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Unbeschmierte Holzeisenbahn?

Offenbar hat der Blogeintrag mit der großväterlichen Klage den Oberbürgermeister von Sindelfingen gerührt oder wenigstens berührt. Jedenfalls wird nun gehandelt: Es soll ein Ende haben mit der „Unsauberen Holzeisenbahn“, dem Schmutz innen und außen und den unanständigen Kritzeleien und Schmierereien.

In einer E-Mail des Regiebetriebs Stadtgrün heißt es wörtlich: „Sauberkeit ist uns ein wichtiges Anliegen und wir sind für solche Hinweise immer dankbar. Gerade wenn es um Bereiche geht, die auf den ersten Blick völlig in Ordnung erscheinen, aber bei genauerem Hinsehen, bzw. hier, bei der Nutzung durch die Kinder sich als alles Andere als sauber entpuppen. Kurzum, wir haben unser Reinigungspersonal angewiesen, bei der regelmäßigen Säuberung des Rathausvorplatzes (und natürlich auch anderen öffentlichen Kinderspielplätze) ihre Aufgaben genauer wahrzunehmen. Hierzu gehört es auch, in die Spielgeräte hineinzusteigen und ggf. Abfall zu entfernen. Des Weiteren werden wir die Schmierereien und „Gravuren“ im Inneren des Zügles entfernen lassen.“

Großvater und Enkel bedanken sich für die städtische Fürsorglichkeit und sind gespannt, wann sie den in neuem Glanz erstrahlenden Holzzug besteigen dürfen.

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Unnötiges Testen

Selbstverständlich ist es ganz wichtig, Sprachdefizite bei kleinen Kinder möglichst früh zu erkennen und abzubauen. Die Defizite können dadurch entstehen, dass ein Kind in seiner sprachlichen Entwicklung gestört ist. Dies kann die Folge einer körperlichen, mentalen oder psychischen Behinderung sein. Dann ist eine klare medizinische Diagnose geboten, aus der sich geeignete Fördermaßnahmen ergeben.

Sprachliche Rückständigkeit kann aber auch das Ergebnis mangelnder Sprechanregung im Elternhaus sein. Offenbar wird in nicht wenigen Familien kaum noch miteinander bzw. mit den kleinen Kindern gesprochen. Oder es entsteht wegen der nichtdeutschen Herkunft eine Sprachverwirrung, die das Kind in der Kita verstummen lässt, weil ihm die Wörter fehlen oder die Bildung passender Sätze nicht gelingen will.

Dann ist dringend Hilfe geboten. Doch vor der Hilfe steht bei uns eine offenbar mühselige Phase der Diagnose. So jedenfalls lese ich den Bericht in der Stuttgarter Zeitung vom 9. Juli 2009 über die Stuttgarter Erfahrungen mit den Sprachtests HASE und der Sprachentwicklungstest SETK. Offenbar läuft der Hase ganz gut, während SETK die Kinder eher quält und kaum einen Erkenntniszuwachs bringt. Wenn das so ist, sollte man ihn weglassen. Eine detaillierte Analyse der Sprachentwicklung ist auch deshalb wenig sinnvoll, weil es an der entsprechenden differenzierten Förderung mangelt.

Mir leuchtet beim SETK noch ein, dass die Kinder Handlungsanweisungen verstehen und umsetzen sollen: „Leg den blauen Stift unter den Sack!“ Dazu muss man einen bestimmten Stift (unter mehreren) erkennen und dazu auch seine Farbe erfassen, ihn dann nehmen und „unter“ (Verhältniswort) den Sack schieben.

Akzeptabel ist auch, dass man eine Bildkarte mit einem Satz in Verbindung bringt: „Die Katze springt in den Eimer.“ Aber was soll das Nachsprechen sinnloser Wörter wie Ribane, Dolling oder Biwo? Das sind Bildungen, die mit dem Deutschen, um dessen Erwerb es ja geht, fast nichts zu tun haben. Natürlich kann man zu solchen Wörtern den Plural bilden oder ihnen ein Genus zuordnen. Aber wozu?

Unsinnige Sätze nachzusprechen kann viel Spaß machen. Ein Beispiel: „Auf einer stummen Flasche strickt ein kaputter Vogel.“ Doch ist ein solcher Satz (nach meiner Einschätzung) auch ein bisschen störend für die Entwicklung semantischer Strukturen im Kopf des Kindes: Mit „Flasche“ sollte man bestimmte Eigenschaften assoziieren wie grün, bauchig, voll oder leer. Das Stricken (wenn man den weiß, was das ist) wird eher menschlichen Wesen denn Tieren zugeordnet. Und was soll das Adjektiv „kaputt“ bei einem Lebewesen?

Was wissen wir, wenn ein Kind das nicht nachsprechen kann? Wie fördern wir es bei diesem Defizit?

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Ungewöhnlicher Satzbau

Ein 900 Meter langes Straßenstück ist eingeweiht worden: die Allmendstraße zwischen Maichingen und dem Sindelfinger Wohngebiet Hinterweil. Solche Einweihungen bedürfen selbst in einer verarmten Stadt eines Festakts. Der ist in der lokalen Zeitung mit zwei Fotos und einem langen Bericht dokumentiert. Auf dem einen Foto sehen wir sechs lächelnde Männer (die „Verwaltungsspitze“, wie zu lesen ist), die mit sechs Scheren ein Absperrband in sieben Stücke schneiden. Welche Symbolik!

Das andere Foto zeigt laut Bildunterschrift einen „kleinen Autokorso“: vier PKWs, angeführt von zwei Karossen des in der Stadt ansässigen Autobauers. Das nennt man erfolgreiches Product Placement! Es macht den Eindruck, als habe die Firma mit dem Stern ihr Scherflein zum Bau der Straße beigetragen. Hat sie?

Geredet wurde auch – und nicht wenig, wie dem Bericht zu entnehmen ist. Wir erfahren, dass der Oberbürgermeister gesagt hat: „Maichingen und die Kernstadt wachsen (mit dieser Straße) noch ein Stück näher zusammen.“ Da wächst offenbar endlich zusammen und kommt sich näher, was seit Jahrzehnten zusammengehört.

Noch eine weitere Erkenntnis des Mannes an der Spitze der Stadt Sindelfingen wird zitiert: „Es ist wichtig, dass der Verkehr flüssig unterwegs ist.“ Alles fließt, das wissen wir von Heraklit; jetzt erfahren wir: Alles sollte flüssig unterwegs sein, auch der Verkehr. Sogar das Wasser wird es auf dieser Straße sein; denn sie ist eine schiefe Ebene, auf der eventuell auftretendes Hochwasser flott zum nächsten Kreisel fließen kann.

Der Bau der Straße kostet über fünf Millionen Euro; auch die Stadt wird zur Kasse gebeten, obwohl sie derzeit „jeden Euro umdrehen“ muss. Was für eine Mühsal! Man hat wohl zwischendurch erwogen, die Bauarbeiten einzustellen. Doch dann setzte sich eine Erkenntnis durch, die vom Stadtoberhaupt so formuliert wird: „Es macht wenig Sinn, einen Straßenbau mittendrin aufzuhören.“

Das wäre ja nun wirklich ein Schwabenstreich gewesen, einen Bau mittendrin aufzuhören. Und obendrein wäre es auch sprachlich nicht gegangen, spüren wir doch, wie das Verb „aufhören“ sich dagegen sträubt, mit einem Akkusativ-Objekt gekoppelt werden.