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Elisabeth

Wenn man diesen Namen ins Suchprogramm eingibt, wird man auf Elisabeth von Thüringen hingewiesen und auf Elisabeth Käsemann. Die 30-Jährige wurde 1977 in Argentinien, wo sie studierte, auf der Straße verhaftet, gefoltert und ermordet. Damals herrschte dort eine Militärdiktatur, der ein Menschenleben nichts galt. Rund 30000 wurden ein Opfer dieses brutalen Regimes. Das Land hat sich davon bis heute noch nicht erholt-

Elisabeth K., die Tochter des Theologen Käsemann, einem Neutestamentler, dem ich viel zu verdanken habe, hat sich mit den Gegnern der Diktatur eingelassen. Sie wurde daher als Terroristin eingestuft, obwohl sie nachweislich keinerlei Gewalttaten verübt hat. Auch in Deutschland hat man sie so gesehen, vor allem auf Regierungsebene. Daher unternahm man nichts, um sie zu retten, ein Versagen der deutschen Politik, vor allem der deutschen Außenpolitik und damit auch ihres Chefs H.D. Genscher und seiner Staatssekretärin Hamm-Brücher. Auch wenn man die damalige RAF-Hysterie selbst miterlebt hat und durchaus nachvollziehen kann, so wäre zu erwarten, dass die damals Verantwortlichen wenigstens im Rückblick Verantwortlichen Selbstkritik üben. Sie haben so gut wie nichts unternommen, um die junge Frau zu retten. Man schien mit dem Regime zu paktieren. Leider ist nichts von Bedauern zu vernehmen.

Eine besondere Chance der Rettung von E.K. hätte damals der Deutsche Fußballbund gehabt. Aber man hat geschwiegen, um ein Länderspiel gegen Argentinien in Buenos Aires nicht zu belasten. Dafür lastet dieses Versagen noch heute auf dem deutschen Fußball.

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Fußballschule

Alle vier Jahre ist eine Fußballweltmeisterschaft, dazwischen liegen die Europameisterschaften der gleichen Sportart. Mal fallen die Spiele in die Unterrichtszeit, mal liegen sie so spät am Tag, dass die Kinder eigentlich schon im Bett liegen müssten. „Verantwortungsvolle Politiker“ stellen sich dann die Frage: Welche Rücksicht muss die Schule auf diese und andere Großereignisse nehmen?

Meine Antwort: Das geht die Politik nichts an. Das Zu-Bett-Schicken oder Aufbleiben-Lassen von Kindern ist Sache der Eltern. So regelt es nicht nur das Grundgesetz, das sagt uns auch der gesunde Menschenverstand. Ob und wie man im Unterricht auf solche Ereignisse eingeht und sie in der Planung berücksichtigt, ist Sache der jeweiligen Lehrkraft. Eine Weltmeisterschaft bietet jede Menge aktuelle Unterrichtsanreize. Wer die nicht nutzt, vertut Chancen.

Und das Verlegen oder Streichen von Unterrichtsstunden? Darüber hat die Schulleitung zu befinden. Sie kann, ja sie muss, so verlangt es das Schulgesetz, situationsgerecht reagieren, ob es sich um „hitzefrei“, um Folgen von Gebäudeschäden (Heizung fällt aus, Sturm zerdeppert Fenster, Einbrecher hinterlassen ein Chaos, ein Wasserrohr platzt) oder um sinnvolles Eingehen auf Großereignisse handelt. Belehrende Hinweise der Schulverwaltung oder gar des Ministers sind entbehrlich, ja sie stören nur, weil sie Erwartungen wecken, die dann von den Schulen erfüllt werden müssen. Die immer wieder beschworene „Stärkung der Verantwortung“ der in der Schule Tätigen sieht anders aus.

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Unheilige Religion: Fußball

Das Sonntagsblatt, das keine religiöse Postille, sondern die siebte Ausgabe unserer Tageszeitung ist – Sonntag Aktuell – thematisiert (am 9.8.09) den Fußball und nebenbei auch die Religion, indem sie beides in Beziehung bringt: Fußball sei für viele Menschen wichtiger als die Religion.

Man könnte die Aussage zuspitzen: Fußball ist für viele die Religion, denn mit ihm lebt man am Wochenende auf, von ihm lässt man sich „erfüllen“, über ihn spricht man und erregt man sich, ihn nimmt man wichtiger als vieles andere.
Diese Begeisterung über den Fußball – wie merkwürdig, dass in „Begeisterung“ das Wort „Geist“ vorkommt – müsste bei den Kirchen Neid auslösen. Wenn Kinder Fußball spielen, sind sie voll und ganz bei der Sache, sie geben ihr Bestes, sie werden aus Einzelkämpfern zu Spielern im Team, sie regen sich über einen „Fehlpass“ oder ein böses Foul auf; denn das sind schlimme „Sünden“. Aber sie freuen sich auch über gelungene Spielzüge und gar Tore und loben den Erfolgreichen, umarmen ihn, jubeln gemeinsamüber ihren Erfolg – ein Jubelchor der besonderen Art.

Dieses chorische Verhalten kann man auch in den großen Stadien, beim Profi-Fußball, erleben, und zwar nicht nur auf dem Rasen, sondern vor allenm auf den Rängen. Da finden sich Menschen emotional zusammen, die einander vorher fremd waren: sie schreien, sie leiden, sie freuen sich. Beim Fußball werden viele zu solchen Menschen, die sie in der Kirche eigentlich sein sollten. Dort, auf den Fußballplätzen, wird sogar über Entscheidungen der Obrigkeit, der Schiedsrichter, heftiger diskutiert als in den Kirchen über die Verlautbarungen der Kirchenoberen.

Im Gottesdienst geschieht derlei selten und wenn doch, dann eher verhalten. Ich wünsche der Religion mehr Fußballstimmung.