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Vergleiche

Die politische Rede, die Rede überhaupt, lebt von deutlichen Bildern. Vergleiche spielen dabei eine besondere Rolle. Sie fallen auf, prägen sich ein, reizen zum Widerspruch. Besonders provozierend wirken Vergleiche mit der NS-Zeit. Inzwischen gelten sie nicht mehr opportun. Wer sie verwendet, gerät schnell ins Abseits. Dafür gibt es reichlich Beispiele.

Als Westerwelle die deutschen Verhältnisse mit dem Wort „spätrömische Dekadenz“ bedachte, bezog er ebenfalls heftige Prügel. Viele Kritiker hielten das offenbar für fast genau so schlimm wie einen NS-Vergleich. Was mit dem Vergleich ausgesagt werden sollte, blieb etwas dunkel: das späte Rom, eine Zeit des Niedergangs, des Verfalls von Sitte und Anstand, von sozialer Struktur und politischer Kultur? Und bei uns ist es auch so?

Nun hat sich Kubicki in die Reihe der liberalen Vergleicher eingereiht. Es geht dabei nicht um die deutschen Zustände, nur um die in seiner eigenen Partei. Deren Zustand hat er als desolat bezeichnet und mit der „Spätphase der DDR” verglichen. An der Basis habe die „Auflösung“ bereits begonnen und die Parteiführung sei „abgehoben”, sagte Kubicki. Die Lage der FDP sei fast „aussichtslos“.

Nun fallen alle über den Kubicki her. Vor allem sein DDR-Vergleich löst Empörung aus. Dabei gibt es hierauf nur zwei mögliche Antworten. Entweder hat Kubicki unrecht und die Lage der FDP ist nicht so wie in der zerfallenden DDR, die Führung ist nicht „abgehoben“ und die Basis löst sich nicht auf. Wenn diese Antwort stimmt, dann irren nur die Wähler, die offenbar nicht merken, wie gut die FDP dasteht. Oder – die andere mögliche Antwort – Kubickis Einschätzung stimmt in etwa, dann hat er vielleicht zu den falschen Vergleichen und Metaphern gegriffen, aber ansonsten eine zutreffende Analyse geliefert. Und dann hätten auch die Wähler irgendwie recht.

Häckerlings Vorschlag: Tut alles, dass Kubicki unrecht hat, und tut es so, dass es auch die Wähler merken.

(Blog-Eintrag Nr. 238)

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Gesichtsverluste

Manchmal verliert auch ein Blog sein Gesicht. Da werden neue Versionen des Hintergrundprogramms plötzlich zum Problem, indem der alte Anblick nicht mehr toleriert wird und das Ganze – wie man so sagt – „abstürzt“. Bei diesem Sturz brechen keine Knochen, sondern es brechen die Strebepfeiler zusammen, die das Blog-Gebilde zusammengehalten haben. Das führt zum Gesichtsverlust“ und zur Notwendigkeit eines Face-Liftings.

Kurzum: Nachdem „Häckerling“ eine kleine Weile unsichtbar geworden, also in einer Art schwarzem Loch verschwunden war, ist er nun mit neuem Gesicht „(face“) wieder aufgetaucht, wobei das Gesicht des Schreibers das bekannte alte ist, wenn auch von einem dienstbaren Geist etwas geliftet. Dieses Gesicht bekam mit freundlicher Hilfe einen neuen Rahmen, einen helleren, hoffentlich noch übersichtlicheren.

Was bleibt: Der oder das Blog ist weiterhin bei den Liberalen beheimatet. Zu denen gehört der Schreiber, obwohl das derzeit wieder einmal ein Minderheitenclub ist. Denn auch die FDP hat einiges verloren, ein bisschen am Gesicht, zugegeben, vor allem aber an demoskopisch gemessener Zustimmung. Das hat Gründe, die auch mit dem grünen Höhenflug zu tun haben, der Stuttgarter „Oben-bleiben“-Erfolgsgeschichte und der neuen Freude am Protest über alles und jenes: über länger laufende Atommeiler und kurzlebige Gesundheitsreformen, zu wenig angehobene Hartz-IV-Zahlungen und zu viele misslungene Integrationsversuche, abgeschaffte Wehrpflichten und noch nicht geschaffte Steuerermäßigungen, über zu viel und zu wenig Sparen usw.

Das Wort „Gesichtsverlust“ ist eigentlich falsch. Es geht nur darum, dass Gesichter sich verändern oder auch nur anders gesehen werden. Mit eine bisschen Lifting ist es da allerdings nicht getan. Es kommt auf den Blick an.

(Blog-Eintrag Nr. 221)

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Lehrerstatusspiele

Einen kleinen Aufreger hat die FDP in ihren Freudenstädter Leitantrag zur Bildungspolitik eingebaut. Am 9.10.10 wurde als Punkt 89 beschlossen:

„Bei der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern soll künftig ein stärkeres Gewicht auf der Beruflichkeit liegen. Die fachliche Komponente der Qualifikation sollte dabei separat verwendbar sein, z.B. auch zur Arbeit außerhalb der Schule befähigen. Umgekehrt muss auch in höherem Maße dafür gesorgt werden, dass fachlich ausgewiesenen Personen aus der Wirtschaft der Einstieg in den Lehrerberuf ermöglicht wird. Wir brauchen eine leistungsorientierte Bezahlung von Lehrern, eine höhere Flexibilität bei der Einstellung, auch Teilzeitlehrer und stundenweise Lehrbeauftragte. Bei der Einstellung von Lehrern gilt, dass künftig auf die Verbeamtung verzichtet werden soll.“

Neben dem schönen Wort „Beruflichkeit“, womit man wohl ausdrücken möchte, dass ausgebildete Lehrer auch in anderen Berufen verwendbar sein sollen (was sie schon sind), enthält der Abschnitt ein Plädoyer für Seiteneinsteiger aus der Wirtschaft (die gibt es, aber einfach ist es für sie nicht), für eine „leistungsorientierte Bezahlung“ (und wie soll die Leistung gemessen werden?), für „Flexibilität bei der Einstellung von Lehrern“ (einverstanden), also „Teilzeitlehrer“ (die gibt es reichlich) und „stundenweise Lehrbeauftragte“ (eine merkwürdige Formulierung) – und dann folgt das Hämmerchen: „dass künftig auf die Verbeamtung verzichtet werden soll“.

Und warum? Hier schweigt der Leitantrag beredt. Sind Angestellte billiger? Nein, sind sie nicht, allenfalls im Ruhestand. Sollen die Lehrer künftig streiken dürfen? Dann sagt es doch. Unterrichten Angestellte besser als Beamte? Wohl kaum. Warum dann diese Forderung?

Im Punkt 39 wird bemerkt, dass „Strukturdebatten … wenig hilfreich, meist sogar kontraproduktiv“ seien. Wenn das so ist, liebe FDP, dann lass doch lieber die Finger von dieser Debatte über den Lehrerstatus.

(Blog-Eintrag Nr. 220)