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Schule so oder anders

Auch wenn es angesichts üppiger Übergangszahlen als weltfremd vorkommen mag – die Gymnasien werden bald wieder um Schüler kämpfen müssen. Die Zahl der Kinder geht deutlich zurück und daher werden die aus den 1980er Jahren sattsam bekannten Verteilungskämpfe wieder an Wucht zunehmen. Damals waren Schulschließungen nicht im Blick, man hatte genug Geld, auch geschrumpfte Anstalten durchzufüttern. Das kann in einigen Jahren anders werden, denn an der Armut der Kommunen dürfte sich bis auf Weiteres wenig ändern. Im Augenblick steht die Schließung von Hauptschulen an. Sie wird begründet mit der deutlich sinkenden Zahl der Schüler. Nach den Hauptschulen wird man über die Schließung von Grundschulen nachdenken und dann sind die Gymnasien dran.

Welches der vier Gymnasien in Sindelfingen könnte „auf den Prüfstand“ kommen? Das Gymnasium in den Pfarrwiesen mit der traditionell niedrigsten Schülerzahl? Eher nicht. Denn man wird dem Sindelfinger Norden nach der Realschule Eschenried, die in die Innenstadt verlegt wird, nicht auch noch das Gymnasium wegnehmen können. Also wird der Blick auf das Goldberg-Gymnasium (GGS) fallen, das Böblingen und Sindelfingen gemeinsam betreiben.

Das GGS versteht sich als erfolgreiche, gute Schule. In den vergangenen Jahren glaubten das auch die Eltern und meldeten ihre Kinder zuhauf an. Das hat sich inzwischen geändert. Die Anmeldungszahlen sind in den letzten beiden Jahren signifikant zurückgegangen, vor allem im Vergleich zum Gymnasium Unterrieden oder dem Stiftsgymnasium. Offenbar ahnen die Eltern in diesem ältesten Gymnasium der Region allerlei Defizite.

Wenn der Goldberg überleben will, muss er sich sehr anstrengen. Man müsste die Schule gründlich unter die Lupe nehmen – zu evaluieren. Herauszufinden wäre, wo die Schwächen liegen. Ist der Unterricht zu frontal und lehrerlastig und zu wenig schülerbezogen, zu wenig differenziert oder nicht genügend effizient? Hat man die schwächeren und die leistungsstarken Schüler zu wenig im Blick? Ist das Angebot (das Profil) von gestern, das Haus marode, die Betreuung der Kinder zu dürftig? Strahlen die Lehrer und die Leitung zu wenig Begeisterung aus? Hat man sich im Jetzt zu sehr eingerichtet und den Blick nicht entschieden genug auf die Zukunft gerichtet?

Warum im Blog Häckerling diese Fragen gestellt werden? Weil dessen Schreiber das Goldberg-Gymnasium 16 Jahre geleitet hat und ihm daher die Zukunft dieser Schule nicht gleichgültig ist.

(Blog-Eintrag Nr. 178)

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Ja oder Nein

Am 2. Mai 2010 findet in Sindelfingen der erste Bürgerentscheid der Stadtgeschichte statt. Es geht um die Frage, ob die Hauptschule am Klostergarten zugunsten der anderen Hauptschulen geschlossen werden soll. Der Grund: Die Zahl der Hauptschüler ist geschrumpft. Und damit man deren Schulen in Werkrealschulen umwandeln kann, muss man eine davon schließen. So argumentieren Stadtverwaltung, Gemeinderat und Elternbeirat. Dass dies ausgerechnet ihre und damit die größte Hauptschule sein soll, leuchtet den „Klostergärtnern“ nicht ein. Sie möchten beim Bürgerentscheid ein mehrheitliches Ja zu ihrer Schule erreichen.

Das kann Häckerling gut verstehen, wie er auch versteht, dass die tief verarmte und demnächst hoch verschuldete Kommune Sindelfingen nach jedem Strohhalm greift, der Kosten einzusparen verheißt. Ein paar hunderttausend Euro weniger für eine Schule, das bringt schon was.

