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Grün-Rot und die Jahresbilanz

Mit einem Glas Sekt feiert die Stuttgarter Regierung ihre einjährige Existenz. Prosit! In den Medien geht es ihr ausnehmend gut. Alle reden vom Erfolg dieser Koalition, von der Politik des Gehört-Werdens, den vorsichtigen Reformen, der guten Stimmung im Lande. Wen die Mediengötter umarmen, dem wird so gut wie nichts angekreidet. Alle loben und lieben den Ministerpräsidenten, er ist ja auch sympathisch, und der Verkehrsminister spielt die Rolle des Buhmanns, auch einen solchen braucht man schließlich, mit Bravour.

Nur eine wird kaum mit Hallelujas besungen: die Kultusministerin. Sie sei daher an dieser Stelle mit freundlichen Worten bedacht. Dass sie sich bei den G-9-Gymnasien zurückhält, verdient hohe Anerkennung. Die kosten mehr Geld als die achtjährigen, sind unnötig und gehen verantwortungslos mit der Zeit der jungen Menschen um. Augenzwinkernd sagt die Ministerin, man müsse die Sache erst ausprobieren. Mit 50 Jahren G-9-Erfahrung gibt sie sich nicht zufrieden.

Ihr Geniestreich ist die Gemeinschaftsschule. Das ist die eierlegende Wollmilchsau dieser Regierung; denn diese Schule kann alles, was alle anderen Schularten nicht können: in heterogenen Lerngruppen jedem Kind gerecht werden und jedes zu „seinem Abschluss“ führen. Das Lernrezept dieser Schulen wird schlau unter Verschluss gehalten. Jede darf machen, was sie will, sofern sie verspricht, was sie versprechen muss.

Eine Ministerin, die ein solches Kunststück vollbringt, hat höchstes Lob verdient. Hier ist es.

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Die Republik und die östlichen Protestanten

Manchen mag es ja eine Führungskraft mit protestantischer Einfärbung zu viel sein: Zu Merkel, der evangelischen Pfarrerstochter, die das Amt der Bundeskanzlerin inne hat, ist nun als Bundespräsident noch Gauck gekommen, ein gelernter evangelischer Pfarrer. Merkel und Gauck kommen überdies aus dem „Osten“, aus den Bundesländern, die man wahrlich nicht mehr als „neu“ bezeichnen kann. Wird das dem religiösen und gesellschaftlichen Frieden dieses unseres Landes zuträglich sein?

Zwei „Ostler“, wie man im Westen mit einem Hauch von Diskriminierung gerne sagt, an der Spitze des Staates, kann das gut gehen? Es kann, meine ich. Schließlich gibt es auch ein paar „Westler“ auf den oberen Rängen: Lammert als Präsident des Bundestags oder Voßkuhle als Chef des Bundesverfassungsgerichts. Schwieriger wird es mit der Konfession.

Wenn sie die versteckt halten, ecken sie nicht an, wenn sie darauf Bezug nehmen, werden Nasen gerümpft. Dabei kann der Republik ein bisschen mehr protestantischer Geist nur gut tun. Kargheit und Zurückhaltung statt barocker Hofhaltung, das wäre in Zeiten wuchernder Boni ein hörenswertes Signal. Diskussionen über richtige Entscheidungen statt ergebenen Wartens auf die „richtungweisende“ Verlautbarung „von oben“, das würde die Demokratie beleben. Eine Stabilisierung der Kultur durch mehr „Kulturprotestantismus“ wäre eine schöne Bereicherung der Gesellschaft.

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Migranten und ihr Schulerfolg

Damit das von vornherein klar gesagt ist: Um jedes Kind, das nicht den ihm eigentlich möglichen schulischen Abschluss erreicht, ist es schade. Alle sind gefordert, sich an der Förderung aller Kinder zu beteiligen. Aber wer sind „alle“?

Die neue Bertelsmann-Studie geißelt einmal mehr die „Benachteiligung“ von Kindern mit „Migrationshintergrund“ (also solche ohne „deutsche“ Eltern). Wir sind wieder betroffen, weil uns ein Pfeil getroffen hat: Ihr in der Schule und ihr, die Gesellschaft, habt versagt. Die in der Schule, das sind die Lehrer, und die Gesellschaft, das sind wir alle. Deutschland, das Land der Integrationsversager!

Was machen „die Lehrer“ falsch? Benachteiligen sie „undeutsche“ Kinder? Geben sie ihnen schlechtere Noten? Nehmen sie sie im Unterricht nicht dran? Kümmern sie sich nicht genügend um sie? Ein Sprecher der Stiftung hat erkannt, woran es liegt: am Frontalunterricht. Das ist natürlich Unsinn; denn keine Unterrichtsmethode ist „gerechter“: Alle bekommen zur gleichen Zeit das Gleiche geboten. Bei differenziertem Unterricht in Kleingruppen kann die Lehrkraft auf individuelle Stärken und Schwächen besser eingehen. Aber ob sich allein mit dieser Methode das Migrationsschulproblem lösen lässt, wage ich zu bezweifeln.

Wer in der Schule Erfolg haben will, muss die deutsche Sprache beherrschen, motiviert und diszipliniert sein. Deutsch lernt man zu Hause („Muttersprache“), die Kita kann allenfalls noch ein wenig nachhelfen. Auch Motivation („Lust“) ist eine Sache der Erziehung. Die Basis dazu legt das Elternhaus. Und Selbstdisziplin? Auch sie muss man in die Schule mitbringen, denn erzwingen können Lehrer sie nicht.

Wer also sind „alle“? Die Eltern, die Geschwister, die Nachbarn, die Freunde (auch bei Facebook), die Vertreter der Religionen (auch der muslimischen), die Übungsleiter der Vereine, die Ausbilder in den Betrieben, die Stimmführer in den Medien, die Meinungsmacher in der Politik – und die Lehrerinnen und Lehrer. Nun wirkt mal alle schön zusammen!