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Rangeleien

Mit diesem Wort, es kommt in dem Bericht der Stuttgarter Zeitung (3.2.14) gleich zweimal vor, werden die Attacken bei den Demonstrationen der Gegner und Befürworter sexueller Vielfalt als Thema im Unterricht bezeichnet. Man denkt spontan an die Kirchenkämpfe im dritten Jahrhundert, als die Vertreter unterschiedlicher Beschreibungen der zwei „Naturen“ Christi gewalttätig aufeinander losgegangen sind – kein Ruhmesblatt in der Geschichte der Alten Kirche.

Was das Demonstrieren angeht, sind wir heute weiter. Niemand hat ernsthaft etwas dagegen, jeder darf eine Demo anleiern, jeder daran teilnehmen. Und die Polizei geht mit, um die Protestierenden zu schützen. Nach den Ereignissen vom Samstag fragt man sich: Müssen sich Menschen mit unterschiedlichen Meinungen „rangeln“? Reicht ihnen die Kraft der Argumente nicht? Halten sie es nicht aus, dass jemand eine andere Position vertritt als sie? Da wünscht man sich doch dringend eine klare Vorgabe für den Bildungsplan 2015: Meinungsunterschiede sind erlaubt und ein Markenzeichne der Demokratie, aber die Position des anderen ist zu tolerieren, die Auseinandersetzung darüber erfolgt mit Hilfe der Sprache und nicht der Fäuste.

Was mich an dem Gerangel um die sexuelle Vielfalt am meisten stört, dass es die wichtigen Hauptfragen an den neuen Bildungsplan überdeckt und verhindert. Fragen wie: Was ist guter Unterricht? Wie kann es gelingen, der Vielfalt der Kinder und ihrer unterschiedlichen Begabungen mit vielfältigen Lernwegen gerecht zu werden? Denn nicht die Heterogenität der sexuellen Anlagen ist das Bildungsproblem Nummer 1, sondern die Heterogenität der Leistungsfähigkeit und Leistungsvoraussetzungen. Leider ist das Papier des Kultusministeriums mit den Vorgaben für die Bildungsplaner bei diesem Thema noch sehr geheim. Wer macht es öffentlich?

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Kranke Demonstranten

In der Stuttgarter Zeitung (vom 20.10.10) lesen wir Bemerkungen eines wütenden Bundesinnenminister. Ihm gefällt es nicht, wie hierzulande mit dem Bahnprojekt umgegangen wird. Unter anderem erregt er sich darüber, dass „Tausende“ von „begüterten“ Eltern ihre 13-jährigen Kinder der Schule als krank gemeldet hätten, um ihnen die Teilnahme an einer Demonstration gegen Stuttgart 21 zu ermöglichen. Ob das tatsächlich so war, vermag Häckerling nicht zu recherchieren, wenn es aber so gewesen sein sollte, ist ein schulrechtlicher Kommentar fällig. Der würde so lauten:

Den Bundesinnenminister geht die Sache eigentlich nichts an. Die korrekte Umsetzung der „Schulbesuchsverordnung“ ist Sache der Schulleiter. Allenfalls können sich das Regierungspräsidium oder die Kultusministerin einmischen, wenn sie den Verdacht rechtswidriger Praktiken haben.

Die Eltern sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder in die Schule gehen. Gibt es einen Verhinderungsgrund (z. B. Krankheit oder familiäre Anlässe), haben die Erziehungsberechtigten ihr Kind „unverzüglich“ zu entschuldigen (bei Krankheit) oder rechtzeitig vorher die Freistellung vom Unterricht zu beantragen (z. B. bei familiären Anlässen). Nur wenn solche Anträge vorliegen, haben der Klassenlehrer (bei einer Freistellung von ein oder zwei Tagen) oder – wenn es um mehr als zwei Tage geht – der Schulleiter darüber zu befinden.

Wenn Eltern behaupten, ihr Kind sei krank gewesen, muss die Schule das (in aller Regel) glauben. Hat das Kind während seiner Erkrankung demonstriert, entsteht ein Problem der Glaubwürdigkeit – der Eltern. Man wird ihnen bei künftigen „Entschuldigungen“ skeptisch begegnen. Die Schule kann hier allenfalls Wahrhaftigkeit anmahnen und an gemeinsame Wertvorstellungen appellieren – oder die Schulverwaltung ändert die entsprechende Verordnung und gibt den Eltern das Recht, ihr Kind auf ihre eigene Verantwortung aus dem Unterricht zu nehmen, wenn sie das für richtig halten.

(Blog-Eintrag Nr. 222)