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Unbeholfene Wahlwerbung

Einen merkwürdig unbeholfenen Artikel kann man in der Sindelfinger Zeitung vom 28.05.09 lesen. Es handelt sich um Wahlwerbung für die SPD, getarnt als redaktionellen Artikel. Die Überschrift erschreckt zunächst: „Klare Absage an Rasenmäher“. Was sich wie ein Antikonjunkturprogramm anhört, entpuppt sich später im Text als Verzicht auf die nach diesem Gartengerät benannte Methode. Wir verstehen: Die SPD ist gegen gleichmäßige Kürzungen im Etat der Stadt Sindelfingen. Wo und wie aber will sie dann kürzen?

Dazu sagt der Spitzenkandidat – wo und bei welchem Anlass, das verschweigt der Bericht leider – den erhellenden Satz: „Oberstes Ziel ist es, finanziellen Spielraum zu bekommen“ (hier müsste ein Komma stehen) „und dafür müssen wir endlich die strategische Richtung angeben.“ Wer ist „wir“? Die SPD? Na dann mal los! Offenbar haben „wir“ in den letzten Jahren etwas versäumt. Und wie gibt man eine Richtung an in einem Spielraum, den man erst bekommen will?

Der Schlüsselsatz des Artikels lautet: „Hauptaufgabe in der Kommunalpolitik sei es, die Finanzkrise zu bewältigen.“ Ein gewaltiges Ziel, an dem sogar Obama scheitern kann. Ob sich da die Stadt nicht verheben dürfte? Nach meinen Erkenntnissen geht es in Sindelfingen darum, den gewaltigen Einbruch bei den Steuereinnahmen zu verkraften. Das ist schon schwierig genug; lassen wir also von der „Finanzkrise“ lieber die Finger.

Und die Lösung? Der Rat der SPD-Spitze lautet: „fünf bis zehn Millionen Euro Ausgaben pro Jahr einzusparen.“ Genau; diese Erkenntnis bringt uns entscheidend weiter. Und wo will die SPD einsparen? Das verrät sie nicht. Oder erst nach der Wahl.

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Unklare Botschaft

Eines der landesweit eingesetzten Wahlplakate der Freien Wähler für die anstehende Kommunalwahl trägt die Botschaft: „Bildung wachsen lassen“. Darauf ist ein Schulkind zu sehen, das auf ein paar Büchern steht, damit es größer wird. Die abgebildeten Bücher sind allesamt nicht für diese Altersstufe geeignet. Aber des Kindes Bildung soll ja noch wachsen.

Das unterste Buch, das Fundament also des in seiner Bildung wachsenden Kindes, trägt den Titel „Franz Kafka – Werke“. Nicht Goethes oder Schillers Werke, nicht die von Kleist oder Mörike, kein Buch von Thomas Mann oder Hermann Hesse – nein, die Werke des Franz Kafka.

Warum haben die Werbestrategen der Freien Wähler ausgerechnet ihn genommen, diesen zwar leicht zu lesenden, aber schwer zu deutenden Schriftsteller? Diesen Autor, dem es wie kein Zweiter gelingt, das deprimierende Misslingen von Lebensentwürfen zu gestalten, der an seiner Familie, seinem Beruf, seinen Beziehungen so sehr gelitten hat? Er soll als Fundament wachsender Bildung taugen. Da habe ich meine Zweifel.

Wer ihn liest, braucht Deutungshilfe. Seine Texte kann man nur unter der kundigen Anleitung von Lehrenden verstehen. Bildung einfach wachsen lassen, das geht mit Kafka vermutlich nicht.

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Untypische Lehrperson

Die Kolumnistinnen von Sonntag aktuell scheinen etwas gegen Lehrer zu haben. Am 17. Mai 2009 hat sich Susanne Offenbach gegen sie geäußert (vgl. den Eintrag „Unangemessenes Eigenlob“), am 24. Mai 2009 legt Ursula Ott nach.
Man kann ihr zwar durchaus zustimmen, wenn sie freundliches Grüßen und auch den Händedruck gut findet. Aber dass sie als Exempel für eine feindselige Handschlagverweigernde die Mathematiklehrerin ihres Sohnes wählt, ist sicher kein Zufall. Man darf offenbar keine Chance auslassen, den Lehrern eins auszuwischen.

Nun will ich diese Lehrerin nicht verteidigen; sie hätte sich geschickter verhalten können. Aber ist sie, was den Händedruck angeht, typisch für die Lehrerinnen und Lehrer unserer Republik? Repräsentiert sie als Modell den ganzen Berufsstand? Dieser Eindruck wird erweckt, und das wirkt diskriminierend.

Ganz nebenbei erfährt der Leser, dass die Lehrerin an diesem Elternsprechtag etwa 50 „Kunden“ zufrieden stellen musste. Wer selbst schon einmal stundenlang und en suite Eltern Rede und Antwort stehen musste, wird angesichts dieser physisch und psychisch großen Leistung den Hut ziehen und der Kollegin die Angst vor der Grippe nachsehen.