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Neunjährige Schulzeitgelüste

Jetzt wittern sie wieder Morgenluft, rechnen sich Chancen aus, hoffen auf Änderung, die Fans des neunjährigen Gymnasiums. Sie können nicht genug bekommen vom gymnasialen Unterricht für ihre Kinder, vor allem die erwachsenen unter ihnen. Im Gymnasium müsse man so viel lernen, das sei in acht Jahren nie und nimmer zu schaffen. Dafür brauche man neun, besser sogar zehn Jahre. Eine wissenschaftliche Begründung für diese schulische Wunschfantasie gibt es nicht. Leistungsunterschiede zwischen Acht- und Neunjährigen muss man mit der Lupe suchen. Man wird sie nicht finden. Aber Volljährige in die Schule zu schicken und sie den strengen Anstaltsregeln zu unterwerfen ist barer Unsinn. Das Argument des überquellenden Lernstoffs lässt sich entgegenhalten, dass eine gründliche Überprüfung der Lehrinhalte manches zu Tage fördern würde, was ohne Schaden gestrichen werden kann. Dass 19-Jährige reifer sind als 18-Jährige, bestreite ich nicht. Aber 20-Jährige sind in der Regel noch reifer. Das spräche in der Tat für das zehnjährige Gymnasium. Mein Schlachtruf: Lasst die Finger von diesen G8/G9-Diskussionen. Schaut lieber auf die Finger derjenigen Lehrkräfte, die beim Lehrstoff Spreu und Weizen nicht auseinanderhalten können. Vielleicht reichen sogar sieben Jahre.

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Achterbahn

Dieser Blog hat sich schon mehrere Male mit dem G8-G9-Thema beschäftigt. Es ist Häckerling nachgerade langweilig, immer wieder darauf hinweisen zu müssen, dass dies eine Debatte von vorgestern ist. Den neuerlichen Anlass, sich mit der Sache doch abermals zu beschäftigen, hat das baden-württembergische Kultusministerium geliefert. Es ließ doch tatsächlich die beiden Gymnasialwege vergleichen. Und was kam dabei heraus? Was wir alle schon längst wissen: Der Unterschied ist, wenn man vom Ergebnis ausgeht, minimal. Und auch das oft bemühte Argument, die armen Kursschüler hätten keine Zeit mehr für andere Beschäftigungen, hat sich laut dieser Studie in Luft aufgelöst. Was bleibt also? Dass es einfach schön wäre, länger in die Schule zu gehen? Wir Älteren, die wir als Lehrer jahrzehntelang G9 erlitten haben, können ein Lied davon singen, welche Zeitverschwendung und welche Schulverdruss sich zum Ende aufgebaut hatte. Die längere Zeit wurde nur von wenigen sinnvoll genutzt. Viele volljährige Gymnasiasten hatte Besseres zu tun, als die Schule mit ihrer Anwesenheit zu beehren. Nun weiß also der Kultusminister, warum er es bei 44 G9-Gymnasien belassen will. Aber seine Partei, die SPD, weiß es deshalb noch lange nicht. Ich unterstelle ihr nicht, dass sie mit G9 Wähler gewinnen will, denn mit dieser G-Achterbahn-Fahrt wird sie keinen Erfolg haben. Hakt das Thema ab!

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Politik

Turboverlängerung

Das achtjährige Gymnasium, kurz G 8 – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Staatsführertreffen, als die Russen noch dabei sein durften – oder auch „Turboabitur“ genannt, ist auf dem Rückzug. Viele Politiker, Eltern, Lehrer und merkwürdigerweise auch Schüler fänden es schön, wenn die gymnasiale Schulzeit statt der seit Jahren üblichen zwölf künftig 13 Jahre dauern würde. Daher drehen viele Bundesländer das Rad zurück und machen aus G 8 wieder G 9.

Ich bin damit nicht einverstanden. Die Gründe, warum man aus neun Jahren acht gemacht hat, waren: (1) In der DDR waren die acht Jahre immer üblich, viele „neue“ Bundesländer sind beim Alten geblieben. (2) Die westdeutschen Schüler waren im Schnitt deutlich älter als ihre Mitstudierenden aus aller Welt. (3) Das 13. Schuljahr war schon immer kürzer als die vorausgehenden. (5) Es war unergiebig und langweilig und wurde gern durch allerlei Reisen (sog. Studienfahrten)  unterbrochen. (6) Es war von Fehlzeiten (auch wegen der zunehmenden Zahl der Jobbenden) besonders heimgesucht. (6) Das lag auch daran, dass die Lernenden volljährig waren und sich selbst entschuldigen konnten. (7) Man soll heutzutage nicht mehr auf Vorrat lernen, sondern lebenslang. (8) Die Ergebnisse im Abitur waren nach acht Jahren nicht schlechter als nach neun Jahren Gymnasium.

Kurz: Die neunjährige Gymnasialzeit war sinnlos, unnötig und teuer.

Trotzdem will man sie jetzt wieder einführen, obwohl sie Ressourcen verbraucht, die andernorts fehlen, obwohl die deutschen Abiturienten beim Abschluss dann wieder fast 20 Jahre alt sein und das Gymnasium noch schulmüder als eh schon verlassen werden.

Man sage nicht, der Stoff lasse sich nicht in acht Jahren vermitteln. Wer es will, der kann es auch.