Auch wenn ich ihr oft zustimmen muss, wenn sie vehement die Verirrungen der Politik geißelt, diesmal muss ich ihr widersprechen, der Kolumnistin Krause-Burger, wenn sie (in der Stuttgarter Zeitung vom 6.10.09) fordert, dass man „an staatlichen Schulen die Ausübung der Religion um der Kinder willen heraushalten“ soll. Diese „Riten“ führten in der Schule zum „Chaos“ und machten sie zum „Schlachtfeld“. Man dürfe „es mit der Toleranz nicht zu weit treiben“. Das gelte auch dann, wenn „es juristisch anfechtbar“ sei. Starke Worte.
Häckerling meint, hier wird das Kind (der in einer Berliner Schule betende Muslim Yunus“) mit dem Bade ausgeschüttet. In Baden-Württemberg ist die Jugend „in Ehrfurcht vor Gott“ und „im Geiste christlicher Nächstenliebe“ zu erziehen, so verlangt es die hiesige Verfassung im Artikel 12. Das hat nicht nur im Religionsunterricht zu geschehen, sondern in jedem Fach. Es handelt sich dabei nicht um die „Ausübung der Religion“, sondern um die Erziehung „auf der Grundlage christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte“. Das mag fremd klingen, aber es ist in diesem Bundesland geltendes Recht. Zur Beugung dieses Rechtes aufzufordern steht auch einer kritischen Journalistin nicht gut an.
Aber was will die Kolumnistin eigentlich? Die Abschaffung des Religionsunterrichts und die allgemeine Einführung eines „neutralen“ Ethikunterrichts? Ein Kopftuchverbot für muslimische Mädchen? Das Untersagen meditativer oder als Gebete deutbarer Phasen im Unterricht oder in den Pausen? Das Gebet bestimmt den Schulalltag (noch) nicht, aber die Aufarbeitung schlimmer Ereignisse (Unfalltod, Suizid von Schülern, Katastrophen, Amokläufe) ist in der Schule hilfreich nur möglich, wenn Elemente der „Ausübung von Religion“, also zum Beispiel auch Bekenntnisse gläubiger Hoffnung und Zuversicht, erlaubt sind und nicht – wie Frau Krause-Burger es will – „um der Kinder willen“ aus der Schule „herausgehalten“, also verboten werden.
Gebete und andere Riten können wir in der Schule durchaus noch aushalten. Wenn man sie untersagt, verschwindet wahrscheinlich auch der letzte Rest an Werteorientierung – und die Diskussion darüber.