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Ununterbrochen – hundert Einträge im Blog

Die Stuttgarter Zeitung hat unlängst zwei Schreiber (Glaser und Reiter) zu Kommentaren über das Bloggen aufgefordert. Die Meinungen der beiden sind konträr. Während der Erstgenannte in solchen elektronischen, freien, zwanglosen Äußerungen eine Chance für die Demokratie sieht, kann Letzterer dies überhaupt nicht erkennen. In den Blogs werde zu viel gerülpst. Es fehle ihnen an einer Kultur der Diskussion. Insofern gereichten sie der Demokratie nicht zum Vorteil.

Nun kann man dem Blog Häckerling schwerlich vorwerfen, dass in ihm auf unkultivierte Weise Stellung genommen wird. Im Gegenteil: Kein Kommentar gab sich unschicklich oder sprachlich unzumutbar. Das Niveau der Fremdbeiträge war inhaltlich und sprachlich hoch. Häckerling selber hat zwar manchmal geklotzt, aber nicht gekotzt oder gerülpst. Findet er jedenfalls selbst.

Nun sind es also hundert Einträge. An den Themen hat sich wenig geändert. Am Zuspruch auch nicht viel. Nur kurz vor der Wahl zum Bundestag haben über 160 Besucher den Blog aufgerufen. Offenbar, sagt die Statistik, fanden die Einträge zur Bildungspolitik Interesse.

Derzeit bewegt sich die Zahl der Gäste wieder um die 50. Vermutlich sind das treue Leser. Sie werden sich – hoffentlich – manchmal unterhalten haben, manchmal auch geärgert, nehme ich an. Die Lust, einen Kommentar zum Eintrag zu schreiben, hat deutlich abgenommen. Was wohl der Grund dafür ist? Als Blogger schreibt man ins Blaue, denkt sich diesen Leser oder jene Leserin und hofft auf deren Zu- oder Widerspruch.

Der erste Eintrag, veröffentlicht am 11.5.09, monierte, dass – entgegen der Ankündigung – die Protokolle des Kreistags von Böblingen auf der Homepage des Landkreises nicht zugänglich waren. Das hat sich inzwischen geändert; auch wichtige Sitzungsunterlagen sind nun nachzulesen. Ein Anlass zum Blog-Schreiben ist hinfällig geworden.

Wie soll es weitergehen? Häckerling könnte den hundertsten Beitrag zum Anlass nehmen, das Tagebuch zu schließen. Aber vielleicht ergibt sich auch künftig noch das eine oder andere „reizende“ Thema.

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Unbedenklich – Schüler als Mailer

Man kann die Eltern verstehen, wenn sie sich darum sorgen, dass ihre Kinder nicht dem Datenmissbrauch im Internet ausgeliefert werden. Daher ist es auch sinnvoll, wenn in der Realschule in Rutesheim über die Frage diskutiert wird, ob die Einrichtung einer kostenlosen Mail-Adresse zur Pflicht gemacht werden kann. (Stuttgarter Zeitung vom 22.10.09)
Jeder, der, wo auch immer, an elektronischen Aktionen teilnimmt, erzeugt Daten. Und die können immer zweckentfremdet benutzt werden, wenn sich die Verwalter der Daten nicht an die Gesetze halten. Das gilt für Firmen, die uns etwas verkaufen, für Banken und Sparkassen, Behörden und Vereine. Und auch für Schulen.

Rechtlich interessant ist die Frage, ob sich die Schüler weigern dürfen, wenn ihr Lehrer eine solche Teilnahme am Mailen verlangt. Berührt das die Intimsphäre, über die jeder selbst bestimmen kann? Ich denke schon. Im Prinzip kann die Schule auch ins Persönliche der Kinder eingreifen, denn sie hat nicht nur einen Bildungsauftrag, sondern soll auch erziehen. Daher kann man von den Schülern die Abfassung eines Lebenslaufs, das Schreiben von Briefen oder Gedichten und die Kundgabe einer Meinung verlangen. Diese Äußerungen verbleiben allerdings im engen Rahmen der Klasse und ihrer Lehrerinnen und Lehrer. Eine persönliche Adresse, die man einer Firma für den Versand kostenloser E-Mails mitteilt, verlässt den schulischen Rahmen. Unterstellt man diesen Firmen, dass sie grundsätzlich ihren Profit über den zugesicherten vertrauensvollen und dem Gesetz gemäßen Umgang mit Daten stellen, kann nur absolute Abstinenz bei der Bekanntgabe persönlicher Daten helfen.

