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Der neue Politikstil und die Bürger

Im Lande Baden-Württemberg wird künftig alles besser. Ein neuer Politikstil soll Einzug halten. Grün-Rot will künftig auf die Bürger hören, ihnen zuhören, sie als mündige Menschen ernst nehmen, sie mitnehmen auf ihre politische Reise, sie überzeugen, kurzum: sie an allem beteiligen, was so ansteht. Ein uneinlösbares Versprechen, finde ich und füge an: leider.

Das Eigenartige an den Auffassungen der Bürger ist nämliche ihre Unterschiedlichkeit. Manche wollen dies, manche das. Wenn man ihnen suggeriert, dass man nicht nur zuhört, sondern ihn auch alles gewährt, weckt man Erwartungen, die nicht erfüllbar sind. Politiker, die zu viel zuhören, handeln zu wenig. Politiker, die alle Menschen ständig fragen, was und wie sie es denn gerne hätten, werden sich irgendwann fragen müssen, wem sie zu Willen sein wollen.

Ich habe nicht die Illusion, dass mich die neue Regierung nach meiner Meinung fragt. Und wenn sie es täte, wäre sie nicht angetan von ihr und würde sie sich auf keinen Fall zu Eigen machen. Warum sollte sie auch? Sie muss sich nicht um die kümmern, die sie nicht gewählt haben, sondern um die eigene Klientel, wenn das Wort erlaubt ist.

Bleibt mir vom Leib mit einem neuen Politikstil! Nehmt den Mund nicht so voll, sondern tut, was man von Politikern erwarten darf. Macht eure Politik und lasst uns in ein paar Jahren sehen, ob sie was getaugt hat oder nicht. Dann entscheiden die Wähler, ob sie sich mitgenommen gefühlt haben werden oder einfach nur mitgenommen sind von den verschiedenen grün-roten Projekten.

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Die Grünen und das Quorum

Es sieht nicht gut aus für das zentrale Wahlversprechen der grünen Partei, dafür zu sorgen, dass Stuttgart 21 nicht gebaut wird. Ihr roter Partner, der das Projekt „eigentlich“ unterstützt, will „eine Entscheidung der Bürger herbeiführen“. Von denen müsste ein Drittel nicht nur gegen das Projekt sein, sondern dafür auch noch ins Wahllokal gehen. Das halten Kretschmann und die Seinen offenbar für unrealistisch und machen daher einen großen Bogen um die Beteiligung der Bürger.

Höre ich recht? Angeblich ist die Mehrheit, also über 50% der Baden-Württemberger, gegen das Bahnprojekt. Warum sollte sich dann nicht wenigstens ein Drittel von ihnen dazu bereit finden, in geheimer Abstimmung dieses Nein zu bekennen? Traut man der eigenen Klientel und den Mobilisierungskünsten der Parteifreunde so wenig zu?

Im Übrigen ist es durchaus beachtenswert, dass bereits ein Drittel der Wahlberechtigten ausreicht, ein Gesetz zu kippen, das von der parlamentarischen Mehrheit beschlossen worden ist. Da von einem fehlenden demokratischen Zuschnitt der Landesverfassung zu reden lässt auf ein eigenartiges Verfassungsverständnis schließen.

Aber die Hoffnung der Projektgegner ist eine andere: Das Ganze wird nach dem Stresstest so teuer, dass die Bahn die Lust daran verliert und von sich aus die Arbeiten einstellt. Dann könnte sie keine Schadenersatzansprüche stellen und auch eine Beteiligung der Bürger wäre hinfällig. Wie sagt doch der Grüne Winfried Hermann so pietätvoll: Über eine Leiche muss man nicht abstimmen.

Allerdings leben Totgesagte gelegentlich länger als erwartet.

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Nils Schmid und die Gymnasien

Unter der wunderbaren Überschrift „Wir können Bürger nicht nur beglücken“ drucken die Stuttgarter Nachrichten (am 9.4.11) ein Interview mit dem SPD-Vorsitzenden Nils Schmid ab. Darin äußert er sich auch zur Schulpolitik der Koalition, die demnächst in Baden-Württemberg regieren soll.

Was wir schon wussten: die Grundschulempfehlung wird abgeschafft, damit setzt man die Gymnasien und Realschulen unter Druck. Die Hauptschulen sollen sich zu zehnjährigen Gemeinschaftsschulen entwickeln, deshalb fällt auch die Notenhürde 3,0 zum Besuch der Werkrealschule weg. Durch längeres gemeinsames Lernen werden „Schulstandorte gesichert“ – allerdings andere Schulen ausgemerzt. Und dann kommt noch der verräterische Satz: „Wir werden die Gymnasien nicht einfach abschaffen.“

Diese Formulierung lädt zum Nachdenken ein. Ich verstehe ihn so: Wir, die SPD und die Grünen, wollen zwar keine Gymnasien mehr, sondern nur noch die Gemeinschaftsschulen, auf die eine dreijährige Oberstufe folgt, aber wir dekretieren das nicht einfach, sondern setzen darauf, dass es allmählich geschieht. Je mehr Gemeinschaftsschulen desto weniger Gymnasien, eine allmähliche Abschaffung also. Sie geschieht, dadurch, dass man so lange an den Rahmenbedingungen dreht, bis sich das Gymnasium von selbst erledigt. Auch die Wiedereinführung von G9 dient diesem Ziel, denn die Absolventen der Einheitsschule werden nach ihrem zehnjährigen „gemeinsamen Lernen“ mindestens drei Jahre brauchen, um so etwas wie ein Abitur zu schaffen.

Wer ein Herz für die Gymnasien hat, wird in der Tat zu den Bürgern gehören, die von der neuen Regierung nicht „beglückt“ werden.