Aber die Schließung einer Schule ist mehr als die Stilllegung einer Fabrik. Es wird damit ein wichtiges Kapitel kultureller Stadtgeschichte abgeschlossen und es werden beträchtliche pädagogische Mühen und Erfolge eingestampft. Das tut weh. Das müsste auch nicht sein. Denn die Werkrealschule ist ein Schulmodell, dessen Erprobung und Bewährung noch aussteht. Mit ihr hat sich das Land Baden-Württemberg von der Dreigliedrigkeit des Schulwesens verabschiedet und steuert die Viergliedrigkeit an.

Was ist die Werkrealschule? Im Schulgesetz heißt es (in § 6): (1) „Die Werkrealschule vermittelt eine grundlegende und eine erweiterte allgemeine Bildung, die sich an lebensnahen Sachverhalten und Aufgabenstellungen orientiert. Sie fördert in besonderem Maße praktische Begabungen, Neigungen und Leistungen und stärkt die Schüler in ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Sie ermöglicht den Schülern entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit und ihren Neigungen eine individuelle Schwerpunktbildung insbesondere bei der beruflichen Orientierung. In enger Abstimmung mit beruflichen Schulen schafft sie die Grundlage für eine Berufsausbildung und für weiterführende, insbesondere berufsbezogene schulische Bildungsgänge.“

Und in § 6, (2) steht: „Die Werkrealschule baut auf der Grundschule auf und umfasst sechs Schuljahre. Sie ist grundsätzlich mindestens zweizügig und kann auf mehrere Standorte verteilt sein. Sie schließt mit einem Abschlussverfahren ab und vermittelt einen dem Realschulabschluss gleichwertigen Bildungsstand (Mittlere Reife).“

Und was erfahren wir über die Hauptschule? „(3) Schulen nach Absatz (1), die einzügig sind, führen die Schulartbezeichnung Hauptschule. Sie umfassen in der Regel fünf Schuljahre und führen zum Hauptschulabschluss.“
Also: Eine Hauptschule ist eine einzügige Werkrealschule. Was soll das? Ließe sich aus Hauptschule, Werkrealschule und Realschule nicht etwas Zukunftsfähigeres formen?

(Blog-Eintrag Nr. 176)

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Über Argumente

Klar ist, dass Sindelfingen sparen muss, klar ist auch, dass der Oberbürgermeister darüber reden sollte. Da bietet sich der Neujahrsempfang an; hier sind klärende Worte gefragt. Die sehen dann so aus wie die Überschrift in der Sindelfinger Zeitung: „Nicht hinter Argumenten verschanzen“. (11.1.10) Gemeint sind mit diesem Zitat zum Beispiel jene, die sich mit rechtlichen Mitteln gegen die Schließung der Hauptschule im Klostergarten wehren.

„Nicht hinter Argumenten verschanzen“: Ein solcher Satz verstört. Sollte es im politischen Geschäft nicht immer um Argumente gehen? Stadtverwaltung und Gemeinderat tun auch nichts anderes als argumentieren. Es kann ja sein, dass sie der Überzeugung sind, gute Argumente für ihre Entscheidung zu haben. Jedenfalls wollen sie keinen Fußbreit zurückweichen und ihre Entscheidung durchziehen. In der Sprache des Stadtoberhaupts: Auch sie „verschanzen“ sich. Nur würde der Oberbürgermeister es so nicht nennen. Die Verschanzer, das sind die anderen, zum Beispiel die Schließungsgegner. Sie sind mit ihren „noch so guten Argumenten“ im Unrecht. Warum eigentlich? Weil sie nicht bereit sind, die ihnen zugedachte Rolle als Finanzopfer demütig anzunehmen?

Recht hat der Neujahrsredner mit der Feststellung, dass wir so „keinen Schritt vorankommen“. In der Tat: Gegner, die sich „verschanzen“, richten sich auf eine längere Belagerung ein und warten, dass der andere die weiße Fahne schwenkt. Vielleicht wäre es besser, die Schanzen zu schleifen und sich aufeinander zuzubewegen.

(Blog-Eintrag Nr. 134)