Wollen wir den Kindern dieses Bild vermitteln und sie im Geiste abgrundtiefen Misstrauens erziehen? Die Schule soll aufs wirkliche Leben vorbereiten. Das kann sie glaubhaft nur, wenn sie keine Berührungsängste mit der realen Welt kultiviert. Sonst nutzt sich das „so tun als ob“ bald ab und es stellt sich eine pädagogisch tödliche graue Langeweile ein.

Was also sollen die Lehrkräfte tun? Den Eltern und Kindern zu Beginn des Schuljahrs ankündigen, was sie im Rahmen der (vorgeschriebenen) Medienerziehung vorhaben, Bedenken der Eltern anhören und ernst nehmen, den Schutz der Intimsphäre zusichern, auf die Einübung der informationellen Selbstbestimmung als Aufgabe der Schule hinweisen, aber auch für den „Mut zur Wirklichkeit“ plädieren. Wenn Schüler lernen, „richtige“ Mails zu schreiben, ist das nicht nur unbedenklich, sondern auch „etwas fürs Leben“, auf das Elternhaus und Schule sie vorbereiten sollen.

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Unkalkuliert – Lehrerfortbildung und Unterricht

Es gehört zu den beliebten Denkfiguren derer, die wenig davon verstehen: Man kann viel Geld sparen, wenn die Lehrer sich in der unterrichtsfreien Zeit fortbilden lassen; denn dann fällt kein Unterricht deswegen aus. Logisch – oder etwa nicht? Jedenfalls sieht es das auf Einsparungen sinnende Finanzministerium in Baden-Württemberg so.

Rein rechnerisch gesehen, liegen die Dinge anders: Unterricht, der nicht ausfällt, muss nicht vertreten werden, kostet den Staat also auch nichts. Wenn jemand Aufsicht führen muss, weil jemand auf Fortbildung ist, kostet es auch nichts, denn der Aufsicht Führende bekommt dafür in der Regel nichts. Wo also ist die Ersparnis, wenn der Fortbildung wegen kein Unterricht mehr ausfällt?

Selbstverständlich kann man Fortbildungsveranstaltungen auf unterrichtsfreie Zeit legen, auf Nachmittage, auf Samstage, auf Ferientage. Das geschieht auch. Ich kenne etliche Beispiele. So beginnen viele Veranstaltungen der Seminare um 14.00 Uhr und enden gegen 18.00 Uhr. Vor kurzem sind die Lehrerinnen und Lehrer einer Schule in Oberschwaben mit ihren privaten PKW am Freitagnachmittag nach Wildbad zur Fortbildung gefahren und am Samstagnachmittag wieder zurück. Die Umwelt freute es nicht, aber die Staatliche Akademie, denn die hatte Kunden. Eine andere mir bekannte Schule hat drei Tage in der letzten Sommerferienwoche zur Fortbildung genutzt.
Nur: Was machen die Staatlichen Akademien, wenn die Lehrer nicht mehr unter der Woche kommen dürfen und wenn nur noch von Freitag auf Samstag übernachtet wird? Sie stehen leer. Und das kostet nichts?

Bei der ganzen Debatte vergisst man, dass die unterrichtsfreie Zeit am Nachmittag zur Vorbereitung des Unterrichts und zur Erledigung von Korrekturen da ist. Das Wochenende hat in Deutschland bislang den Sinn, den arbeitenden Menschen Erholung und Abstand vom beruflichen Stress zu ermöglichen. Gilt das für Lehrer nicht?

Eine kontinuierliche Fortbildung der Lehrkräfte ist dringend nötig. Nur dann besteht die Aussicht, die dringend gebotene neue Form des Unterrichtens zu realisieren. Wenn die Fortbildung zur Selbstausbeutung führt, wird sie unattraktiv. Aber vielleicht ist das der heimliche Wunsch der Finanzleute: Wenn keiner mehr auf Fortbildung geht, sparen wir Geld. Wenn sie sich da nur nicht täuschen.