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Nils Schmid und die Gymnasien

Unter der wunderbaren Überschrift „Wir können Bürger nicht nur beglücken“ drucken die Stuttgarter Nachrichten (am 9.4.11) ein Interview mit dem SPD-Vorsitzenden Nils Schmid ab. Darin äußert er sich auch zur Schulpolitik der Koalition, die demnächst in Baden-Württemberg regieren soll.

Was wir schon wussten: die Grundschulempfehlung wird abgeschafft, damit setzt man die Gymnasien und Realschulen unter Druck. Die Hauptschulen sollen sich zu zehnjährigen Gemeinschaftsschulen entwickeln, deshalb fällt auch die Notenhürde 3,0 zum Besuch der Werkrealschule weg. Durch längeres gemeinsames Lernen werden „Schulstandorte gesichert“ – allerdings andere Schulen ausgemerzt. Und dann kommt noch der verräterische Satz: „Wir werden die Gymnasien nicht einfach abschaffen.“

Diese Formulierung lädt zum Nachdenken ein. Ich verstehe ihn so: Wir, die SPD und die Grünen, wollen zwar keine Gymnasien mehr, sondern nur noch die Gemeinschaftsschulen, auf die eine dreijährige Oberstufe folgt, aber wir dekretieren das nicht einfach, sondern setzen darauf, dass es allmählich geschieht. Je mehr Gemeinschaftsschulen desto weniger Gymnasien, eine allmähliche Abschaffung also. Sie geschieht, dadurch, dass man so lange an den Rahmenbedingungen dreht, bis sich das Gymnasium von selbst erledigt. Auch die Wiedereinführung von G9 dient diesem Ziel, denn die Absolventen der Einheitsschule werden nach ihrem zehnjährigen „gemeinsamen Lernen“ mindestens drei Jahre brauchen, um so etwas wie ein Abitur zu schaffen.

Wer ein Herz für die Gymnasien hat, wird in der Tat zu den Bürgern gehören, die von der neuen Regierung nicht „beglückt“ werden.

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Grün-Rot und die Grundschulempfehlung

Wir erleben auch bei den Koalitionsverhandlungen zwischen Grünen und SPD das sattsam Bekannte. Einerseits treffen sich dir Koalitionäre immer mal wieder, um über ihre künftige Politik zu sprechen, andererseits gibt es (gezielte?) Mitteilungen an die Presse einzelner Abgeordneter. So auch in Sachen Grundschulempfehlung. Die wird zwar erst heute Gegenstand der grün-roten Verhandlungen sein, aber gestern haben wir schon erfahren, was herauskommen wird: Die Bildungsempfehlung wird abgeschafft.

Sie diente bisher der Steuerung des Übergangs in die weiterführenden Schulen. Weil man aber eine Einheitsschule (Gemeinschaftsschule) anstrebt, ist sie künftig entbehrlich. Solange es noch Gymnasien und Realschulen gibt, soll ein Beratungsgespräch genügen. Die Schule sagt, was sie für richtig hält, die Eltern tun, was sie für richtig halten. Und wenn sie das „Falsche“ für richtig halten? Dann haben die Realschulen und Gymnasien das Problem, ein erfolgloses Kind nach einer leidvollen „Probezeit“ dort hinzuempfehlen, wo es vielleicht erfolgreicher ist.

Man merkt die Absicht und ist verstimmt. Was als Stärkung der Elternrechte verkauft wird, wird zu mehr Arbeit und Ärger in den betroffenen Schulen, zu mehr Frust und Wut bei den Eltern und zu mehr Leid und Enttäuschungen bei den Schulkindern führen. Als wunderbaren Ausweg aus diesem Schlamassel wird man die gemeinsame Einheitsschule propagieren. Da gibt es kein Hin und Her mehr, weil alle zehn Jahre (bis zum Alter von 16) einträchtig beieinander sind.

Auch die Stuttgarter Nachrichten (6.4.11) sind für die Abschaffung der Bildungsempfehlung, weil sie meinen, dass sich so die unterschiedlichen Übergangszahlen zwischen Stadt und Land angleichen würden. Hier bleibt die Logik auf der Strecke; denn warum sollten nach der Freigabe des Übergangs in Heidelberg auf einmal weniger Eltern ihre Kinder aufs Gymnasium schicken wollen und in Oberschwaben mehr?

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Die Sieger und der Bahnhof

Die Stuttgarter Zeitung von heute zerfliest vor Mitleid für die Wahlsieger vom Sonntag. Sie spricht von der „Bürde“, die der neuen Regierung auferlegt werde. In der Tat: Die Grünen müssen jetzt einen Weg aus dem Bahnhofsmilieu finden. Mit den Oben-Bleibern haben sie die Wahl gewonnen, aber nun müssen sie sie verprellen. Denn dieses Wahlversprechen dürfte nicht einzuhalten sein, schon wegen des zweiten Siegers vom Sonntag, der SPD.

Die war zunächst für „Stuttgart 21“, dann wollte sie ihre Zustimmung vom Votum „der Bürger“ abhängig machen. Und jetzt stellt sie fest, dass dies rechtlich nicht geht. Also zurück zum Ja oder lieber dem einstigen Nein der Grünen folgen? Man darf gespannt sein, was darüber im Koalitionsvertrag stehen wird.

Der Schreiber dieses Blogs hat im Herbst letzten Jahres geunkt, der unterirdische Bahnhof werde nicht gebaut. Nun unkt er, dass dies doch geschieht, denn nun hat Grün-Rot die Wahl erfolgreich bestanden und muss regieren. Als Opposition hätte sie das Projekt zum Scheitern bringen können, aber als Regierung ist sie „in der Verantwortung“. Das nützt dem Projekt. Denn die Kosten für den Ausstieg und die Umplanung würden so hoch sein, dass andere Wahlversprechen nicht mehr finanzierbar wären: kostenloser Kita-Besuch, Abschaffung der Studiengebühren, Einführung einer zehnklassigen Basis-Schule, wahlweise Wiedereinführung den neunjährigen Gymnasiums usw.

Wer „in der Verantwortung“ ist, muss sich überlegen, welches Wahlversprechen er bricht. Das ist allerdings eine Bürde. Die armen Sieger!