtspopulisten geben sich bieder und leutselig-harmlos. Max Frisch hat in seinem Stück „Biedermann und die Brandstifter“ diesem Typ des Harmlos-Naiven ein Denkmal gesetzt. Herr Biedermann lässt die Brandstifter gewähren, weil er sich erfolgreich einzureden vermag, dass diese Typen doch nichts ernsthaft Böses wollen. Wenn man ihnen freundlich begegnet, dann werden sie ihre Drohungen schon nicht wahr machen. Aber Petry und Co. werden nicht zögern. Unter den AfD-Größen gibt es welche, die mir Angst machen. Die Stuttgarter Zeitung stellt heute (17.3.16) einige vor. Da gibt es die Funktionärin in der Thüringer AfD, die behauptet, in unseren Kitas würden die Kinder sexuell manipuliert, die Presse sei gleichgeschaltet und die Zustände hierzulande überhaupt wesentlich schlimmer als einst in der DDR. Solche Figuren schaffen es, mein Bedauern über die deutsche Einigung zu vergrößern. Was kann man tun, um ihnen ihre geliebte DDR wiederzugeben? Jetzt durchsetzt dieses AfD-Gift auch den Westen. Haben wir denn, frage ich mich, alles vergessen, was diese rechtsradikale Clique einst in Deutschland angerichtet hat? Müssen wir jetzt schon wieder diesen nationalistischen Geifer aushalten? Offenbar. Mit Entsetzen musste ich am Montag lesen, dass im hiesigen Wohngebiet die AfD-Klientel einen Stimmenanteil von sachsen-anhaltinischen Ausmaßen hat. Von allen Seiten umgeben sie uns. In der Tat: Die freie Meinungsäußerung ist in Gefahr. Ich werde es mir künftig zwei Mal überlegen, ob ich meine Stimme erhebe angesichts der rechtsgerichteten Population, die mich umgibt.