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Rückwärtsroller

Die SPD macht gerne mal was rückgängig, vor allem im Bildungsbereich. So will man zurück zum neunjährigen Gymnasium, nur weil irgendwelche Schulen es nicht schaffen, den Kinder in acht Jahren das Wesentliche zu vermitteln. Dabei gibt es eine beträchtliche Zahl von Schülern, denen auch G8 zu wenig bietet.

Nun hat man sich eine neue Rolle rückwärts ausgedacht: die Wiedereinführung der Leistungskurse. Die waren einst die Frucht der großen Gymnasialreform der 1970er Jahre. Es gab in der Anfangsphase sehr beliebte LK-Kombinationen, zum Beispiel Biologie und Sport. Allerdings soll man daher sogar in Ägypten erwogen haben, das deutsche Abitur nicht mehr anzuerkennen – wegen seines zu niedrigen Niveaus. Aber vielleicht gehört diese Geschichte ins Reich der Legenden.

Jedenfalls war man im schwarz-gelb regierten Baden-Württemberg durchaus besorgt über die Entwicklung. Die trostlos schlechten Leistungen in den Grundkursen von Deutsch und Mathematik führten dazu, dass man in diesen Fächern die Aufteilung in Grund- und Leistungskurse aufgehoben und sie zu „Kernkompetenzfächern“ ernannt hat.

Nun wollen die baden-württembergischen Sozialdemokraten an dieser Schraube drehen und zur alten Struktur (LK und GK) zurückkehren. Angesichts dieser sinnlosen Nostalgie dreht sich mir nicht nur im Kopf alles Mögliche, sondern auch der Magen um. Es ist zum …

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Turboverlängerung

Das achtjährige Gymnasium, kurz G 8 – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Staatsführertreffen, als die Russen noch dabei sein durften – oder auch „Turboabitur“ genannt, ist auf dem Rückzug. Viele Politiker, Eltern, Lehrer und merkwürdigerweise auch Schüler fänden es schön, wenn die gymnasiale Schulzeit statt der seit Jahren üblichen zwölf künftig 13 Jahre dauern würde. Daher drehen viele Bundesländer das Rad zurück und machen aus G 8 wieder G 9.

Ich bin damit nicht einverstanden. Die Gründe, warum man aus neun Jahren acht gemacht hat, waren: (1) In der DDR waren die acht Jahre immer üblich, viele „neue“ Bundesländer sind beim Alten geblieben. (2) Die westdeutschen Schüler waren im Schnitt deutlich älter als ihre Mitstudierenden aus aller Welt. (3) Das 13. Schuljahr war schon immer kürzer als die vorausgehenden. (5) Es war unergiebig und langweilig und wurde gern durch allerlei Reisen (sog. Studienfahrten)  unterbrochen. (6) Es war von Fehlzeiten (auch wegen der zunehmenden Zahl der Jobbenden) besonders heimgesucht. (6) Das lag auch daran, dass die Lernenden volljährig waren und sich selbst entschuldigen konnten. (7) Man soll heutzutage nicht mehr auf Vorrat lernen, sondern lebenslang. (8) Die Ergebnisse im Abitur waren nach acht Jahren nicht schlechter als nach neun Jahren Gymnasium.

Kurz: Die neunjährige Gymnasialzeit war sinnlos, unnötig und teuer.

Trotzdem will man sie jetzt wieder einführen, obwohl sie Ressourcen verbraucht, die andernorts fehlen, obwohl die deutschen Abiturienten beim Abschluss dann wieder fast 20 Jahre alt sein und das Gymnasium noch schulmüder als eh schon verlassen werden.

Man sage nicht, der Stoff lasse sich nicht in acht Jahren vermitteln. Wer es will, der kann es auch.

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Das Reifezeugnis und die Reife

In den Köcher gegen das achtjährige Gymnasium ist ein neuer Pfeil gelegt worden. Das Argument, mit dem in der Zeitung von heute (17.7.13) gegen das Verlassen der Schule nach 12 Jahren Unterricht geschossen wird, lautet: Die jungen Menschen sind mit 18 noch nicht reif. Sie wissen nichts mit dem gewonnenen Jahr anzufangen, verplempern es. Da wäre es doch besser, sie noch ein Jahr unter der Fuchtel der Schule zu haben.

Nun ist – wie wir schon länger wissen – das Niveau des Abiturs trotz der verkürzten Gymnasialzeit nicht gesunken; jedenfalls können wir das den Ergebnissen des Doppeljahrgangs 2012 entnehmen. Aber was ständig sinkt, ist das Niveau der Auseinandersetzung über G8 und G9. Sind die jungen Leute mit 18 tatsächlich noch nicht reif, obwohl man ihnen das durch das „Zeugnis der Reife“ bescheinigt? Warum erhalten diese Jungspunde den Status der Volljährigkeit? Warum dürfen sie Geschäfte tätigen? Warum lässt man diese Unreifen wählen und Soldat werden? Warum ein Auto fahren? Wenn es stimmt, dass wir nach acht Jahren Gymnasium einen Haufen junger Menschen ins Nirwana der Ziellosigkeit entlassen, dann ist zu fragen, wer diese Generation der Unentschlossenen zu solcher Unmündigkeit erzogen hat.

Könnte es nicht sein, dass man ihnen zu viel abgenommen hat, ihnen zu viele Steine aus dem Weg und zu wenig Herausforderungen in den Weg gelegt hat? Man hat sie behütet und bewahrt und ihnen damit die Chance genommen, erwachsen zu werden.