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Uneinig – Böblingen und Sindelfingen

Not lehrt beten, heißt es. In Sindelfingen lässt der Mangel an Steuereinnahmen die Idee einer Vereinigung mit Böblingen aufleben. Die soll Geld sparen, sagt deren Oberbürgermeister. Aus dem gleichen Grund, der administrativen Synergieeffekte wegen, wollten die Planer der Gemeindereform schon in den 1970er Jahren die Zusammenlegung der beiden Kommunen. Sie wäre damals durchaus sinnvoll gewesen, ist aber am heftigen Widerstand vieler Einheimischer gescheitert. Die konnten sich ein Zusammengehen „mit denen drüben“ überhaupt nicht vorstellen. Beim Fest der Nichtvereinigung ist damals viel Freibier getrunken worden. Der Jubel der Sieger ist mir noch in unguter Erinnerung. Die Befürworter mussten allerlei Hohn ertragen. Inzwischen war Sindelfingen einmal die reichste Kommune in Deutschland und dann wieder eine der ganz armen.

In den letzten 35 Jahren haben sich die beiden Städte eher auseinander entwickelt. Die Autobahn und die Bahnlinie trennt sie auf die sichtbarste Weise. Die neu entstandenen Siedlungen, das Straßennetz und auch der Nahverkehr haben die Trennung verstärkt. Viel Geld wurde ausgegeben, um das Prestige der je eigenen Stadt zu stärken. Daran leidet man jetzt.

Es gab und gibt zwar Ansätze zu gemeinsamem Handeln, aber sie sind mit einem erheblichen und auch teuren Aufwand verbunden. Das „Gemeinsame Gremium“ der beiden Städte verdient kaum den Namen. Man ist, auch wenn man sich zur Gemeinsamkeit durchringt, politisch schwach. Siehe die unendlichen Verzögerungen bei der S-Bahn nach Renningen. Siehe die kläglichen Erfolge bei der Einhausung (Überdeckelung) der Autobahn. Weder das kulturelle Angebot noch das sportliche sind aufeinander abgestimmt. Und auch die Bebauung ist kein Zeugnis gemeinsamen Gestaltungswillens.

Böblingens Oberbürgermeister kommentiert den Vorschlag des Sindelfinger Kollegen ablehnend. Der wird, vermute ich, Abstand von seiner Idee nehmen, sobald die Einnahmen seiner Stadt wieder steigen. Eine „aus der Not“ geborene Städte-Union hat wenig Aussicht auf Erfolg.

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Unliebsame Langsamkeit 2: ICE-Halt in Böblingen

Sowohl in der lokalen Zeitung als auch in der überregionalen findet man (am 18.07.09) eine kurze Notiz über die Planungen der Deutschen Bahn für einen von der örtlichen Industrie gewünschten Halt des ICE in Böblingen. In beiden Meldungen steht als wörtliches Zitat aus einem Brief des Vorstandsvorsitzenden Rüdiger Grube, den er an den Böblinger Landrat geschrieben hat: „ Wir prüfen weiterhin die Möglichkeit, mittelfristig einen ICE-Halt in Böblingen einzurichten.“ Dies wird in einer Zeitung als „positives Signal“ interpretiert. Aber was sagt uns der Satz? Die Bahn prüft offenbar ständig die Möglichkeit eines Halts. Aber mehr tut sie nicht.

Und wenn der Halt nun möglich wäre, würde er dann, fragen wir uns, tatsächlich eingerichtet? Das wohl nicht. Denn vor Jahren war der Halt möglich und er fand sogar statt; der ICE von Stuttgart nach Zürich hielt in Böblingen. Aber dann wurde der Stopp gestoppt. Offenbar wollte man das bislang Mögliche nun nicht mehr.

Nun wird also „weiterhin geprüft“. Aber erst 2011 wird es, lesen wir, „belastbare Planungen“ geben können. Derzeit sind sie also noch unbelastbar, also wertlos. Es wird sie daher auch nicht geben, diese Planungen, nehme ich an.
Zusammen mit dem anderen Satz ergibt sich die folgende Aussage: Die Bahn prüft zwar ständig die Möglichkeit eines ICE-Halts in Böblingen, aber erst ab 2011 kann sie ihn wirklich prüfen, weil sie erst dann sichere Planungsgrundlagen zur Infrastruktur hat, also zum Beispiel über die Zahl der Gleise und die dann „möglichen“ Abfahrtszeiten.

Jetzt wartet der Zeitungleser auf diesen entscheidenden Satz: „Wenn 2011 die belastbaren Planungen ergeben, dass der Halt in Böblingen möglich ist, dann werden wir ihn 2012 oder 2013 einrichten.“ Aber ein solcher Satz steht nicht im Text.

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Uneinheitliche Anmeldezahlen

Die Übergangszahlen auf die Gymnasien im Kreis Böblingen (vgl. Stuttgarter Zeitung vom 11.05.2009) bergen einige Überraschungen. So hat sich die Zahl der Kinder, die ein Gymnasium besuchen wollen oder sollen und es nach dem Willen der Grundschulen auch dürfen, gegenüber dem Vorjahr noch einmal um 31 erhöht: Dass im neuen Schuljahr vier Klassen (und nicht nur eine Klasse) mehr gebildet werden dürfen, hängt mit dem leicht sinkenden Klassenteiler, vor allem aber mit den Zahlen der einzelnen Schulen zusammen.

Zwei Beispiele: So darf das Otto-Hahn-Gymnasium in Böblingen mit 95 Anmeldungen vier Klassen bilden; früher wären es drei gewesen. Am Schickhardt-Gymnasium in Herrenberg ermöglichen elf Schüler mehr eine weitere Klasse.

Aber es gibt trotz der Zunahme auch auffällige Rückgänge. Das Albert-Einstein-Gymnasium in Leonberg weist 33 Anmeldungen (38,4%) weniger auf. Die Gründe liegen auf der Hand: Es kriselt dort seit Jahren, wie wir aus der Zeitung wissen. So etwas vertreibt die Kundschaft, weil es die Eltern verunsichert.

Am Goldberg-Gymnasium in Sindelfingen (GGS) ist der Rückgang in absoluten Zahlen noch höher: 39 (35,8%). Dort scheint man ob des Einbruchs einigermaßen ratlos zu sein. Der Hinweis auf – möglicherweise unsensible – Abweisungen von Schülern in den letzten Jahren erklärt manches, aber nicht alles. Der erneute Schulleiterwechsel mag ebenfalls eine Rolle spielen. Doch auch er reicht meines Erachtens als Erklärung nicht aus. Schulleitung und Kollegium wären wahrscheinlich gut beraten, sich einer gründlichen Evaluation zu unterziehen. Vielleicht, doch dies ist nur eine Vermutung, kommt hier ein ganzes Bündel von Faktoren zusammen. Zu denen könnten die innere Verfassung, der Stand der schulischen Weiterentwicklung, aber auch das Bild in der Öffentlichkeit gehören.
Der das schreibt, war von 1985 bis 2001 Leiter des GGS und äußert sich daher nicht aus Häme, sondern mit einem Gefühl der Betroffenheit und Besorgnis.