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Schreiben oder schweigen

Nach nunmehr 200 Blog-Einträgen stellt sich Häckerling (wieder einmal) die Sinn-Frage. Geht die Blog-Zeit vorüber? Ist nur noch der en vogue, der twittert oder facebookt? Oder wäre einem alternden Lehrer sowieso der klassische Leserbrief in einem Print-Medium gemäßer? Und die Alternative, zu schweigen, den Mund zu halten, den PC zu schonen und die Datenmenge im Inter-Netz nicht weiter zu erhöhen, darf nicht verschwiegen werden?

Schweigen ist Gold – mit welchem Tempo diese Volksmeinung ad acta gelegt wurde, das ist schon erstaunlich. Dafür hat der erste Teil des Sprichworts („Reden ist Silber“) einen enormen Aufschwung genommen. Man zieht offenbar die Silberlinge des Redens den Goldstücken fürs Schweigen vor – verständlicherweise, denn die Demokratie lebt vom Reden und Schreiben, vom Austausch der Argumente, vom Versuch, die anderen mit Worten zu überzeugen. Auch gibt es kaum niemand mehr, der mit Schweigen Geld verdienen kann. Oder doch? Der Eindruck, dass vieles nicht gesagt wird, weil welche wollen, dass es verborgen bleibt, ist manchmal nicht von der Hand zu weisen. Doch in der Rangliste der korrupten Staaten liegt Deutschland auf keinem weltmeisterlichen Rang. Das beruhigt.

Also doch lieber schreibend reden, weil das Schweigen in den Verdacht der Heimlichtuerei bringt? So überhöht will Häckerling sein Geblogge nicht gedeutet wissen. Er schreibt fürs Erste weiter, freut sich über die zehn bis 20 Leser pro Tag und liest gerne die Kommentare lieber Menschen.

Verfasst wurde dieser Eintrag am Tag nach dem Hamburger Bürgerentscheid gegen die sechsjährige Grundschule. Darüber kann man sich freuen, mehr Freude wird bei mir aber dann aufkommen, wenn aus dem Dagegen ein Dafür wird, für eine Weiterentwicklung des Unterrichts. Das Ziel muss lauten: Kein Kind darf aus dem Blick geraten. Alle jungen Menschen sind in ihren Stärken zu fördern, allen Lernenden ist zu helfen, ihre Schwächen abzubauen. Auch die Gymnasien können sich bei der Lösung dieser Aufgabe noch steigern.

(Blog-Eintrag Nr. 200)

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Länger oder besser

Der wunderbare Slogan „Länger gemeinsam lernen“ suggeriert in der Tat ein Wunder: Wenn ich die Kinder und Jugendlichen lange in einer Klasse sitzen lasse, werden sie besser gefördert, nachhaltiger integriert und überhaupt bessere Menschen. Heute Abend werden wir sehen, was die Bürger Hamburgs dazu meinen. Im elektronischen „heute-magazin“ stehen dazu (am 18.7.10) ein paar klare Sätze:

Der große Denkfehler in der Debatte: Schulsystem und Schulqualität werden vermischt. Wir bauen unser Schulsystem um – so die Botschaft Landesbildungspolitiker – dadurch werden die Schüler besser. Die bauen unser Schulsystem um – so fürchten die Eltern – dadurch werden die Schüler schlechter. Tatsächlich kann mit dem Schulsystemumbau aber vor allem eines erreicht werden: Das Schulsystem kann gerechter oder ungerechter werden.

Ob die Schulqualität und damit die Leistung der Kinder besser oder schlechter wird, liegt an ganz anderen Faktoren – so zeigen es zumindest die Bildungsvergleiche. Zentral ist etwa die Ausbildung der Lehrer. Das hat die Studie des „Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen“ vor Augen geführt: In Ostdeutschland, wo etwa ein Drittel der Englisch-Lehrer die Sprache nicht studiert hat, schnitten die Schüler auch deutlich schlechter ab als in Westdeutschland.

Auch die Struktur der Lehrpläne ist entscheidend: Schüler müssen lernen, selbständig zu denken. Wer das kann, schneidet bei den Aufgaben der Bildungstests gut ab. Nicht zuletzt ist es wichtig, dass Lehrer ihre Schüler fordern, fördern und motivieren. Es geht also nicht nur um öffentlichkeitswirksamen Systemumbau, sondern um pädagogische Konzepte und um die Frage, wieviel Geld Deutschland bereit ist, in seine Schulen zu investieren.

Pädagogische Konzepte zur Stärkung der Selbstständigkeit sind gefragt. Allerdings meint Häckerling, dass diese zeitlich Vorrang haben sollten. Er bezweifelt, ob ein Systemumbau überhaupt mehr bringt als einen jahrelangen Umbau-Stress. Wer die Struktur der Schulen ändert, der nimmt den Lehrern die Ruhe, die Kraft und die Zeit für die Verbesserung des Unterrichts.  Gebt sie ihnen!

(Blog-Eintrag Nr. 199)

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Wissen oder können

Der in diesen Tagen bekannt gewordene schulische Bundesländervergleich setzt etwas voraus, was in den hierzulande Schulen erst in Ansätzen angekommen ist: die Orientierung des Unterrichts an vorgegebenen Bildungsstandards und die Vermittlung von Kompetenzen. Das klingt furchtbar, ist es aber gar nicht. Denn schließlich kann sich die Schule nicht mit dem Ziel begnügen, die ihr anvertrauten jungen Menschen bilden oder ausbilden zu wollen, sie muss auch verbindliche Maßstäbe (oder eben Standards) haben, an denen sie messen kann, ob sie ihr Ziel erreicht hat.

Mit den Kompetenzen verhält es sich ähnlich. Viele Lehrer beteuern, sie hätten die vorgeschriebenen „Stoffe“ (Lehrinhalte) „behandelt“, „besprochen“ oder „durchgenommen“. Wenn die Schüler trotzdem nichts wüssten, dann seien sie eben faul gewesen. So rutscht die Verantwortung für den Unterrichtserfolg von den Lehrenden zu den Lernenden. Wenn man aber den Erfolg eines Unterrichts daran misst, ob die Schüler das können, was sie können sollen, wird es mit der Schuldzuweisung für das Misslingen schwieriger. Gewiss, es wird immer Schüler geben, bei denen aller Unterricht vergebliche Liebesmüh’ ist. Aber es tut dem Unterricht gut, wenn den Lehrkräften zurückgespiegelt wird, ob ihre Arbeit erfolgreich war, das heißt: ob sie ihr Ziel erreicht haben und die Schüler tatsächlich „etwas“ können.

Nun sagen manche: Das erfahre ich doch bei den Klassenarbeiten. Wer allerdings weiß, welche „saisonalen“ Bemühungen und kurzfristigen Lernanstrengungen (meist am Vortag) die Klassenarbeitsergebnisse abbilden, wird sich über die Aussagekraft dieser Arbeiten keine Illusionen mehr machen. Eine laufende, zielgenaue Überprüfung der Wirkungen des Unterrichts – und das heißt: feststellen, ob die geforderten Kompetenzen erworben wurden – müsste anders aussehen.

(Blog-Eintrag Nr. 193)