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Bayern oder Berlin

Der Süden ist schulisch besser als der Norden. Das wissen wir schon seit der ersten PISA-Studie. Nun hat es der neue Bundesländervergleich bestätigt. Trotzdem werden die Südstaaten auch künftig den Missionaren des Nordens ausgesetzt sein. Die wollen uns andere dazu bringen, das dreigliedrige Schulsystem abzuschaffen und es durch eine Schule des „längeren gemeinsamen Lernens“ zu ersetzen. Denn, so lautet der Glaubenssatz, wenn wir die Kinder möglichst lange in einer Klasse lassen, lösen wir damit zwei Probleme auf einmal: das der Integration und das der sozialen Benachteiligung von Arbeiterkindern.

Ein Blick auf die Tabellen könnte das bestätigen: Bei der „Gerechtigkeit“, das heißt beim Wechsel aufs Gymnasium und der dabei wirkenden sozialen Faktoren, liegen die Nordlichter Berlin, Brandenburg und Hamburg ganz vorne, die südlichen Sieger aber sind die Schlusslichter. In den Medien werden die Berliner und Hamburger dafür gelobt. Das Lob sei ihnen gegönnt, allerdings fragt sich Häckerling doch, was diese „Entkoppelung“ von Leistung und sozialer Herkunft bringen soll, wenn am Ende die Leistung nicht stimmt. In Berlin kommt man als Arbeiterkind zwar leichter aufs Gymnasium als in Bayern, aber dafür lernt man dort viel weniger.

Häckerling hat den Eindruck, dass hier eine gespenstische Debatte über das Kind aus der Akademiker-Familie geführt wird. Es findet den Weg aufs Gymnasium leichter, vermutlich, weil es zu Hause mehr gefördert wird. Aber genau das der Skandal, denn das führt zu der „Ungerechtigkeit“ seiner Bevorzugung. Bald werden wir den Vorschlag hören, dieses häusliche Fördern müsse endlich ein Ende haben, weil es die zu Hause weniger Geförderten benachteilige. Doch wer hindert eigentlich unsere Migranten und Arbeiter daran, ihren Kindern auf dem Weg in und durch die Schule beizustehen?

(Blog-Eintrag Nr. 191)

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Musik oder Politik

Die Schüler Union steht bekanntlich der CDU nahe. Das hat ihren scheidenden Bundesvorsitzenden aber nicht daran gehindert, Unsinn zu verbreiten. Jedenfalls nenne ich das so, was die Stuttgarter Nachrichten (StN) am 21.6.20 unter der Überschrift „Schüler Union will Lehrerfortbildung in den Ferien“ von ihm berichtet. Die Schlagzeile ist ungenau; denn der Vorsitzende Ouapasse will, dass Lehrerfortbildung nur in den Ferien und nur an den Wochenenden stattfindet. Wahrscheinlich meint er bei Wochenende auch den Sonntag. Als „erster Muslim“ (Zitat) im Vorsitz der Schüler Union hat er damit offenbar kein Problem. Dass eine Partei mit dem Adjektiv „christlich“ im Namen eigentlich für die Sonntagsruhe sein müsste, mag ihm entgangen sein.

Der noch größere Unsinn, den dieser Vorsitzende laut StN zum Besten gegeben hat, ist seine Forderung, dass die Schüler „statt vier Stunden Musikunterricht in der Woche“ (Zitat StN) mehr in „Mathe, Deutsch und Politik unterrichtet werden“ (Zitat). Man fragt sich schon, aus welcher Schulwelt „der 21-Jährige“ (Zitat) stammt. Musik ist leider oft nur einstündig. Vier Stunden Musik haben (in Baden-Württemberg) ab Klasse 8 nur jene wenigen Schülerinnen und Schüler, die an einem Gymnasium mit Schwerpunkt Musik sind. So wie auch jene mit den Schwerpunkten in Kunst oder Sport vier Stunden Unterricht in diesem für sie zusätzlichen Hauptfach haben.

Der Mann mit dem Namen Oupasse habe, schreibt meine Zeitung, „Selbstvertrauen“ (Zitat) demonstriert, und zwar so: „Ich brauche keinen Minister, der mir erklärt, ob das System (er meint wohl die Schule) gut oder schlecht ist“ (Zitat). Häckerling findet, dass Ouapasse durchaus schulpolitische Erklärungshilfe gebraucht hätte. Und er gibt dem scheidenden Vorsitzenden auch insofern recht, als bei ihm und der „Schüler Union“ mehr Unterricht in Politik möglicherweise nützlich gewesen wäre.

(Blog-Eintrag Nr. 190)

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Lernen oder scheitern

Dieser Tage geisterte eine Idee durch die Presse, wie man die Zahl der Nichtversetzten weiter senken könnte: Man muss mit ihnen lernen, genauer: ihnen beim Lernen eine Hilfe sein. Gedacht ist an jene Schülerinnen und Schüler (in Baden-Württemberg), die eigentlich „durchfallen“ würden, denen man aber eine noch Chance geben will, nämlich eine probeweise Versetzung, die dann vier Wochen nach Schuljahrsbeginn überprüft wird. Dieses Instrument gibt es schon seit Jahren, es wird auch in Maßen eingesetzt, aber nicht immer mit Erfolg.

Wer die Chance dieser Probeversetzung bekommt, hat rund zwei Monate Zeit, ihr gerecht zu werden. Er/Sie muss in den Fächern, die nicht „ausreichend“ waren, den Lehrstoff des vergangenen Schuljahrs nachholen, ohne den neuen zu versäumen. Diese Aufgabe findet ihren Niederschlag in einer „Zielvereinbarung“. Leider ist das keine Vereinbarung über den Weg, der erfolgreich zu diesem Ziel führt. Es ist keine Lernvereinbarung und auch keine Lernbegleitungsvereinbarung. Man lässt die jungen Leute allein oder überlässt es den Eltern oder Nachhilfe-Instituten, den Weg zum Ziel zu begleiten.

Die Idee ist nun, dass diese Lernbegleitung von Lehrkräften der Schule übernommen wird. Das wäre eine zusätzliche Aufgabe, aber auch eine zusätzliche Belastung der Lehrer, und deshalb ließ der Aufschrei der Lehrerverbände nicht auf sich warten. Häckerling kann diesen Schrei nachvollziehen, deshalb vertritt er eine andere Idee: Man könnte doch, statt sie Ende Juli zu entlassen, fertig ausgebildete Referendarinnen und Referendare, freiwillig natürlich, mit der Aufgabe betrauen, solche zur Probe versetzte Schüler im August und September zu begleiten. Die könnten das. Ganz nebenbei bekämen sie damit noch zusätzliche Erfahrungen mit schwächeren Schülern. Das würde ihre Lehrkompetenz stärken.

(Blog-Eintrag Nr. 184)